Gib mir deine Seele
ihrem Hautton passte, sich besonders eng schnüren ließ und auf der Vorderseite Hakenverschlüsse besaß. Geeignete Dessous und lange Handschuhe kaufte sie gleich dazu. Am Ende ließ sie sich noch überreden, den passenden Rock zum Sonderpreis mitzunehmen. Er wirkte mehr wie eine Schleppe, war vorn kurz und überall mit Rüschen besetzt, sodass sie sich beim Anprobieren darin wie ein hübsch verpacktes Bonbon gefühlt hatte. Eye Candy nannte es die Verkäuferin und behauptete, Pauline würde so gekleidet auf jeder Bühne der Star des Abends sein.
Das hielt sie zwar für Schmeichelei, aber sie bedankte sich für die hervorragende Beratung und die kleine Broschüre, in der die besten Clubs der Stadt und ihre Veranstaltungen aufgelistet waren. Einige, wie der Chardonnay-Club beispielsweise, seien besonders für Korsettliebhaber geeignet, erklärte ihr die Frau augenzwinkernd.
Unentschlossen, was sie als Nächstes tun sollte, ging Pauline die Treppe zur Metro hinunter, da meldete sich David. Er war gerade gelandet und wollte wissen, wo sie sich treffen würden. Sie nannte ihm die Adresse eines Cafés, das Nicholas ihr gestern vorgeschlagen hatte. Danach schickte sie eine SMS an Henry und machte sich auf den Weg dorthin. Es lag ganz in der Nähe von Constantins Wohnung. Das war insofern praktisch, als sie ihre Einkäufe dort ablegen und nach der Katze sehen konnte. Nicholas hatte ihr gesagt, er werde nachmittags zu Hause sein, und sie könne jederzeit den Wohnungsschlüssel abholen.
Sein Apartment lag in einem Seitenflügel im ersten Stock. Eine Klingel gab es nicht. Sie klopfte, aber auch beim zweiten Mal öffnete ihr niemand. Als sie in der Tasche nach dem Handy fahndete, um ihn anzurufen, öffnete sich plötzlich die Tür.
»Du bist es. Komm rein, ich bin gleich so weit.«
Pauline schnappte nach Luft und stolperte beinahe, als sie ihm in die Wohnung folgte. Nicholas trug nur ein Duschhandtuch um die Hüften, aus dem blonden Haar fielen Tropfen auf den prächtigen Körper, und es erschreckte Pauline, wie stark ihr Verlangen war, jeden einzelnen davon abzulecken. Mit erstickter Stimme sagte sie: »Bitte zieh dir etwas an, ja?«
Oh, wenn du doch geschwiegen hättest! , zitierte sie in Gedanken und erstarrte, als er sich langsam umdrehte und auf sie zukam. Gefangen zwischen der Wand im Rücken und einem Wikingergott vor sich, war sie unfähig zu fliehen, obwohl sie nichts lieber getan hätte. Was auch immer nun kam, es war nicht gut. Ganz und gar nicht gut.
Mit einer Hand stützte sich Nicholas an der Wand ab, die andere legte er in ihren Nacken. Dann küsste er sie. Sanft erst, und allmählich fordernder, wohl wissend, welch Feuer er in ihr erweckt hatte. Selbstbewusst, siegessicher verlangte seine Zunge Zugang zu ihrem Mund.
Paulines Lippen öffneten sich. Constantin! Blitzschnell tauchte sie unter Nicholas’ Arm hindurch und versuchte, so viel Abstand wie möglich zwischen die leibhaftige Versuchung und ihren sehnsüchtigen Körper zu bringen. »Wir dürfen das nicht!«
»Aber du willst es auch, habe ich recht?« Wie ein Leopard, die Beute fest im Blick, kam er erneut auf sie zu.
»Bleib, wo du bist! Nein, ich will nichts davon.«
»Lügnerin!«
Was ist nur mit mir los? »Ich liebe Constantin!« Das war keine Lüge. Im selben Augenblick, in dem sie diese Worte zum ersten Mal laut aussprach, wusste Pauline auf einmal ganz sicher, dass es so war. Sie liebte Constantin und nur ihn. Dass sich ihre Libido nicht darum scherte und für riskante Experimente offen war, fand Pauline so beängstigend, dass ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen und verbarg das Gesicht in den Händen.
»Ich könnte ihn niemals betrügen. Bitte lass uns vergessen, was gerade geschehen ist.«
»Das kann ich nicht.« Nicholas sprach mit so einem seltsamen Unterton, dass sie aufsah.
»Du musst! Constantin ist nicht nur dein Chef. Ihr seid doch auch Freunde.«
»Allerdings.« Damit drehte er sich um und ging zurück ins Bad.
Ihre Finger zitterten, als sie den Schlüssel zu Constantins Wohnung vom Haken nahm. Schnell verließ sie das kleine Apartment und lief die Treppen hinauf. Kurz darauf fiel die Tür hinter ihr ins Schloss, und sie lehnte sich gegen das dunkle Holz.
In Sicherheit . Doch war sie wirklich sicher? Vor sich selbst konnte man nicht davonlaufen. Zwischen ihr und Nicholas knisterte es. Ganz gewaltig sogar, und früher oder später würde Constantin dahinterkommen. Pauline mochte sich
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