Gib mir deine Seele
charmant vor Zoé. »Darf ich Ihnen Ihre bezaubernde Küchenhilfe entführen, Madam e ?«
»Aber natürlich«, zwitscherte sie und verschwand mit klappernden Absätzen in der Speisekammer.
Behutsam nahm Constantin ihr das lange Messer aus der Hand und legte es auf den Tisch. »Es tut mir leid.«
Pauline blickte auf die Schwellung über seiner linken Augenbraue, die schnell anwuchs. »Warte!« Sie holte ein sauberes Küchentuch, hielt es in einen Strahl kalten Wassers und legte das feuchte Tuch vorsichtig auf die Verletzung. »Das wird eine ordentliche Beule geben. Ich hätte Nicholas nicht anrufen sollen.«
»Doch, das hättest du. Am besten schon eher.«
»Lass uns das nicht hier besprechen. Irgendwann möchte Zoé aus der Speisekammer raus, vermute ich.«
Sie legte ihm einen Arm um die Taille, und gemeinsam gingen sie in ihr Appartement. Von Nicholas war nichts zu sehen.
»Setz dich«, sagte Constantin und schob ihr einen Stuhl am antiken Nähtisch vor dem Fenster zurecht. »Bitte.«
Gerade hatte sie sich wieder etwas entspannt, nun machte ihr seine Ernsthaftigkeit fast noch mehr Angst als die Launen der letzten Zeit. Dennoch tat Pauline, worum er sie gebeten hatte, und beobachtete, wie er sich ihr gegenüber vorsichtig ebenfalls setzte. Die beiden hatten sich offenbar gehörig geprügelt.
Ohne Umschweife sagte Constantin: »Da rede ich immer von Vertrauen, und dann gehe ich zu weit. Schon wieder. Nicholas sagt, du hättest Angst vor mir. Stimmt das?«
»Nein!« Pauline legte ihre Hände auf den Tisch und sah ihn an. »Nein, Constantin. Das stimmt nicht. Ich habe Angst um dich. Ich weiß doch, wie viel es dir bedeutet, Kontrolle zu haben, und wie sehr du darum kämpfst, sie nicht zu verlieren. Aber sie entgleitet dir. Habe ich recht?«
Er sah auf ihre Hände und streckte dann seine aus, um sie zu berühren, hob den Kopf, und ihre Blicke trafen sich.
Pauline sah den Schmerz in seinem Gesicht, als er begriff, dass sie ihre Hände wegziehen würde. Doch sie tat es nur, um seine festhalten zu können. Niemals würde sie ihn ohne einen triftigen Grund freiwillig loslassen, das sollte er eigentlich inzwischen wissen. Aber nun war nicht der richtige Zeitpunkt für Empfindlichkeiten, sie mussten reden. Hier am Tisch waren sie »auf Augenhöhe«, wie es so bildlich hieß. Ebenbürtige, gleichberechtigte Partner, von denen einer einen Kummer in seinem Herzen trug, den er nicht teilen konnte. Denn dass er auch jetzt nicht darüber sprechen würde, was ihn bedrückte, das ahnte sie längst.
Wenn er es doch nur täte, dann müsste er sich nicht so sehr quälen , dachte sie und seufzte.
»Pauline, ich …« Er sah beiseite.
Schnell beugte sie sich weit vor und legte ihm einen Finger auf die Lippen. »Pst! Nicht jetzt.« Ausflüchte wollte sie nicht hören. »Irgendwann wirst du mir die Wahrheit sagen können.«
»Ich habe dich nicht verdient.« Verwunderung lag in seinem Blick.
»Mag sein. Aber nun hast du mich am Hals. Damit musst du fertigwerden.«
Er hob ihre ineinander verschlungen Hände an und küsste ihr die Fingerspitzen. »Es tut mir leid«, sagte er noch einmal.
»Das sollte es.« Nicholas stand in der Tür und strich sich über das Kinn. »Und bei mir kannst du dich auch gleich entschuldigen. Für einen kurzen Augenblick dachte ich, du hättest mir den Kiefer ausgerenkt.«
»Weil du mir ein blaues Auge geschlagen hast.«
Die beiden Männer wirkten zwar nicht mehr aggressiv, dennoch stand Pauline mit einem Ruck auf und sagte: »Schluss. Vertragt euch. Ich möchte einen Grund haben, mich heute mit Constantins teuerstem Wein bis zur Besinnungslosigkeit zu betrinken.«
Überrascht blinzelte Nicholas sie an, dann begann er zu lachen. »Weißt du was?« Er schlug Constantin auf die Schulter, der merklich zusammenzuckte. »Wenn hier jemand das Sagen hat, dann ist es Pauline.«
»Das habe ich von Anfang an geahnt«, sagte Constantin mit Grabesstimme. Dann lächelte auch er.
»Schön, dass euch diese Erkenntnis so amüsiert. Und jetzt zieht euch aus!«
»Wie bitte?«, fragten beide wie aus einem Mund.
»Nicht was ihr denkt. Ich will eure Wunden verarzten.«
Nicholas fasste sich als Erster. »Wie schade.«
»Ein bisschen mehr Dankbarkeit, wenn ich bitten darf«, rief sie über die Schulter und eilte ins Bad, um die Creme zu holen, die bei ihr jedes Mal Wunder wirkte. Rasch wusch sie sich die Hände und warf einen Blick in den Spiegel. Der Aufenthalt auf Mas La Roseraie tat ihr gut. Sie sah erholt und
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