Gib mir meinen Stern zurück (German Edition)
flammend rotem Haar und einer Figur zum Niederknien die Tür öffnete. Im ersten Moment hatte sie noch die Hoffnung gehegt, sie hätte sich im Stockwerk vertan, doch als Sekunden später Marcel mit nacktem Oberkörper auftauchte, musste sie der schrecklichen Wahrheit ins Auge sehen.
Sie war hier nicht länger gefragt!
In ihrem ganzen Leben hatte sie sich noch nicht so gedemütigt gefühlt. Tränenüberströmt hatte sie Reißaus genommen, war stundenlang ziellos durch die Stadt geirrt und schließlich aller Zukunftsträume beraubt nach Deutschland zurückgeflogen.
„Aber Sie lieben ihn noch immer, sonst würden Sie seinen Ring nicht mehr tragen, oder?“, riss Rafaels Stimme sie unvermittelt aus ihrer Trance.
Ihre Gesichtszüge wurden weicher, als sie von ihrer Reise in die Vergangenheit zurückkam. Sie starrte ein tunnelgroßes Loch in die Luft. „Ich werde ihn wohl immer lieben“, flüsterte sie kaum vernehmlich, „weiß der Geier, warum. Immerhin hat er mich zutiefst verletzt.“ Sie zuckte mit den Schultern und ließ sich ruckartig in den Sessel zurückfallen.
Was veranstaltete sie hier eigentlich? Breitete sie wirklich gerade peinliche Details ihres erbärmlichen Liebeslebens vor einem wildfremden, abgebrühten Security-Typen aus?
Das konnte doch nicht wahr sein!
Wie hatte er sie nur so weit gebracht, dermaßen aus dem Nähkästchen zu plaudern! Über Dinge, die sie schon vor langer Zeit in der dunkelsten Ecke ihres Herzens weggeschlossen hatte und eigentlich vergessen wollte.
Ernüchtert straffte sie die Schultern. „Was ist mit Ihnen Rafael? Sind Sie verheiratet?“, fiel sie mit der Tür ins Haus, als hätte ihr Mund ein Eigenleben entwickelt.
Nun war es an Rafael, betrapst dreinzublicken. Mit hektischen Handbewegungen jagte er ein paar Kuchenkrümel vom Tisch. Oje, hatte sie mit ihrer Frage etwa in ein Wespennest gestochen? Sie erwog gerade, sich für ihre Taktlosigkeit zu entschuldigen, als er mit Grabesstimme kundtat: „Meine Frau ist vor über drei Jahren gestorben.“
Entsetzt klatschte sie sich die Hand vor den Mund. „O Gott! Das tut mir leid. Ich und meine verdammte Neugier!“
Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem gequälten Lächeln. „Schon gut. Ich bin darüber hinweg.“
Gerne hätte sie Näheres über die Umstände erfahren, aber sie brachte den Mut nicht auf, tiefer in ihn zu dringen. Seine versteinerte Miene strafte seine Worte Lügen. Der Mann vermittelte den Eindruck, mit Reißnägeln zu gurgeln, doch unter der rauen Schale schien ein weicher, sentimentaler Kern zu ruhen. Und es lag wahrlich nicht in ihrer Absicht, alte Wunden aufzureißen. „Erzählen Sie mir doch etwas über Ihr Leben in den Staaten“, unternahm sie den lahmen Versuch, von dem Fauxpas abzulenken.
Glücklicherweise entspannten sich Rafaels Gesichtszüge in Windeseile. „Ach, eigentlich gibt es da nicht viel zu berichten. So ein Job als Bodyguard raubt einem jegliche Freizeit. Wollen Sie mir nicht doch lieber ein paar Interna über Angelina verraten?“, löcherte er sie erneut.
Irritiert musterte sie ihn. Auf was wollte er eigentlich hinaus? Sie würde ihre zickige Chefin nicht gleich am ersten Tag in die Pfanne hauen. Sollte er doch selbst in die Untiefen ihres Charakters eintauchen. In den letzten drei Jahren hatte sie einige Leibwächter kommen und gehen sehen, doch so detailliert hatte sich bisher keiner mit seinem Job auseinandergesetzt.
Gut, wahrscheinlich war Rafael bei Weitem der Professionellste, sollte er tatsächlich den amerikanischen Präsidenten beschützt haben. Aber warum nur hatte er dem mächtigsten Mann der Welt den Rücken gekehrt? Sicher nicht, um seine Hand in Zukunft über eine kratzbürstige deutsche Schauspielerin zu halten. Am liebsten hätte sie ihn direkt darauf angesprochen, doch es war zu befürchten, dass auch das unter den Mythos Berufsgeheimnis fiel.
Sie begegnete seinen blauen Augen und versank darin. Einen Moment lang schien die Zeit stillzustehen. Völlig desorientiert riss sie sich von seinem Blick los und widerstand nur mit Mühe und Not der Versuchung, ihm alles auf die Nase zu binden, was er wissen wollte.
Himmel, was auch immer hier gerade ablief, sie musste unter allen Umständen dagegen ankämpfen, ihm blindlings ihr Vertrauen zu schenken. Seine einfühlsame, verständnisvolle Art würde sie noch in Teufels Küche bringen. Wer sagte ihr denn, dass das nicht nur eine Masche war, um ihr Geheimnisse zu entlocken? „Rafael, es ist gerade mal ein paar
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