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Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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gehst …«
    »Genau.«
    »Ich werde sehen, was ich für Sie tun kann, Monsieur Dumont.«
    Eine Viertelstunde später klopfte es an der Tür. Als Constantin öffnete, stand der Concierge davor. Er schob einen Servierwagen herein und sagte: »Wir haben alles bekommen, was Sie wollten.« Sein fürstliches Trinkgeld steckte er wortlos ein. Eine Verbeugung, dann war er fort.
    »Oh, Essen?«, fragte Pauline, die nach ihrem köstlichen Parfüm duftete und nach Sex. Sie wusste genau, was ihm gefiel.
    Constantin verband ihr die Augen und legte den Morgenmantel ab. »Genug gespielt, ma petite! Hast du mich verstanden?«
    »Ja, Constantin«, hauchte sie und ließ sich von ihm zum Bett führen.
    Als er sie am nächsten Tag weckte, tat ihr alles weh. Pauline räkelte sich und gab dabei unwillkürlich einen Schmerzenslaut von sich.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass man an solchen Stellen Muskelkater bekommen kann«, sagte sie und fühlte sich auf eine so unverschämt wohlige Art erschöpft, wie es nur nach einer langen Liebesnacht möglich war.
    Aber unter dem dünnen Firnis aus Glück und Liebe lauerte etwas: die Furcht vor der Vergänglichkeit. Heute vor einem Jahr hatten sie sich hier in der dem Tode geweihten Lagunenstadt kennengelernt. Rasch schüttelte sie diesen Gedanken ab und widmete sich ihrer Premierenroutine. Zufrieden, Constantin an ihrer Seite zu haben.
    Später begleitete er sie zum Theater. »Natürlich habe ich eine Karte«, sagte er. »Du kennst doch Nicholas. Er macht das Unmögliche möglich.« Während der kurzen Umarmung flüsterte er ein »Toi. Toi. Toi«, in ihr linkes Ohr, und sie ging, ohne sich zu bedanken, ins Theater.
    Es herrschte die typisch gespannte Nervosität. Pauline ließ sich davon nicht anstecken. Sie machte einige Yogaübungen, die heute schmerzten, und seufzte, als sie an den Grund dafür dachte. Natürlich war es unvernünftig, am Tag vor einer so wichtigen Premiere kaum Schlaf gefunden zu haben.
    Viel unvernünftiger wäre es aber, das Leben nicht zu genießen, wenn man weiß, dass der Tod bereits die Sense schärft.
    Kurz vor dem zweiten Zeichen, das sie auf die Vorstellung vorbereiten sollte, kam Jonathan angehetzt. »Ich habe die halbe Nacht kein Auge zugetan«, klagte er. »Und das Schlimmste: Niemand hat mich zu dieser ganz offenkundig wüsten Orgie eingeladen.«
    Pauline musste so sehr lachen, dass sie einen Schluckauf bekam.
    Mit einem unverschämten Grinsen sagte er: »Ich wusste es. Du hast dich auf die Rolle vorbereitet, stimmt’s?«
    »Sie hat nachts gesungen?«, fragte der sympathische Bariton, der bereits im Kostüm war, obwohl er seinen ersten Auftritt im zweiten Akt hatte. Er wünschte Pauline ebenfalls »Toi. Toi. Toi.«
    »Singen würde ich das nicht nennen«, sagte Jonathan und ließ sich von seiner Garderobiere fortziehen, der bereits die helle Panik ins Gesicht geschrieben stand.
    »Ich fürchte, seine Umgebung produziert sehr viel mehr Adrenalin vor einer Vorstellung als er selbst.« Pauline sah ihm hinterher.
    »Damit könntest du recht haben«, sagte ihr Kollege lachend und kehrte in seine Garderobe zurück.
    Pauline strich den weiten Rock ihres roten Kleides glatt und erlaubte der Maskenbildnerin letzte Puderstriche über ihr Gesicht. Derweil konzentrierte sie sich auf den Auftritt. Die Ouvertüre verlangte der Violetta große darstellerische Fähigkeiten ab. Doch Pauline fühlte sich gewappnet.
    »Du musst einfach die Geschichte in einem eindringlichen Schnelldurchlauf erzählen«, hatte Luc ihr geraten.
    Einfach war das nicht, aber sie wusste, was diese Violetta fühlte.
    Genau das wird jeder einzelne Zuschauer auch erfahren , schwor sie sich und betrat die Bühne. Es war wahrscheinlich das erste Mal in der Operngeschichte, dass es Szenenapplaus gab, bevor auch nur ein Ton gesungen wurde.
    Nach einer halben Stunde, zum Ende des ersten Akts, waren begeisterte Bravo-Rufe zu hören. Vorerst hatte sie dem Tod getrotzt, der in dieser Inszenierung als stummer Begleiter ständig anwesend war. Wunderbar düster dargestellt von einem älteren venezianischen Schauspieler, den Pauline sofort ins Herz geschlossen hatte.
    Im zweiten Akt trug sie nichts weiter als ein Seidenunterkleid und dachte fortwährend an Constantin, obwohl sie mit Jonathan flirtete, als wäre er tatsächlich ihr Geliebter. In der Pause hätte sie selbst am liebsten geweint, doch Constantin wartete in der Garderobe auf sie, und Pauline riss sich zusammen.
    »Ich muss dich fühlen«, sagte er mit

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