Gib mir deine Seele
Umgangsformen, die aus der Mode gekommen waren.
Hätte sie die Veränderung beschreiben sollen, es wäre ihr schwergefallen. Er benahm sich wie jemand, der etwas außerordentlich Kostbares begleitete, und damit hatte sie keine Erfahrung. Kein Wunder, denn solche Männer existierten nur in der Fantasie naiver Mädchen, die noch von geheimnisvollen Helden und Rittern auf weißen Pferden träumten.
Die vollkommene Liebe gäbe es nur zwischen zwei Buchdeckeln, hatten Jillian und Marguerite sie gewarnt. Dorthin gehört sie auch , dachte Pauline und versuchte die schmerzhafte Erinnerung an den Tod ihrer Tante zu verdrängen, so wie Marguerite es ihr beim letzten Telefonat wieder geraten hatte.
Und je länger das Essen dauerte, desto leichter fiel es ihr, denn mit den Anzügen schien Constantin auch einen Teil seiner Unnahbarkeit abgelegt zu haben. Sie scherzten und flirteten miteinander wie jedes andere Paar, das gerade erst zueinandergefunden hatte. Dabei schien jede seiner Gesten Mein auszudrücken, ob er nun einfach nur Wasser nachschenkte oder einen Mann mit starrem Blick fixierte, der ihr zugezwinkert hatte – zugegebenermaßen etwas aufdringlich.
Noch war sich Pauline nicht sicher, was sie von dieser Veränderung halten sollte. Aber der Tag war zu schön, um sich zu viele Gedanken zu machen, und so ließ sie sich von Constantin umsorgen, wie es sein Versprechen gewesen war, als sie sich in seine Hände gegeben hatte.
Francine, die Visagistin, die am Nachmittag in ihre Suite kam, war freundlich und ausgesprochen geschickt. Sie schaffte es, Paulines Locken zu glätten und in eine edle Hochsteckfrisur zu zwingen. Anschließend gab sie bereitwillig Auskunft darüber, wie man ein leichtes und dennoch außerordentlich wirkungsvolles Make-up auflegte.
Sie bot Pauline auch an, ihr ins Kleid zu helfen. »Diese Kette sollten Sie ablegen. Ich fürchte, sie drückt sich durch«, sagte sie.
Pauline, die in Dessous und Seidenstrümpfen vor ihr stand, dachte, sie könnte recht haben, und suchte nach dem Verschluss. Vage erinnerte sie sich daran, wie Constantin ihr den Schmuck umgelegt hatte. Die drei Monde lagen vorn, vielleicht befand er sich am Rücken. Doch da war nichts.
Um sich nicht zu blamieren, sagte sie rasch: »Ich trage sie sehr gern, es ist wie ein Talisman. Bei einer so aufregenden Veranstaltung kann man jeden Schutz gebrauchen, finden Sie nicht auch?«
Zu ihrer Erleichterung nahm Francine ihr die Schwindelei ab, und nachdem sie ihr geholfen hatte, das Kleid anzuziehen, ohne die komplizierte Frisur zu ruinieren, betrachtete sie Pauline mit einem zufriedenen Lächeln. »Sie haben einen exzellenten Geschmack. Dieses minimalistische Design wäre einer jungen Audrey Hepburn würdig gewesen. Und dennoch betont es Ihre weiblicheren Kurven. Ein Meisterwerk der Haute Couture. Darf ich fragen, von wem es ist?«
Verlegen sah Pauline die Visagistin an. »Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung … Ich kaufe nach dem Lustprinzip«, versuchte sie ihr Unwissen zu kaschieren.
Statt sich blamiert zu haben, erntete sie Applaus. »Wunderbar!«, rief Francine. »Genau so sollte man Mode genießen. Wenn Sie wieder einmal in Paris sind, wäre es mir eine Ehre, für Sie arbeiten zu dürfen.«
»Wir werden darauf zurückkommen.« Constantin war unbemerkt hinzugetreten. Nun lehnte er am Türrahmen und ließ eine lange Perlenkette durch die Finger gleiten.
Sein Anblick verschlug Pauline den Atem. Wie gelang es ihm, in einem dunklen Anzug wie die personifizierte Versuchung zu wirken?
Geschmeidig näherte er sich, schlang Pauline die Kette mit den gleichmäßigen rosafarbenen Perlen zweimal um den Hals und zog sie damit nahe genug zu sich heran, um sie zu küssen.
Sie konnte die Hitze seines Körpers spüren und befeuchtete erwartungsvoll ihre Lippen.
Mit einem unergründlichen Lächeln, die Perlen immer noch in der Hand, trat er einen Schritt zurück. Nichts hätte in dieser Situation deutlicher machen können, dass sie ihm gehörte.
Draußen klappte eine Tür zu. Francine war fort.
»Es wird Zeit«, sagte Constantin und ließ sie los. Vor der Tür legte er ihr einen weichen Mantel um die Schultern.
Seine Fingerspitzen auf ihrer Taille, während er sie in den Aufzug begleitete, fühlten sich himmlisch an. Als er dabei einen der Monde ihrer Taillenkette unter dem leichten Georgette berührte, rieselte ein flüchtiger Schauder durch ihren Körper. Gibt es an der Kette absichtlich keinen erkennbaren Verschluss?
Wäre Nicholas der
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