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Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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Hotel.
    Dort erwartete sie eine Überraschung. Ein prächtiger Blumenstrauß und dazu eine Karte, auf der Constantin mit seiner gleichmäßig geschwungenen Handschrift, um die sie ihn sehr beneidete, geschrieben hatte:
    Herzlichen Glückwunsch zum neuen Engagement, ma petite!
    Constantin
    Darunter stand ein PS.
    Der Wetterbericht für Hamburg sagt sieben Tage Regenwetter voraus. Lust auf eine einsame Insel?
    Aufgeregt versuchte sie, ihn zu erreichen. Doch er antwortete nicht, und so sprach sie nur zwei Worte auf die Mailbox: »Welche Insel?«
    Es blieb ihr wenig Zeit, sich vor dem Essen mit Marcella umzuziehen, also wartete sie seine Antwort nicht ab, sondern ging unter die Dusche. Eines musste sie zugeben, mit der Limousine herumgefahren zu werden, war deutlich komfortabler, als gefühlt einen halben Tag in Londons Unterwelt zu verbringen.
    Erfrischt und vom Staub der Stadt befreit, sah sie auf ihr Handy. Keine Nachricht. Sie ahnte, dass Constantin ihr nicht mehr verraten würde, selbst wenn sie noch so sehr darum bäte. Deshalb schrieb sie nur »Okay«, fügte aber nach kurzem Überlegen noch einen Smiley hinzu. Sie brachte es einfach nicht fertig, so kurz angebunden mit ihm zu reden, nicht einmal in einer Kurznachricht.
    Den geplanten Museumsbesuch verwarf Pauline am nächsten Tag. Stattdessen folgte sie Marcellas Rat und fuhr nach Knightsbridge, um bei Harvey Nichols nach einem Bikini und Strandkleidern zu suchen. Sie wurde schnell fündig, die meisten Sachen waren schon heruntergesetzt, und deshalb leistete sie sich noch ein mädchenhaftes Baumwollkleid mit hoher Taille und einem Saum aus Klöppelspitze für einen geradezu lächerlichen Preis. Der nicht ganz so dezente Ausschnitt war mit »Mäusezähnchenband« eingefasst, das Pauline an die ersten Jahre im Kinderchor erinnerte. Natürlich kannte sie ihre Klassiker einschließlich der unvergleichlichen Jane Austen und wusste, dass die Damen zu deren Lebzeiten den Baumwollbatist sogar angefeuchtet hatten, um möglichst viel von ihrer Figur zu zeigen.
    Das würde bei diesem Kleid nicht notwendig sein, selbst ihre Mondkette glitzerte durch den transparenten Stoff im Licht der Umkleidekabine. In ihrer Euphorie kaufte Pauline einen federleichten breitkrempigen Strohhut dazu sowie eine Sonnenbrille, um ihr Gesicht notfalls vor der Sonne schützen zu können.
    Letztere war es, die am Ende ihr Budget ins Wanken brachte. Statt der fünfundsechzig Pfund, die sie auf dem winzigen Preisschildchen gelesen und für puren Wahnsinn gehalten hatte, kostete das Ding 650 Pfund. Was sie aber erst merkte, nachdem sie entsetzt begriff, dass ihre neue Shopping-Bekanntschaft tatsächlich keine andere als die Duchess of Cambridge, Ihro Gnaden selbst war, die soeben neben ihr einen ausgefallenen Hut aufprobierte.
    »Die Situation«, erzählte sie später Henry, »begann eigentlich total harmlos.«
    Catherine, mit der sie Seite an Seite vor einem Spiegel stand, machte Pauline ein Kompliment. »Diese Sonnenbrille steht Ihnen ausgezeichnet.« Danach wollte die Herzogin übergangslos wissen, ob sie Pauline Roth sei.
    Etwas überrascht bejahte Pauline und erfuhr, dass die zukünftige Königin von Großbritannien inkognito in Begleitung spanischer Verwandtschaft eine ihrer Carmen -Aufführungen in Barcelona besucht hatte … und nicht nur das. Sie war begeistert gewesen.
    »Wo werden Sie demnächst auftreten?«, fragte Catherine.
    Paulines Gehirn funktionierte glücklicherweise auch unter Schock, zumindest teilweise, und so erzählte sie in einigermaßen zusammenhängenden Sätzen von ihrem Engagement anlässlich der Hamburger Operntage.
    »Vielleicht kann ich William überreden …«, flüsterte Catherine ihr zu, als eine streng blickende Frau hinter ihnen im Spiegel auftauchte. »Ich bin übrigens Kate, grüßen Sie Constantin von mir.«
    Damit war das Gespräch beendet, und Pauline unterschrieb, ohne nachzudenken, den Kreditkartenbeleg.
    Auf dem Weg zurück zum Hotel setzte sie sich die sündhaft teure Brille auf die Nase und überlegte kurz, ob sie auf die dreiste Performance eines Doubles hereingefallen sein konnte. Doch das glaubte sie nicht. Die Prinzessin hatte sich viel zu normal verhalten, um von einer Schauspielerin dargestellt worden zu sein.
    Viel wichtiger schien ihr jedoch die Frage, die ihr im Aufzug zum Penthouse in den Sinn kam: Hatte sie Constantin womöglich falsch verstanden? Einsame Insel klang in ihren Ohren nach Karibik oder exotischen Inselgruppen im Pazifischen Ozean.

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