Gib mir deine Seele
sein.
Constantin willigte ein. Während des Gesprächs wurde rasch deutlich, dass Marcella ihren Job wirklich verstand. Sie schien gute Verbindungen zu haben und lieferte Pauline viele relevante Details zu den einzelnen Angeboten. Hier und da ergänzte Constantin ihre Infos. Schnell wurden sie sich einig, und ihr Kalender für die nächsten Jahre füllte sich in einem atemberaubenden Tempo.
Zum Schluss zog Marcella den Ausdruck einer E-Mail hervor. »Ich habe hier ein etwas merkwürdiges Angebot. Wahrscheinlich wird es dich nicht ansprechen, aber ein Hamburger Musiker fragt, ob du Interesse daran hättest, mit ihm zusammenzuarbeiten.«
»Warum sollte mich das nicht interessieren?«
»Na ja, ich glaube kaum, dass es deine Musikrichtung ist.«
Neugierig geworden griff Pauline nach der Mail, las sie und reichte den Ausdruck an Constantin weiter. »Ich würde gern hören, was er sich vorstellt. Was meinst du?«
»Ich weiß nicht, ob das …« Er unterbrach sich und sah für einen kurzen Augenblick geradezu diabolisch aus. »Ein Treffen kann nicht schaden«, sagte er, obwohl ganz klar zu erkennen war, dass er Hintergedanken hegte.
Weil sie wusste, dass er vor Marcella nichts weiter dazu sagen würde, bat Pauline darum, den Zettel behalten zu dürfen. »Man kann künstlerisch nie breit genug aufgestellt sein. Ich halte dich auf dem Laufenden.«
Anschließend gingen sie essen. Keiner von beiden hatte bisher über die Ereignisse auf der Party gesprochen. Dabei lagen Pauline viele Fragen auf der Zunge. Warum hatte Constantin David gezwungen, so viel Alkohol zu trinken, und wie wollte er verhindern, dass er ihr auch in Zukunft folgen würde, um weiterhin solche Fotos von ihr zu machen? Mit dem Abschließen der gruseligen Kammer war es wohl kaum getan. Den Schlüssel hatte er sich gestern noch von ihr geben lassen. Die Polizei schien er aber auch nicht einschalten zu wollen. Henrys Bemerkung, Constantin benähme sich wie ein Mafiaboss, fiel ihr wieder ein. Alles nichts, was sich beim Mittagessen in einem Restaurant bereden ließ.
Deshalb fragte sie schließlich nur: »Verrätst du mir, was das für eine Sprache ist, in der du und Nicholas euch manchmal unterhaltet?« Immer dann, wenn ich nicht verstehen soll, was ihr redet , fügte sie in Gedanken hinzu.
»Das ist Okzitanisch.«
»Bitte?«
Constantins linker Mundwinkel zuckte, und diese charmante Linie in seinem Gesicht erschien, die sie so gern sah. Umständlich tupfte er sich die Lippen mit der Serviette ab und griff nach seinem Weinglas.
»Köstlich.« Die Linie wurde tiefer. »Das ist eine Sprache, die zum Teil noch im Languedoc gesprochen wird.«
Das war mal eine Information … und er hatte sie vollkommen freiwillig preisgegeben. »Heißt das, dort liegt dein Zuhause?«
»Ich habe kein Zuhause.«
»Constantin, du machst es mir nicht leicht. Wie kannst du erwarten, dass ich dir vertraue, wenn du so wenig von dir preisgibst?«
»Ich weiß, ma petite . Gib mir Zeit … bitte!«
Seine Antwort empfand sie wie immer als unbefriedigend. »Meinetwegen. Aber wir sind nicht unsterblich. Am Ende wüsste ich schon gern, mit wem ich mein Leben verbracht habe.«
Er seufzte. »Du wirst es erfahren. Das garantiere ich dir. Und jetzt sollten wir uns beeilen. Die Corliss hasst Unpünktlichkeit.«
Es war das erste Mal, dass Pauline Elenas Wohnung betrat, und sie begriff bald, dass ihr damit eine große Ehre zuteilwurde. Endlich erfuhr sie nun auch, warum sie sich in letzter Zeit zurückgezogen hatte. Ihr Mann, von dessen Existenz Pauline nicht einmal gewusst hatte, war sehr krank, deshalb hielt sie auch keine Stunden in ihrer Wohnung ab. Er hatte einige schwere gesundheitliche Krisen durchlebt, und inzwischen war der ehemalige Orchestermusiker komplett auf ihre Pflege angewiesen. Einen Menschen so zusammengesunken und teilnahmslos in seinem Stuhl sitzen zu sehen berührte Pauline sehr.
»Ohne Constantin hätten wir all die Behandlungen niemals bezahlen können«, sagte Elena, als Pauline ihr half, das Teegeschirr in die Küche zu tragen. »Du hast dir den richtigen Mann ausgesucht.« Eindringlich sah sie sie an. »Was auch geschehen mag, denk immer daran, dass er ein gutes Herz hat und dich über alles liebt.«
Genau verstand sie zwar nicht, was Elena ihr damit sagen wollte. Dennoch versicherte sie ihr, sich an diesen Rat halten zu wollen.
Nach diesem eher bedrückenden Nachmittag in einer überheizten Wohnung sehnten sie sich nach frischer Luft. Endlich hatte es
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