Gib mir deine Seele
Fotos und schlug zu.
Das Geräusch, das dabei entstand, würde sie nie wieder vergessen. David sackte in sich zusammen. Constantin zog ihn zurück auf die Füße, bis er schlaff in seinen Armen hing. »Gibt es irgendwo ein Schlafzimmer?«
»Ja, aber …«
»Zeig mir, wo es ist. Wenn wir hier raus sind, schließt du ab und steckst den Schlüssel ein, verstanden?«
Pauline tat, was er verlangte, und führte ihn zu Davids Schlafzimmer, wobei sie hoffte, er würde nicht auf falsche Gedanken kommen. Vor dem heutigen Abend hatte sie es noch nie betreten. Das Paar, das sie vorhin aufgeschreckt hatte, war verschwunden. Constantin warf den stöhnenden David aufs Bett und sah sich um. Der Raum war eingerichtet wie eine winzige Wohnung. Fernseher, ein großer Kleiderschrank, einige Regale und in der Ecke ein Teewagen, auf dem Gläser und Hochprozentiges standen.
»Was trinkt er normalerweise?«
»Ich weiß nicht, Gin?«
»Da steht eine Flasche. Bring sie mir.«
Ohne zu überlegen, kam sie der Anweisung nach, schraubte die drei viertel volle Flasche auf und reichte sie ihm.
Derweil hatte er den Fotografen aufgerichtet und hielt ihn nun beinahe fürsorglich im Arm. »Trink!«
David war inzwischen wieder zu sich gekommen, kniff die Lippen zusammen und versuchte, den Kopf wegzudrehen. »Lass mich in Ruhe, Dumont.«
»Entweder du schluckst, oder ich stecke dir die Flasche bis zum Anschlag in den Hals«, drohte Constantin leise.
Die konzentrierte Ruhe, die in jeder seiner Bewegungen lag, fand Pauline gleichzeitig faszinierend und extrem unheimlich. Sie verstand nicht, was er vorhatte, aber sie schritt nicht ein, als er David zwang, den Gin bis auf den letzten Tropfen auszutrinken. Anschließend wischte er die Flasche sorgfältig ab und drückte sie ihm in die Hand. Mit einem Stöhnen sank David um, der Alkohol wirkte bereits.
»Komm, ma petite «, sagte Constantin. »Wir gehen nach Hause.«
Draußen begegneten sie einigen Leuten, aber niemand schenkte ihnen besondere Beachtung. Wortlos ließ sie sich von Constantin durch die tanzende Menge begleiten. Mike kam ihnen entgegen und fragte, ob sie David gefunden habe, und sie antwortete geistesgegenwärtig: »Allerdings. Er ist stockbesoffen.«
»Dann hat er ja Glück gehabt«, sagte er mit einem Blick auf Constantin und verabschiedete sich.
Pauline lächelte und brachte es sogar noch fertig zurückzuwinken, als Mag ihre Daumen nach oben hielt und ihnen dann eine Kusshand zuwarf, was wohl bedeuten sollte, dass sie mit ihrer Begleitung einverstanden war.
Es regnete immer noch. Constantin nahm ihr den Schirm aus der Hand und spannte ihn auf. Eilig überquerten sie Seite an Seite den Vorhof des Studios und gingen ein Stück die Straße entlang, bis sie den Wagen erreichten. Wenig später fuhren sie über die A4 Richtung Soho. Constantin telefonierte über die Freisprecheinrichtung mit Nicholas, und wieder einmal verstand Pauline kein Wort, bis der plötzlich fragte: »Pauline, ist alles in Ordnung mit dir?«
Nichts war in Ordnung, aber sie hörte die Besorgnis in seiner Stimme und bemühte sich, ihr Entsetzen zu verbergen. »Mir ist nichts passiert.« Nach einer kurzen Pause sagte sie: »Danke, Nicholas.«
Die Männer wechselten noch ein paar Worte, dann war das Gespräch beendet. Constantin konzentrierte sich auf den Verkehr, als wollte er es vermeiden, sie anzusehen.
»Es tut mir leid«, sagte sie schließlich in das beklemmende Schweigen hinein. »Du hattest recht, ich hätte schon viel eher sehen müssen, dass mit ihm etwas nicht stimmt.«
»Damit habe ich auch nicht gerechnet.« Constantin klang müde, aber er strich ihr über die Wange. »Mach dir keine Gedanken. Wir sorgen dafür, dass niemand davon erfährt.«
Vielleicht war es die zärtliche Geste, vielleicht auch das Wissen, dass Constantin alles tun würde, um sie zu beschützen. Pauline legte ihren Kopf auf seinen Schoß, schloss die Augen und genoss für einen kurzen Augenblick seine Nähe, und die Wärme seiner federleichten Berührung hüllte sie ein wie ein unsichtbarer Kokon.
Am Samstagvormittag hatte sie einen Termin mit ihrer Agentin Marcella vereinbart und fragte Constantin, ob er Zeit habe, sie zu begleiten. »Du kennst doch so viele Leute im Kulturbetrieb. Dein Rat wäre mir wichtig.« Selbstverständlich würde sie ihre Entscheidungen auch allein treffen können, aber warum sollte sie auf sein Know-how verzichten? Es konnte eine hervorragende Ergänzung zu Marcellas und Elenas Empfehlungen
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