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Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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und ein Glas Sekt zum Aufwärmen für sie selbst wäre bestimmt auch nicht schlecht.
    »Bin ich pünktlich, oder was?« Lilly war direkt nach ihr angekommen und damit tatsächlich ungewöhnlich pünklich. Sie schloss ihr kleines Auto ab und überquerte die Straße. Nach einer herzlichen Umarmung zeigte Pauline auf das Display, das den Eingang einer neuen SMS signalisiert.
    Sie enthielt nur ein Wort: Vorsicht.
    »Er ist wütend«, sagte sie aufgeräumt und wies auf eine alte, weiß gestrichene Villa, die weit vom Gehweg zurückgesetzt in einem leicht verwilderten Garten stand. »Ist es hier?« Hohe Bäume und eine dichte Hecke gaben dem Ganzen in der hereinbrechenden Dunkelheit etwas Unheimliches.
    Lilly tippte auf die dezent angebrachte Hausnummer. »Genau. Lass uns reingehen, es ist heute gemein kalt.« Sie zog einen dicken Schlüsselbund aus der Tasche, mit dem sie das eiserne Gartentor öffnete.
    »Und du bist wirklich sicher, dass nicht plötzlich die Polizei auftaucht, wenn wir einfach so durchs Haus spazieren?«
    »Bestimmt nicht. Es gehört meinem Vater und steht nur leer, weil er es renovieren will. Er hat erlaubt, dass wir hier ein Video drehen, warum sollte er etwas gegen unsere ›intimeren‹ Pläne haben?«
    »Und die Nachbarn?«
    »Die wissen, dass Filmaufnahmen gemacht werden.«
    »Aber hoffentlich kommen sie nicht ausgerechnet heute auf die Idee nachzusehen«, sagte Pauline und lauschte dem Hall ihrer Stimme nach. »Kann man hier Licht machen?«
    Lilly bediente einen verborgenen Schalter, und ein enormer Kronleuchter verbreitete sein weiches Licht.
    »Wie schön.« Pauline sah sich um. »Und das will dein Vater alles rausreißen?« Sie standen in einer geräumigen Eingangshalle, deren Boden aufwändig gefliest war, wie man es in solchen Häusern nur noch selten sah. Der Raum war komplett leer.
    »Auf keinen Fall. Es wird behutsam renoviert. Nur weil er ein paar Clubs besitzt, ist er doch kein Banause.«
    »Entschuldige, so habe ich das nicht gemeint.« Lilly hatte ihr von der Musikerkarriere des Vaters erzählt. Er war auch Brite und hatte in den Achtzigerjahren in einer bekannten Band gespielt. Sie wusste mit dem Namen nichts anzufangen, denn sie kannte sich mit Gothic Rock nicht aus, aber Nicholas hatte durch die Zähne gepfiffen und sich beeindruckt gezeigt, als Pauline ihm davon erzählt hatte.
    »Die Elektrik ist alt, es zieht durch alle Fenster, und eine neue Heizung ist auch fällig.« Lilly öffnete eine hohe Doppeltür und knipste auch hier Licht an. »Es war immer schon sein Traum, so ein Haus zu besitzen. Aber als Mama im letzten Jahr gestorben ist, wollte er es nicht mehr haben. Ich bin total froh, dass er sich jetzt entschlossen hat, es doch in Ordnung bringen zu lassen.«
    »Würdest du auch hier leben wollen?«, fragte Pauline.
    »Irgendwann vielleicht. Momentan finde ich meine Unterkunft in St. Pauli allerdings praktischer.«
    »Unterkunft ist gut.« Sie hatte Lillys Zweizimmerwohnung in einem renovierten Altbau einmal kurz gesehen und hätte sich gut vorstellen können, auch so zu wohnen, lebte sie nicht mit Constantin zusammen. »Du hättest mal das Loch sehen sollen, in dem wir in London gehaust haben. Für die zwölf Quadratmeter habe ich hundertfünfzig Pfund bezahlt.«
    »Das ist doch günstig.«
    »Pro Woche.«
    Lilly sah sie an. »Ach du Scheiße!«
    »So kann man es auch sagen.« Pauline folgte ihr in den großen Raum, der mit knarrendem Parkett ausgelegt war, und kicherte. »Es sieht wie ein viktorianisches Bordell aus! Ich fasse es nicht. Du bist einfach genial.«
    Lachend sagte Lilly: »Die Jungs von der Band waren erst nicht so begeistert, aber dann habe ich ihnen vorgeschlagen, Nadjas Truppe zu engagieren, und plötzlich waren sie Feuer und Flamme für die Idee. Der Rest war ein Kinderspiel. Die technische Abteilung bei uns im Haus hält immer zusammen. Cool, oder?«
    Allerdings war das cool. Der Raum wirkte wie ein Filmstudio mit unterschiedlichen Kulissen. Rechts befand sich eine kleine plüschig dekorierte Cabaret-Bühne, auf der auch die Poledance-Stangen nicht fehlten. Gegenüber, auf der anderen Seite, sah Pauline ein riesiges Bett, das durch eine Wand mit aufgemalter Tür halb verdeckt wurde.
    Sie konnte nur raten, wofür die Band solch eine Szenerie vorgesehen hatte.
    Zwischen dieser Wand und der Bühne standen Sofas und Fauteuils um kleine Tischchen mit zahllosen Kerzenleuchtern, die jedoch elektrisch waren, weil man im Theater kein offenes Feuer machen durfte,

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