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Gib's mir

Gib's mir

Titel: Gib's mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Lloyd
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Ich hab ihnen doch gesagt, sie müssten mal hier suchen gehen.»
    Bitte guck dich ein bisschen um, dachte ich. Gib mir die Gelegenheit zu entscheiden, was ich machen will. Ich erinnerte mich noch gut an Ilyas Ärger bei dem Mal, wo ich ihm gefolgt war. Er hatte mich beschuldigt, eine merkwürdige Besessene zu sein. Ich wollte so eine Scheißsituation nicht noch einmal erleben.
    Jenny strich über den Tisch. «Er ist allerdings in keinem besonders guten Zustand, oder?», stellte sie fest.
    «Jen», sagte ich. «Lass mich mal eben kurz zurückspringen zu einem der Läden, in denen wir gerade waren. Wird nicht lange dauern. Bleibst du hier in der Nähe?»
    «Ich komm gleich nochmal mit», sagte sie und beugte sich herunter, um die Tischbeine in Augenschein zu nehmen.
    «Nein», widersprach ich. «Ist schon okay so. Lass mal. Ich hab nur gerade … was gesehen.» Ich suchte händeringend nach einer Erklärung, die sie ablenken sollte, falls ich gleich etwas total Merkwürdiges tun müsste, zum Beispiel abtauchen. Da hatte ich eine Idee.
    «Jemand ganz Spezielles hat bald Geburtstag», erklärte ich und bekam plötzlich eine ganz geheimnisvolle Stimme. «Und ich habe da was entdeckt, was ihr vielleicht gefallen könnte. Du bleibst also besser, wo du bist.»
    Jenny strahlte. «Nun, wenn das so ist, lass dir ruhig Zeit. Du hast doch bestimmt noch was von dem Geld, das Shaun dir gegeben hat, oder?»
    Ich gab ihr irgendeine scherzhafte Antwort und entfernte mich dann. Was es wirklich richtig, was ich gerade tat?
    Als ich mich dem Lager näherte, entschloss ich mich, die Sache am besten locker anzugehen. So würde ich nicht riskieren, dass er dachte, ich würde ihm heimlich folgen, um ihn auszuspionieren, wenn er mich entdeckte. Ich würde ihm gleich erzählen, dass ich ihn gesehen hatte, und das mit einem kleinen Scherz darüber verbinden, dass er immer so geheimnistuerisch ist.
    Hoffentlich würde er nicht gleich wieder so ausflippen wie beim ersten Mal. Aber das glaubte ich eigentlich nicht; wir kannten uns ja inzwischen schon etwas besser.
    Ilya stand nicht mehr in dem großen, fast quadratischen Garagentor. Hatte er mich auch gesehen und war nach drinnen verschwunden? Es schien überhaupt niemand da zu sein, also trat ich vorsichtig ein.
    Der Fußboden bestand aus Kopfsteinen, und zu beiden Seiten waren Möbel aufgetürmt, was den Raum eher wie einen Flur wirken ließ. Es war eine ziemliche Menge Ramsch, die dort herumstand: ein geblümter Sessel, aus dem Schaumgummiflocken quollen, ein kaputtes Bücherregal, irgendwelche klobigen Teile, die mit grünen Planen abgedeckt waren, ein riesiger, blinder Spiegel.
    Der Korridor erweiterte sich zu einem größeren Raum, in dem Berge von Holzmöbeln lagerten und in den hell das Sonnenlicht schien, da das Dach aus Wellplastik bestand. Zwei steinerne Löwen starrten mich unverwandt an. Hoch an der gegenüberliegenden Wand, neben einer braunen, verwitterten Efeuranke, hing ein Schild, auf dem stand: EINTRITT NUR FÜR HÄNDLER UND EXPORTEURE.
    Ich fühlte mich ein bisschen unbehaglich. Hieß das, Otto Normalstöberer war hier nicht willkommen? Vielleicht war «Eintritt nur für Händler» auch ein Code für «Eintritt nur für Kleinkriminelle»? Oder bildete ich mir bloß ein, dass es im Antiquitätengeschäft nur so von unseriösen Typen, gestohlener Ware und Fälschungen wimmelte?
    Bestimmt nicht. Denn je genauer ich mich umsah, desto mehr schien sich dieser Mythos zu bewahrheiten. Eine Menge der Möbel dort war von guter Qualität: stabil, gut gepflegt, fein gearbeitet – jene Art von Möbeln, die man in schicken Antiquitätenläden zu finden erwartet. Das passte irgendwie nicht zusammen mit den Listen von Kinder-Billardtischen und Billigarmaturen, die an der Wand hingen. Dieser Laden roch eher nach Leuten, die auf unsaubere Art ihr Geld verdienten, als nach solchen, die Ahnung von Antiquitäten hatten. Hier bekäme man gewiss nicht zu hören: «Ein schönes Beispiel neoklassizistischen Stils», sondern eher: «Na, das ist aber mal ’n hübsches Stück Holz, Schätzchen.»
    Bestimmt, dachte ich bei mir, gibt es irgendwo ein paar verschnupfte vornehme Herrschaften, denen diese Sachen irgendwann mal gehört haben.
    Gehörte Ilya wirklich zu dieser Szene hier?
    Ich schlenderte weiter in einen angrenzenden Raum. Das Dach dort bestand aus Balken, die hoch hinaufragten, wie in einer Scheune, und es roch muffig und feucht. Zwischen den größeren Möbelstücken standen in der Mitte

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