Gib mir deine Seele
Gedanken, weil seine Tochter anfinge, mit Jungs auszugehen.
»Sag mal, bist du verrückt geworden?« Nun betrachtete er sie genauer. Das Mädchen war unglaublich jung. Hätte er das eher bemerkt, wäre er weniger grob mit ihr umgesprungen. »Wie alt bist du überhaupt?«
»S… sechzehn«, sagte sie.
»Irgendjemand sollte dich wirklich übers Knie legen. Woher hast du den Ring?«
»Bei Papa ausgeliehen. Er wollte mir nicht sagen, was er bedeutet«, fügte sie trotzig hinzu.
»Zieh ihn ab!« Als sie gehorchte, fuhr er freundlicher fort: »Ich nehme an, unten wartet sein Wagen auf dich?«
Furchtsam nickte sie.
»Du wirst jetzt nach Hause fahren und ihm den Ring zurückgeben. Frag ihn, was er bedeutet. Dieses Mal wird er es dir erklären, verlass dich drauf.«
Constantin brachte sie zum Lift und fuhr mit ihr hinunter. Vor dem Hotel ließ er das Mädchen in das wartende Auto einsteigen, beugte sich hinab und bedeutete dem Fahrer, die Scheibe herunterzulassen.
»Es geht ihr nicht gut. Bringen Sie Lila auf direktem Weg zu ihrem Vater.«
Der Fahrer zwinkerte ihm zu. »Wird gemacht. Danke, Monsieur.«
Augenscheinlich hatte der Mann auch schon seine Probleme mit diesem Früchtchen gehabt.
Als der Wagen davonfuhr, zog Constantin das Handy aus der Tasche und rief den Juwelier an. »Deine Tochter hat mir gerade ihre Jungfräulichkeit und die Dienste als Sub angeboten, als wüsste sie, was das bedeutet.«
Geduldig wartete er ab, bis DuLac die Luft ausging und seine Flüche verstummten.
»Nein, du musst mir nicht danken. Es reicht, wenn du sie nie wieder zu einem deiner Kunden schickst. Und noch etwas: Ganz gleich, wie sehr sie darum bettelt, du solltest ihr zur Strafe lieber nicht den Hintern versohlen. Kann sein, dass es ihr gefällt.«
Pauline hatte seine Abwesenheit nicht einmal bemerkt, so sehr war sie in ihrer eigenen Welt versunken. Dankbar dafür durchquerte er leise den Salon, um sich in seinem Badezimmer die Hände zu waschen. Danach stützte er sich auf den Rand des Waschtischs und sah in den Spiegel. Glaubt ihr wirklich, ich würde mich an der Tochter eines Freundes vergehen?
Natürlich erhielt er keine Antwort.
In der Suite war es seit geraumer Zeit ruhig geworden. Wie lange hatte er hier gestanden? Er nahm den E-Mail-Ausdruck, den ihm der Concierge auf dem Rückweg mitgegeben hatte, ging hinaus und reichte ihn Pauline, die am Tisch saß und in einer Zeitung blätterte.
»Stimmt etwas nicht?« Besorgt sah sie ihn an.
Die Sensibilität, mit der sie seine Stimmung erahnte, obwohl er sehr gut darin war, diese vor anderen zu verbergen, berührte ihn mehr, als er vor sich selbst zugeben wollte. »Das ist von deiner Agentur gekommen.«
»Die Barcelona-Infos!« Aufgeregt las sie und gab auf einmal einen eigentümlichen Quietschton von sich. »Elena wird kommen und mich coachen. Ist das nicht toll?«
Angesichts ihrer Freude verschwand seine finstere Stimmung, und er schloss sie in seine Arme. »Das ist wunderbar, Pauline. Du wirst sie alle an die Wand singen und spielen. Da bin ich mir sicher. Aber jetzt lass uns essen gehen.«
Unsicher sah sie an sich herunter. »Muss ich mich umziehen?«
»Nein.« Er küsste sie flüchtig. »Komm schon, viel Zeit haben wir nicht.«
14 Paris – Die Ausstellung
Constantin schien irgendetwas zu beschäftigen, doch darüber reden wollte er offenbar nicht. Zumindest hatte er ihre Frage, ob alles in Ordnung sei, mit einem kurzen Ja beantwortet. Vielleicht irrte sich Pauline auch, denn als sie auf dem Weg zum Restaurant in den Boulevard Saint-Germain einbogen, war von einer seltsamen Stimmung nichts mehr zu spüren. Er verhielt sich aufmerksam, rückte ihr einen dieser typischen geflochtenen Bistrostühle zurecht und fragte nach ihren Wünschen, bevor er die Getränkebestellung aufgab.
Fasziniert beobachtete sie, wie er ein schmales Etui aus der Jackentasche zog. »Du brauchst eine Lesebrille!«, sagte sie überrascht.
Er schmunzelte. »Na ja, du weißt doch: Ich bin schon sehr alt.«
Am liebsten hätte sie sich über den Tisch gebeugt, ihm die Brille abgenommen und ihn geküsst. Diese kleine Schwäche machte ihn noch liebenswerter. Er wirkte heute ohnehin anders als sonst. Pauline hätte ihn gern zum Essen eingeladen, merkte allerdings schnell, dass mit Constantin in diesen Dingen nicht zu verhandeln war. Auch bei ihren vorherigen Treffen hatte er sich in der Öffentlichkeit stets wie ein Gentleman verhalten, aber plötzlich schien es mehr zu sein als gute
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