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Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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außer Atem. Unter dem Arm trug sie ein ganzes Bündel Baguettestangen.
    »Das ist unsere hübsche Bäckerin«, soufflierte der Mann zu ihrer Linken mit schwerem britischem Akzent. Pauline schätzte ihn auf etwa dreißig und mochte seine warmherzige Ausstrahlung sofort.
    Sie wechselte ins Englische. »Hallo«, sagte sie. »Ist es nicht ein wunderbarer Abend? Was hat Sie hierhergeführt?«
    »Eine Landsmännin? Ich hätte schwören können, dass Sie Französin sind.« Verblüfft sah er sie an. »Ich habe das Aufenthaltsstipendium für Bildhauer gewonnen. Ich bin übrigens Tom«, fügte er hinzu. »Und was machst du?«
    »Pauline«, sagte sie. »Ich singe. Meistens Oper.«
    » Die Pauline Roth? Ich fasse es nicht! Von dir habe ich einen verdammt geilen Video-Clip gesehen. Du singst definitiv nicht nur Oper.«
    »Das stimmt. Freut mich, dass es dir gefällt«, sagte sie lachend und bediente sich an der dampfenden Schüssel, die er ihr reichte.
    Während des Essens wurde nicht viel gesprochen, dafür umso mehr zugelangt, bis sich Pauline zurücklehnte, überzeugt, dass nicht einmal ein weiteres Salatblatt in ihrem Magen Platz hätte. Da kam der bittere Café serré gerade recht, den Zoé servierte. Den Digestif ließ sie jedoch aus, denn der Wein und das gute Essen hatten sie bereits erhitzt.
    Weil sie wenig Lust hatte, über sich selbst zu sprechen, fragte sie Tom: »Es gibt hier also ein Atelier?« Constantin hatte nichts davon erwähnt, aber eigentlich war es ja logisch, dass die Stipendiaten auch einen Platz zum Arbeiten haben mussten.
    »Aber ja! Sogar zwei. Sie befinden sich am Ende des verwunschenen Gartens. Eines ist für die Maler, das andere für uns Bildhauer. Wir können sogar kleinere Bronzeskulpturen darin gießen, und es hat ein wunderbares Licht.«
    »Verwunschener Garten?«
    Tom lachte. »Ich nenne ihn so, weil er zum Westflügel gehört, der für uns Normalsterbliche tabu ist.« Als sie ihn weiterhin verständnislos ansah, beugte er sich zu ihr rüber und raunte ihr zu: »Dieser Dumont scheint ziemlich exzentrisch zu sein. Jeder, der seinen Privatbereich unerlaubt betritt, fliegt sofort raus.«
    Er schien vorhin nicht zugehört zu haben, als Constantin sie den Gästen als seine Frau vorgestellt hatte.
    Bevor Pauline aber etwas dazu sagen konnte, ertönte ein Akkordeon am anderen Ende des Tisches, und bald darauf sangen sie gemeinsam französische Chansons, die Pauline schon von Kindesbeinen an kannte. Marguerite mochte ein Punk gewesen sein, doch das hielt sie nicht davon ab, auch für Serge Gainsbourg zu schwärmen.
    Constantin warf ihr von der anderen Seite der Tafel zwischendurch gelegentlich einen prüfenden Blick zu, und wenn er sah, dass sie sich gut unterhielt, lächelte er ihr zu. So entspannt hatte sie ihn selten erlebt. Manchmal hörte sie seine Stimme heraus und wünschte sich, er würde neben ihr sitzen, damit sie seinen warmen Bariton genießen konnte. Zoé und Louis waren aufgestanden und tanzten zu einem Tango, den die Stipendiatin aus Bulgarien mit viel Gefühl spielte. Fasziniert sah sie dem Paar zu, als sich ihr zwei Hände auf die Schultern legten.
    »Darf ich bitten?«, fragte Constantin.
    Bang sah sie ihn an. »Ich kann nicht Tango tanzen.« Die wenigen Schritte, die sie während ihrer Tanzstunden gelernt hatte, waren längst vergessen.
    Er ließ das nicht gelten, griff nach ihrer Hand und zog sie auf die Füße. »Das musst du auch nicht. Lass dich einfach verführen«, raunte er ihr ins Ohr.
    Die Wärme in der Küche, der köstliche Wein, der ihnen allen zu Kopf gestiegen war, und die heitere Atmosphäre hätten es jedem leichter gemacht, sich der Musik hinzugeben. Doch es war Constantins Dominanz, die sie ebenso einhüllte wie seine männliche Ausstrahlung, die Pauline die nötige Sicherheit gab, seinen Schritten zu folgen. Und so ließ sie sich von dem sinnlichen Strudel mitreißen, den sie in seinen Augen zu erkennen glaubte, und erlaubte es ihrem Körper, sich seiner Macht auch im Tanz zu unterwerfen.
    Schon bald verlor sie sich im Schwebezustand beispielloser Harmonie mit dem Universum, den sie nur auf der Bühne oder in Constantins Armen erreichte. Als die Musik verstummte, wäre sie fast ins Bodenlose gestürzt, doch wie immer war er da, fing sie auf und hielt sie fest, bis sich ihre Umgebung langsam wieder zu materialisieren begann.
    Die Leute applaudierten, und jeder schien zu verstehen, dass sie sich ohne viele Worte verabschiedeten, Constantin ihr den Arm um die

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