Gib mir meinen Stern zurück (German Edition)
verstehen?“
Rafael verteufelte seine Indiskretion. Hatte er nicht schon genügend eigene Probleme am Hals? Er konnte sich unmöglich auch noch um Valeries Privatangelegenheiten kümmern. Er stieß einen unterdrückten Seufzer aus. „Hören Sie, Valerie. Wenn dieser Typ hier auftauchen sollte, trampeln Sie einfach mit dem Fuß auf den Boden oder werfen einen Blumentopf auf meine Terrasse. Dann bin ich in null Komma nichts bei Ihnen. Einverstanden? Und jetzt verraten Sie mir doch bitte, welchen Bezug Sie zu diesen atemberaubenden Fotos haben.“
Schon huschte der Anflug eines Lächelns über ihr Gesicht. „Mein Vater war Diplomat, und ich habe meine Kindheit in vielen Ländern verbracht. In der Türkei, Dubai, Hongkong, Südafrika, Bratislava … Ach, einfach überall.“
„Interessant. Sind Ihnen diese ständigen Umzüge denn nicht schwergefallen?“
Ihr glänzender Pferdeschwanz wippte neckisch, als sie den Kopf schüttelte. „Nein, eigentlich nur der letzte – aus Bratislava. Als ich siebzehn war, ist mein Vater in den Ruhestand gegangen und darum nach München zurückgekehrt.“
„Sie mögen München nicht?“
Sie zögerte kurz. „Doch, aber es gab da einen Mann.“ Wie auf Kommando griff sie nach dem Ring an der Kette um ihrem Hals, dem einzigen erkennbaren Schmuckstück, das sie trug.
Verwirrt runzelte Rafael die Stirn. „Ihr Exmann?“
„Herrje, nein!“ Sie verdrehte die Augen und bedachte ihn mit einem Blick, der offenbarte, dass sie ihn für ziemlich schwer von Begriff hielt. „Das war lange vor meiner Ehe. Er hieß Marcel.“
„Ich verstehe“, log Rafael, um nicht erneut einen zurückgebliebenen Eindruck zu erwecken. Doch das Thema ließ ihn nicht los. So nickte er in Richtung Ring. „Von ihm?“
„Mhm.“
„Und was hat Sie daran gehindert, bei ihm zu bleiben?“
„Mein Vater.“ Ihre strahlend blauen Augen wirkten nun umnebelt, als hätte jemand einen Schleier darübergezogen.
„Aber hätte dieser Marcel Sie nicht nach München begleiten können?“
Valerie schluckte. „Ach, das war alles so schwierig. Er steckte mitten im Medizinstudium. Auf den Studienplatz hatte er ewig gewartet. Nachdem ich endlich volljährig war, habe ich ihm einen Besuch abgestattet, aber da hatte er sich bereits anderweitig getröstet.“ Ein melancholischer Ausdruck breitete sich auf ihrem Gesicht aus, während sich ihre Gedanken auf die Reise begaben …
… zu Marcel, ihrer ersten und einzigen großen Liebe. Diesem bildhübschen, romantischen Slowaken, der ihr vor fast zehn Jahren den Ring geschenkt hatte, bevor er später ein großes Stück zu ihrer Desillusionierung beigetragen hatte.
Im zarten Alter von sechzehn war sie Marcel im strömenden Regen von Bratislava buchstäblich in die Arme gestolpert, und von da an waren sie unzertrennlich gewesen. Bis ihr Vater sie zur Heimkehr nach Deutschland gezwungen hatte. Doch dummerweise waren nicht nur ihr Herz und ihre jugendliche Unbeschwertheit in Bratislava geblieben, sondern bald auch ihr Vertrauen in die männliche Spezies.
Nie würde sie den Tag ihrer Rückkehr ein Jahr später in die Slowakei vergessen. Im Bruchteil einer Sekunde waren all ihre romantischen Wunschträume erbarmungslos ruiniert worden.
Sie erinnerte sich daran, als wäre es gestern gewesen. Ein paar Wochen nach ihrem achtzehnten Geburtstag waren ihre Eltern zu einem vierwöchigen Trip nach Teneriffa aufgebrochen. Keinen Tag später war sie ins Flugzeug geklettert und nach Bratislava gejettet, um sich endlich wieder in Marcels starke Arme zu werfen. Sie vermisste ihn geradezu schmerzhaft. Alles an ihm: seine samtweiche Stimme, sein rauchiges Lachen, seine verträumten dunklen Augen, die sie immer hatten glauben machen, sie wäre die einzige Frau auf der Welt. Und dann natürlich seinen herrlichen, muskulösen Körper, der sie regelmäßig in den schieren Wahnsinn getrieben hatte.
Zu ihrem Leidwesen hatte ihr Vater nie ein gutes Haar an dem groß gewachsenen Slowaken gelassen und ihr nach dem Umzug nach Deutschland jeglichen Kontakt zu ihm untersagt. Nun aber hielten sie keine zehn Pferde mehr zurück, sie musste ihn sehen! Und sie war bereit, alle Konsequenzen in Kauf zu nehmen, sollten ihre Eltern davon Wind bekommen.
Nervös wie eine Erstklässlerin hämmerte sie an die Tür seiner heruntergekommenen Studentenbude. Und hatte das Gefühl, ihr würde der Boden unter den Füßen weggezogen und sie stürzte geradewegs in die Hölle, als ihr ein halb nackter russischer Vamp mit
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