Gib mir deine Seele
geradezu berührenden Erleichterung sah er sie an. »Du verstehst schnell.«
Pauline nahm das Kompliment mit einem Lächeln an. »Hattest du schon einmal eine derartige Beziehung?« Sie musste das fragen. Jetzt oder nie war die Gelegenheit dazu.
Sein Blick wurde hart, und für einen Augenblick fürchtete sie, er würde das Gespräch an dieser Stelle abbrechen. Doch dann sagte er unvermittelt: »Es gab einmal eine Zeit, da habe ich es geglaubt.«
Sie folgte ihrer Intuition, obwohl das Eis, auf das sie sich begeben hatte, immer dünner wurde. »Du bist enttäuscht worden.« Das war keine Frage.
»Ja.«
»Dennoch glaubst du, eine solche Beziehung ist möglich.«
»Ach, Pauline. Wenn wir die Hoffnung verlieren, was bleibt uns dann?«
Die einfachen Worte berührten sie tiefer, als sie zugeben mochte, deshalb sprach sie schnell weiter. »Ich habe noch eine Frage.«
Er zog eine Augenbraue hoch. Offenbar hatte er den kurzen Augenblick der Schwäche überwunden und sich wieder gefangen. Sein Lächeln war beinahe schelmisch, als er sagte: »Nur eine? Ich glaube fast, du hast dir vorgenommen, heute mein ganzes Leben zu durchleuchten.«
Ihre gute britische Erziehung meldete sich sofort zu Wort. »Es tut mir leid, ich wollte nicht so in dich dringen. Aber ich versuche zu verstehen …« Was versuchte sie zu verstehen? Ihn, damit sie sich für oder gegen eine Beziehung mit ihm entscheiden konnte? Oder sich selbst? Pauline war sich nicht sicher.
Constantin wischte einen Wachstropfen von der Kerze, der im Begriff gewesen war herabzurollen. »Du hast ein besonderes Verhältnis zum Schmerz.« Den erstarrten Tropfen auf dem ausgestreckten Zeigefinger sah er ihr tief in die Augen.
»Nein!« Sofort dämpfte sie ihre Stimme. »Vielleicht. Ich habe so etwas wie in dieser Küche noch nie erlebt.«
»Es hat dich erregt.«
»Ja, das hat es«, gab sie schließlich mit gesenktem Blick zu.
Constantin ergriff ihre Hand, drehte sie herum und fuhr mit den Fingerspitzen die Linien auf der Innenfläche nach. »Es ist nichts dabei. Viele Menschen empfinden Lust, wenn sie Schmerzen zufügen … aber auch daran, sie zu ertragen. Es kommt nur auf die Dosierung an. Wobei wir wieder bei der Verantwortung wären.« In einem Ton, der keinen Widerspruch zu dulden schien, fügte er hinzu: »Es macht dir Spaß, deine Grenzen auszutesten. Du bist ehrgeizig und diszipliniert, wenn es darauf ankommt. Das braucht ein Ventil. Pauline, du bist bei deinen Eltern zu einer starken Persönlichkeit herangewachsen.«
»Ich bin oft so unsicher …«
»Weil es dir an Erfahrung fehlt. Du hast einen ausgeprägten Willen, aber du kennst auch deinen gefährlichen Hang zum Risiko. In dir wohnt eine große Sehnsucht nach einem festen Anker im Leben.«
»Hast du das jetzt alles aus meiner Hand gelesen?« Am liebsten hätte sich Pauline ihm entzogen, doch das sanfte Streicheln machte es ihr unmöglich.
»Vielleicht.« Er hielt inne, als wollte er sie kurz zur Ruhe kommen lassen, dann nahmen seine Finger die Reise über die vibrierenden Nervenenden wieder auf. »Sag mir, dass ich mich irre.«
Sie griff nach ihrem Glas und trank einen Schluck. Wie gut er mich kennt. Besser, als sie selbst sich zu kennen schien. War dies eine Einladung, gemeinsam mit ihm und unter seiner erfahrenen Anleitung ihre Grenzen auszutesten?
»Constantin, willst du mir damit sagen, dass du dir eine Beziehung mit mir wünschst?«
»Wer würde das nicht?« Er strich sich mit der freien Hand das Haar aus der Stirn. »Die Entscheidung liegt bei dir. Wir können so weitermachen wie bisher. Uns hier und da einmal treffen. Großartigen Sex haben.« Jetzt lachte er. »Oh, ja. Ich liebe es, mit dir – wie sagst du so nett? – zu schlafen. Du bist eine wunderbare Bettgefährtin, keine Frage.«
»Aber erfüllend wäre es nicht.«
Sein Blick wurde hart. »Nein.«
»Dann sag mir noch eins: Holst du dir diesen Kick gelegentlich bei anderen Frauen?«
»Ja.« Weicher fügte er hinzu: »Solange ich frei bin zu tun, was mir gefällt, tue ich genau das. Wenn ich mich aber an jemanden binde, dann gibt es nur diesen einen Menschen für mich.«
»Das klingt, als wäre es nicht wichtig, ob die Person männlich oder weiblich ist«, sagte sie erstaunt.
»Ist es nicht, obwohl ich Frauen bevorzuge.«
Das musste sie erst einmal verdauen. Und dann noch alles andere. Es würde Zeit brauchen, und das sagte sie ihm auch.
»Das verstehe ich, Pauline. Nimm dir so viel Zeit, wie du willst. Denk in Ruhe nach. Nur
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