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Gib mir Menschen

Gib mir Menschen

Titel: Gib mir Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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eigentlich nie, ich haderte nur mit dem Schicksal wegen des hohen Preises, den ich zahlen mußte. Es ist nämlich nicht so, daß ich schöpferisch denken konnte. Ich konnte die ganze lange Ewigkeit keine brauchbaren Gedanken hervorbringen und an keine schöngeistigen Dinge denken. Es ist mir sogar versagt, mir einen Wolkenhimmel vorzustellen, einen Sonnenuntergang, eine Schwalbe im Aufwind. Das Stodertal, obwohl eine reale Erinnerung, blitzt stets nur kurz auf. Ich kann das Bild nicht halten. Alle meine Gedanken drehen sich nur um die unangenehmen Dinge meiner Erlebniswelt. Und wenn es mir mal gelingt, meine Gedanken ausschweifen zu lassen, dann nur, um mir alle möglichen Schrecken auszumalen, die mir in der Zukunft aus meiner Situation entstehen könnten.
    Was wäre wenn …? Die Antwort auf diese Frage fällt immer negativ aus und verhilft mir zu Schweißausbrüchen und zu Schüttelfrost, obwohl mein Körper vom Gehirn getrennt ist. Gegen diesen Phantomschmerz komme ich nicht an.
    Selbst wenn ich mich mit aller zur Verfügung stehenden Konzentration dazu zwinge, meine Gedanken in harmlosere Bahnen zu lenken, gleiten sie irgendwann ab, und ich werde wiederum mit namenlosem Horror konfrontiert.
    Das ist Existenzangst.
     
    Wer bist du?
    Daniel Hummer. Erfolgsautor. Seit einem Vierteljahrhundert im Geschäft. Jährlich höchstens einen Roman, und mit jedem stets ganz oben in der Bestsellerliste. Man könnte meinen, daß Daniel Hummer im Geld nur so schwimmt … geschwommen ist! Aber dem war nicht so. Drei Frauen verlangten ihre Alimente, und in ihrem Schlepptau noch vier Kinder aus diesen drei Ehen, die zu ernähren waren. Bevor ich mich in den kalten Sarg legte, es zulassen durfte, daß der Körper vom Geist getrennt wurde, hatte ich die Garantie geben müssen, daß ich auch weiterhin diesen meinen Verpflichtungen nachkommen würde. Der Tiefschlaf bewahrte mich nicht vor den Pflichten eines Lebenden, aber andererseits sollten mir ebenso auch weiterhin alle Rechte eines Bürgers unseres Staates bleiben.
    Die Anwälte erledigten den Papierkram. Aber diese Paragraphenreiter taten es mit ernsten Gesichtern, erhobenen Zeigefingern und unter unzähligen Warnungen. Sie konnten mir die Sache jedoch nicht vermiesen, ich stand zu meinem Entschluß. Was für eine Wahl hatte ich denn schon?
    Aber ihre Warnungen wurden später zu einem wichtigen Bestandteil meines tiefgekühlten Alptraums. Sie argumentierten, zum Beispiel, daß eine Inflation mein gesamtes Vermögen auffressen könnte. Und wovon sollten dann die Kosten für meine Tiefkühlung berappt werden? Daran war etwas Wahres. Was für ein schrecklicher Gedanke, daß meine Verflossenen und deren unersättliche Bälger mit einer gerichtlichen Verfügung erwirken könnten, daß ich vorzeitig aus dem Kälteschlaf geweckt wurde, damit ich für ihren Lebensunterhalt aufkam.
    Diese Klippe, glaube ich, haben die Anwälte mit der Bestimmung umschifft, daß alle meine Hinterbliebenen von meinen Tantiemen zehren sollten und darüber hinaus erst nach meiner Wiedererweckung und Heilung weitere Ansprüche stellen durften. Damit traf ich zwei Fliegen auf einen Schlag. Denn nicht nur, daß ich die Ansprüche der Erbschleicher abgolt, erreichte ich durch die prozentuelle Beteiligung, daß sie sich um Neuauflagen meiner Werke kümmerten und so für eine Belebung meines Namens sorgten. Natürlich würde auch Dr. Benkser dahinter sein, denn auch seine Gesellschaft war mit fünf Prozent beteiligt. Die Gefahr, daß mich jemand aufweckte, damit ich für ihn Geld verdiente, glaubte ich dadurch gebannt. Und wer hatte schon etwas davon, meinen Kälteschlaf vorzeitig zu stören, wenn ich nach einem halben Jahr dann doch abkratzen würde. Nein, so war es die beste Lösung für alle Teile. Die anderen hatten das Geld, und ich meine Chance.
    Von Ruhe oder Frieden zu sprechen, wäre jedoch übertrieben gewesen. Mein Gehirn ersann immer wieder neue Hirngespinste, um mich zu schocken. Kaum hatte ich mich beruhigt, präsentierte es mir schon wieder neue Wenn und Aber. Etwa diesen schaurigen Gedanken: Was wäre, wenn irgend so ein Eierkopf eine Erfindung machte, mein Gehirn anzuzapfen und Bestseller schreiben zu lassen. Schön und gut, ich könnte der Hölle meines Alptraums entfliehen, schreiben war mein Leben! Aber andererseits wäre dann wiederum niemand interessiert, mich jemals aus dem Kälteschlaf zu wecken. Alle würden bestens davon leben, daß ich blieb, wie und wo ich bin.
    Lächerlich, wozu gab

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