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Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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Fahrer gewesen, hätte sie Constantin vielleicht darauf angesprochen. Doch der Chauffeur war ein Fremder, und ihn ging es nichts an, was sie unter ihrem Kleid trug.
    Auf dem Weg zum Musée de l’Orangerie erzählte ihr Constantin, dass dieses außergewöhnliche Museum extra für Monets überlebensgroße Wasserlilien aufwendig umgebaut worden war. Er hatte jahrelang daran gemalt, und dann, nach seinem Tod, wurden die Gemälde in der Gesamtlänge von einhundert Metern installiert. Im ebenfalls neugebauten Untergeschoss beherbergte das Museum zusätzlich eine bedeutende Kunstsammlung.
    Pauline hatte das Gebäude bisher noch nie besucht, deshalb war sie überrascht, welch lichte Architektur sich hinter der historischen Fassade des Haupteingangs verbarg.
    Sie hatten kaum die Mäntel abgegeben, da eilte ihnen schon eine elegante Dame entgegen. Sie trug ihr graues Haar kurz und wirkte sympathisch. Während sie sie herzlich begrüßte, stellte sie sich als Marie-Anne Soutine, die Kuratorin der Ausstellung, vor. Ihre größere Aufmerksamkeit galt jedoch Constantin. Zweifellos gehörte er heute zu den Ehrengästen.
    Madame Soutine führte sie mit eleganten, doch raschen Schritten die breite Betontreppen hinunter in die Ausstellungsräume. Sie schien sich vorgenommen zu haben, sie mit allen anderen Gästen bekannt zu machen. Einige musterten Pauline mit ungeniertem Interesse. Sollten diese Leute nach Hinweisen auf die Art ihrer Beziehung suchen, dann musste ihnen schnell klar werden, dass sie mehr als nur eine Begleiterin war. Wie Constantin das anstellte, war ihr nicht klar, aber er verstand es, mittels subtiler Signale deutlich zu machen, dass sie nicht nur zu ihm gehörte, sondern unter seinem besonderen Schutz stand.
    Obwohl , dachte sie belustigt, wirklich nicht damit zu rechnen ist, dass mich hier jemand in der Art belästigt wie gestern in diesem unheimlichen Club. Es war nicht zu übersehen, dass die Besucher ausnahmslos zur Führungselite des Landes zählten oder hochrangige Gäste aus dem Ausland waren. Den meisten von ihnen reichte sie früher oder später die Hand, bis Namen und Titel in ihrem Kopf herumwirbelten.
    Als sie nach einer gefühlten Ewigkeit endlich für einen Moment allein beisammenstanden, flüsterte sie Constantin zu: »Es wäre nett gewesen, wenn du mich vorgewarnt hättest, was mich erwartet.«
    Er beugte sich zu ihr und antwortete ebenso leise: »Ich habe dir gesagt, es ist wichtig. Du siehst wunderschön aus. Mach dir keine Sorgen.«
    Dies war nicht der Punkt. Immerhin stellte Constantin sie, anders als damals in Berlin, jedem seiner alten oder neuen Bekannten vor.
    Das ist doch schon ein Fortschritt , dachte sie selbstironisch.
    »Danke«, hauchte sie in vollkommener Imitation der folgsamen Begleiterin, die er sich heute offenbar wünschte, fügte dann aber weniger souverän und mit deutlich vernehmbarer Panik hinzu: »Der französische Staatspräsident. Er kommt direkt auf uns zu!«
    Die Begegnung war kurz. Der Mann schien für Kunst kaum etwas übrigzuhaben, oder er war mit seinen Gedanken anderswo. Die Präsidentengattin zeigte sich interessierter.
    Zumindest, was Constantin angeht , dachte Pauline belustigt, und erstaunlicherweise half genau dieser Umstand ihr, sich zu entspannen.
    Doch auch die erste Dame Frankreichs zog es bald weiter, und als ein aufgeregter Amerikaner Constantin in ein Gespräch über den Kunstmarkt verwickelte, begann sie sich zu langweilen. Sie hoffte, auch in diesem Zustand schön auszusehen, und weil es sonst nichts zu tun gab, lächelte sie pausenlos und beobachtete die Menschen um sich herum.
    Es gab drei Hauptgruppen weiblicher Wesen in dieser Umgebung. Die Macherinnen wie Marie-Anne Soutine waren eindeutig in der Minderzahl. Ihnen folgten die Ehepartnerinnen . Nicht alle, aber viele dieser Frauen wirkten selbstbewusst und blickten sicherlich auf eine eigene Karriere zurück oder steckten mittendrin. Ihnen gegenüber stand ein Heer von Begleiterinnen .
    Pauline war bewusst, dass man auch sie dazu zählte.
    Das wird sich ändern , schwor sie sich.
    Als sie gerade auf der gegenüberliegenden Seite des lang gezogenen Raums einen Pulk von Fotografen beobachtete, die dem Präsidenten und seiner Frau auf Schritt und Tritt folgten, entdeckte sie plötzlich ein bekanntes Gesicht darunter.
    Pauline tastete nach Constantins Hand, um ihm zu signalisieren, dass sie sich umsehen wollte, ohne das Gespräch zu unterbrechen. Er erwiderte den Händedruck und warf ihr ein schnelles

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