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Gib's mir

Gib's mir

Titel: Gib's mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Lloyd
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verkennen, dafür, dass er sich weigerte, sich die Wirklichkeit unserer Situation einzugestehen.
    Aber hier ging es nicht um irgendeine Beziehung zu irgendeiner Person. Es ging um ein Spiel mit Ilya, auf das ich mich eingelassen hatte – ein Spiel, das irgendwann ganz gehörig entgleist war.
    Vielleicht versuchte er einfach nur, uns wieder zurück auf die vereinbarten Schienen zu bringen.
    Oder ich hatte mich getäuscht, und wir waren uns überhaupt nicht nähergekommen. Ich hatte einfach die Krankenschwester und die Hure für ihn gespielt, als man ihn zusammengeschlagen hatte. Ich hatte das alles missverstanden. Er war gar nicht warm und gefühlvoll gewesen, nicht offen für Gefühle, nicht herzerwärmend zerbrechlich, empfindlich und bedürftig. Er war nur ein kleines bisschen angeschlagen gewesen.
    Egal. Wenn er hart und herzlos sein konnte, dann konnte ich es auch.
    «Also, wie lautet die Adresse?», fragte ich knapp.
    Ich notierte mir alles, verabredete eine Zeit, legte auf und saß dann eine Weile lang einfach nur so da und dachte nach.
    Luke kam nicht aus dem Schlafzimmer heraus. Hinter der geschlossenen Tür hörte man Musik – irgendein Umpf-Umpf-Zeugs, was bedeutete, dass er mein Radio auf einen anderen Sender umgestellt haben musste.
    Ich war sauer auf mich selbst, weil ich Ilya nachgegeben hatte. Ich wünschte, ich hätte die Stärke gehabt zu sagen: «Scher dich zum Teufel, so kannst du mich nicht behandeln. Das mache ich nicht mit.»
    Aber ich war eine Sklavin meiner zerstörerischen Lust. Ich steckte schon viel zu tief drinnen, als dass mein Stolz dagegen noch irgendeine Chance gehabt hätte.
    Ich überlegte, ob ich einfach zu ihm gehen sollte, ohne die Hure zu spielen. Mich aufzumachen zu diesem schmuddeligen Bed & Breakfast, aufgetakelt wie eine Nutte, und mich dort von einem Mann mit einem Herzen aus Eis wie den letzten Dreck behandeln zu lassen war gleichbedeutend mit dem Einverständnis, mir meine Verdorbenheit auch noch unter die Nase reiben zu lassen. Ich war schon tief genug gesunken. Ich sollte lieber die Initiative ergreifen, mich an meinen eigenen Haaren aus diesem Sumpf wieder rauszuziehen. Ich sollte ihm beweisen, dass ich mich nicht mehr jedem seiner Wünsche unterwerfen würde.
    Würde die Geste deutlich genug ausfallen, wenn ich einfach nur Jeans und Turnschuhe anziehen würde? Wohl kaum.
    Meine Gedanken rasten, suchten nach einer Idee, wie ich einen ersten Sieg über ihn erringen könnte. Meine Rachegelüste wurden immer größer, aber mir fiel einfach nichts ein, womit ich sie hätte befriedigen können.
    Dann klickte es: Das war’s – köstlich und gemein.
    Als ich hinüberging in mein Schlafzimmer, verschwendete ich kaum einen Gedanken darauf, wie schrecklich ausbeuterisch meine Idee war oder wie Ilya überhaupt darauf reagieren würde. Ob er mich mit «Tintenfisch» konfrontieren würde? Hatte das Wort zwischen uns überhaupt noch seine vereinbarte Bedeutung?
    Nun, wenn es die hätte, und er würde «Tintenfisch» sagen, dann würde das lediglich beweisen, wie wenig ich ihm bedeutete. Und wenn das der Fall wäre, dann wäre es auch höchste Zeit, dass wir wieder unserer eigenen Wege gingen.

    Ich traf Luke im Great Eastern , einer engen Kneipe, in der Massen von Büchern standen, etwa in der Mitte zwischen unseren beiden Wohnungen. Ich hatte mein schwarzes enges Kleid an und meine Geisha-Sandalen; in meinen Augen keine Schlampenklamotten, außer dem dünnen roten Höschen, das ich drunter trug. Wir tranken ein paar Whiskys, die unseren Mut stärkten, und gingen dann hinaus in die Septembernacht.
    Ich war aufgeregt und gespannt, und genauso ging es Luke – aber aus sehr unterschiedlichen Gründen.
    Luke dachte, ich wollte ihm helfen, mehr über seine bisexuellen Neigungen herauszufinden; er dachte, wir würden einen Freund treffen, der vielleicht Interesse daran hätte, ein bisschen was mit ihm anzustellen. Wir würden alles auf uns zukommen lassen, sagte ich ihm, da ich nicht ganz sicher sei, wie mein Freund Ilya darauf reagieren würde. Er sagte, das sei schon okay, manchmal würde er allerdings, wenn’s so weit sei, ein bisschen den Mut verlieren und plötzlich irgendwie verklemmt sein. Dann könnte ich ja eingreifen und mitmachen, sagte ich. Dann könnten wir’s zu dritt tun, damit alles glattgeht. Vertrau mir, Luke, es wird super.
    Oh, ich war wirklich eine falsche Schlange.
    Aber ich wollte zur Abwechslung mal die Oberhand behalten, und Luke, der arme Luke, war einfach

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