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Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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diesen unerwarteten Genuss auch zu schätzen. Derweil dachten die Sensationslüsternen, denen das gesellschaftliche Ereignis mehr bedeutete als die Musik, wohl schon über den Heimweg nach und verbreiteten eine seltsame Unruhe im Theater.
    Nachdem Julian die Standing Ovations mit einer lässigen Verbeugung zur Kenntnis genommen hatte, kehrten die Preisträger zurück, und das Publikum strahlte nun doch noch einmal eine gespannte Erwartung aus. Zuletzt sang Pauline.
    Sollte zu diesem Zeitpunkt noch jemand Zweifel an der Entscheidung der Jury gehabt haben, die, wie Constantin im Vorfeld gehört hatte, sich erstmals seit langer Zeit einstimmig für die Gewinnerin entschieden hatte, dann musste der spätestens nach der herzzerreißenden »Arie an den Mond« von ihrem Talent überzeugt sein. Als wäre es erst gestern gewesen, erinnerte sich Constantin daran, wie Pauline das Lied geradezu unbekümmert in seinem Bad in Venedig geträllert hatte. Was für ein Unterschied zu heute! Und doch hatte er an jenem Abend bereits geahnt, welch große Stimme in ihr schlummerte. Und dies war erst der Anfang.
    »Constantin?« Nicholas riss ihn aus seinen Gedanken. »Bleibt es dabei?«
    »Ja. Du sorgst bitte dafür, dass ihr Gepäck ins Mandarin geschickt wird. Danach hast du frei.«
    »Ich würde gern …« Er zögerte kurz. »Henrys Eltern wohnen am Starnberger See, und sie will dorthin fahren, um ihnen zu sagen, dass sie sich für das Kostümfach entschieden hat.«
    »Einverstanden. Telefonisch bleibst du erreichbar?«
    »Klar.«
    »Nicholas?«
    »Aye?«
    »Verlier nicht dein Herz.«
    Sein Assistent seufzte eine Spur zu theatralisch. »Darf ich den Rat zurückgeben?«
    Constantins Mundwinkel zuckten. »Würde ich das jemals tun? Du kennst mich doch.«
    »Ja, eben.« Nicholas’ Miene wurde ernst, und er wirkte, als fechte er einen inneren Kampf aus. Schließlich schien er sich entschieden zu haben. »Du bist ihre Muse. Wir beide wissen, was dies in letzter Konsequenz bedeutet.«
    »Tatsächlich?«
    Doch sein Versuch, ihn mit dieser Bemerkung zu entmutigen, funktionierte nicht. Unbeeindruckt sprach Nicholas weiter, und hätten Henry und Pauline ihn in diesem Moment gesehen, sie hätten ihn nicht wiedererkannt. Alle Jungenhaftigkeit war aus seinem Gesicht verschwunden. »Pauline wird ihrer Kunst alles opfern – genau so, wie es die unersättlichen Götter verlangen. Ein Jahr! Das ist ohnehin schon brutal, aber wenn du mehr für sie empfinden solltest, als dir zusteht, dann gerätst du am Ende ebenfalls in Schwierigkeiten. Das garantiere ich dir.«
    »Denkst du, ich weiß das nicht?« All die Bitterkeit, die er empfand, war in seinem kurzen Lachen zu hören. »Die Zeiten, in denen ich so naiv war, an die Liebe zu glauben, sind längst vorbei. Das Einzige, was mich noch berühren kann, ist die Perfektion.«
    »Du wirst ihnen immer ähnlicher.«
    »Auch wenn du es nicht als Kompliment gemeint hast, nehme ich es als ein solches, obwohl das selbstverständlich nicht stimmt. Kein Sterblicher wird sich jemals mit den Göttern messen können. Nicht einmal mit denen, die im Pantheon für die Unterhaltung zuständig sind.« Aufmerksam betrachtete er Nicholas. »Machst du dir Sorgen um deine eigene Zukunft?«
    »Natürlich nicht. Glaub bloß nicht, dass ich mit irgendeiner anderen Muse zusammenarbeiten würde. Nein, Constantin«, seine Stimme bekam einen zynischen Unterton. »Wohin du gehst, gehe ich auch.«
    »Das ist allein deine Entscheidung.«
    »Allerdings.« Nicholas war aufgestanden und hielt ihm die Tür auf. Sie waren die Letzten, die die Treppen hinunter ins Foyer gingen. Dann trennten sich ihre Wege.
    Julian kam mit zwei Gläsern Champagner auf Constantin zu. »Famoses Mädchen. Sexy, talentiert und ohne Allüren. Wenn du …«
    »Nein!«
    »Dann pass besser gut auf sie auf. Wenn du mal wieder meine Hilfe brauchst, melde dich.« Er leerte sein Glas in einem Zug und stellte es achtlos am Fuß einer Säule ab. »Man sieht sich!«
    Constantin nippte am Champagner und beobachtete, wie sich die Presse um Pauline und ihre Kollegen drängte. Bevor sie ihn entdecken konnte, ging er davon, trat durch eine der großen Glastüren ins Freie, lief die Stufen auf den Vorplatz der Oper hinab und winkte seinen Fahrer herbei. Kaum hatte er die Tür der Limousine zugeschlagen, wies er ihn über die Sprechanlage an, vor dem Bühnenausgang zu halten.
    Es dauerte eine Weile, bis sie auftauchten. Henry an ihrer Seite, dahinter Nicholas. Er tippte auf ihre

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