Gib mir meinen Stern zurück (German Edition)
Stunden her, dass ich Ihre Bekanntschaft gemacht habe“, setzte sie vorsichtig an. „Ich kann Sie genauso wenig in Angelinas intimste Verhaltensmuster einweihen wie Sie Informationen aus dem Weißen Haus zum Besten geben dürfen. Also, was ist jetzt? Erzählen Sie mir eine Anekdote aus Ihrem Leben?“
Als Rafael einige Zeit später die Stufen zu seiner Wohnung hinunterschlenderte, drehten sich seine Gedanken im Kreis. Nicht nur, dass er in der letzten Stunde in einen Morast aus Lügen eingetaucht war, nein, noch dazu hatte er nichts von dem erfahren, was ihm unter den Nägeln brannte. Diese kleine Maus war seinen Fragen geschickter ausgewichen als sein Atmosphärengleiter einem Hindernis. War das nun Zufall, oder hatte sie die diplomatischen Fähigkeiten ihres Herrn Vater geerbt? Und obwohl er im Umgang mit Frauen ziemlich bewandert war, fühlte er sich seltsam gehemmt. Es war allerhöchste Zeit, diese beklemmende Distanz Blondinen gegenüber zu überwinden.
Doch es waren nicht nur ihre Haare. Jedes Mal, wenn sie ihn mit ihren wunderschönen blauen Augen anblickte, stürzte er in unbekannte Abgründe. Was war das nur, was ihn aus den Tiefen ihrer Seele ansprang und ihm das Gefühl gab, sie seit Urzeiten zu kennen?
Er hatte keinen blassen Schimmer.
Und was ihn noch viel mehr um den Verstand brachte, war ihr kurzes T-Shirt, das immer wieder nach oben gerutscht war und erschreckend viel von ihrem flachen, braun gebrannten Bauch entblößt hatte. Er wagte zu bezweifeln, dass ihr bewusst war, welch aufregende Einblicke sie bot. Für die Männer auf der Erde wahrscheinlich zum Sterben langweilig, reagierte er auf diese so einladend zur Schau gestellte nackte Haut wie ein Stier aufs rote Tuch.
Seit er den Fuß auf die Erde gesetzt hatte, tanzten seine Hormone unaufhörlich Tango. Seit Jahren unter Verschluss, schienen sie nun mit aller Macht an die Oberfläche zu drängen. Störrisch hatte er trotzdem Davids Vorschlag abgetan, die eine oder andere willige Schönheit an Land zu ziehen, um das Defizit der letzten Jahre zu relativieren.
Doch nun dämmerte ihm, dass er die Ratschläge seines erfahrenen Beraters hätte befolgen sollen, denn sowohl Angelinas Kurven als auch Valeries nackter Bauch verursachten einen Aufruhr in seinen Lenden, der blitzartig die Blutzufuhr zu seinem Gehirn außer Kraft zu setzen schien. Er musste diesen Kontrollverlust um jeden Preis in den Griff bekommen, denn eine erfahrene Frau wie Angelina setzte mit Sicherheit hochtrabende Erwartungen in ihre Liebhaber, von ihrem zukünftigen Ehemann ganz zu schweigen.
Zurück in seiner Wohnung ließ er sich auf das behagliche Sofa fallen und zappte begierig durch die Fernsehkanäle der Erde. Mit wachsendem Interesse sah er seinem ersten Arbeitstag entgegen.
Hätte er jedoch geahnt, wie unspektakulär ebendieser Tag verlaufen würde, hätte das seine Laune sicherlich getrübt.
Kapitel 6
Das Aufregendste des ganzen Tages war die hitzige Diskussion im Fond der Limousine. Denn Angelina und ihre Assistentin vertraten extrem kontroverse Ansichten darüber, welche Bilder als Werbeaufnahmen für eine große Fast-Food-Kette geeignet waren und welche nicht. Wobei Valerie ihrer Chefin unmissverständlich vor Augen führte, dass ein Großteil des Zielpublikums Kinder waren, und aufreizende Fotos daher nicht zur Diskussion standen.
Fasziniert beäugte Rafael die beiden Frauen im Rückspiegel, die grundverschiedener nicht hätten sein können – fast wie Tag und Nacht. Die aufgetakelte dunkelhaarige Diva hatte einen Schmollmund aufgesetzt, da ihre Assistentin mit dem frech wippenden blonden Pferdeschwanz eindeutig am längeren Hebel saß.
Rafael konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Das hätte er der drolligen, kleinen Kamikazepilotin gar nicht zugetraut. Doch dann rief er sich ins Gedächtnis, wie sie ihn am Tag zuvor aus der Reserve gelockt hatte, wohingegen er nicht den Hauch einer Information über Angelina bekommen hatte. Erneut zuckte ein Lächeln um seine Mundwinkel. Das Kätzchen schien in der Tat zu wissen, wie man die Krallen ausfuhr.
Seine gute Laune gehörte jedoch bald der Vergangenheit an. In der luxuriösen Maximilianstraße angekommen, wo sich ein Nobelladen an den Nächsten reihte, bestand seine anspruchsvolle Aufgabe darin, die beiden Grazien am Eingang eines Geschäfts abzusetzen, um nach jahrzehntelangem Ausharren Unmengen von Tüten ins Auto zu schleppen. Dieses Spiel wiederholte sich dreimal, und seine Nerven lagen schon blank,
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