Gideon Crew 01 - Mission - Spiel auf Zeit
bestätigen, dass wir als Auftragnehmer des Ministeriums rechtmäßige und patriotische Arbeit für das Land leisten.«
»Ich würde zu so jemandem niemals durchgestellt werden.«
»Wenn Sie meinen Namen nennen, werden Sie direkt durchgestellt.«
Gideon rührte die Visitenkarte nicht an. Er blickte zu Glinn. In dem Bürozimmer breitete sich Stille aus. Hunderttausend Dollar. Eine hübsche Summe, aber der Auftrag steckte offensichtlich voller Schwierigkeiten. Gefahren. Und Glinns Vertrauen in ihn war leider fehl am Platze.
Er schüttelte den Kopf. »Mr. Glinn, bis vor einem Monat habe ich ein Leben wie in einer Warteschleife geführt. Ich hatte etwas, was ich zu Ende bringen musste. Meine ganze Kraft und Energie ist in diese eine Sache geflossen. Jetzt bin ich frei. Ich muss sehr viel nachholen. Ich will Freundschaften schließen, mich niederlassen, heiraten, eine Familie gründen. Ich möchte meinem Sohn das Fliegenfischen beibringen. Ich habe jetzt alle Zeit der Welt. Dieser Job, den Sie mir da anbieten – nun, er hört sich in meinen Ohren irre gefährlich an. Ich bin so viele Risiken eingegangen, dass es für ein Leben reicht. Verstehen Sie? Ich bin an Ihrem Auftrag nicht interessiert.«
Ein noch längeres Schweigen breitete sich in dem Zimmer aus.
»Ist das endgültig?«, fragte Glinn.
»Ja.«
Glinn warf Garza einen kurzen Blick zu und nickte. Garza griff in seine Aktentasche, zog eine Mappe daraus hervor und legte sie auf den Tisch. Es handelte sich um eine Krankenakte, versehen mit einem roten Etikett. Als Glinn die Mappe aufschlug, kamen mehrere Röntgenbilder, CT -Schichtaufnahmen und eng beschriftete Laborberichte zum Vorschein.
»Was ist das?«, sagte Gideon. »Wessen Röntgenbilder sind das?«
»Ihre«, erwiderte Glinn betrübt.
14
Von einem bangen Gefühl erfüllt, nahm Gideon die Krankenakte in die Hand. Die Namen waren aus den Röntgenbildern und Schichtaufnahmen herausgeschnitten und in den Laborberichten geschwärzt worden.
»Was zum Teufel ist das? Woher haben Sie die?«
»Aus dem Krankenhaus, in dem Sie wegen Ihrer Messerwunde behandelt wurden.«
»Was soll das heißen?«
»Im Zuge der Diagnoseverfahren und der Behandlung Ihrer Verletzung wurden die üblichen Tests durchgeführt: Röntgenaufnahmen, Kernspinuntersuchungen und Blutproben. Weil Sie unter anderem eine Gehirnerschütterung erlitten hatten, richteten sich einige der Untersuchungen auf Ihren Kopf. Und dabei machten die Ärzte einen sogenannten Zufallsbefund. Sie diagnostizierten bei Ihnen eine arteriovenöse Missbildung, genauer gesagt: eine als ›Aneurysma der Vena Galeni‹ bekannte Erkrankung.«
»Was zum Teufel ist das?«
»Ein abnormes Gewirr von Arterien und Venen im Gehirn, von dem auch die Große Gehirnvene betroffen ist. Die Krankheit wird in der Regel vererbt und verläuft im Normalfall bis ungefähr zum zwanzigsten Lebensjahr ohne Symptome. Und dann macht sie sich, äh, nachhaltig bemerkbar.«
»Ist sie gefährlich?«
»Sehr.«
»Und wie sieht die Behandlung aus?«
»In Ihrem Fall befindet sich das Aneurysma, diese Aussackung im Arterienring, tief im Gehirn. Es ist inoperabel. Und führt ausnahmslos zum Tod.«
»
Zum Tod?
Wie? Wann?«
»In Ihrem Fall ist die beste Schätzung, dass Sie noch ein Jahr zu leben haben.«
»Ein Jahr?« Gideon wurde schwindlig. »Ein
Jahr?
« Er versuchte, die nächste Frage herauszubekommen. Gallenflüssigkeit stieg ihm bis in den Hals.
Glinn redete ungerührt, in völlig neutralem Tonfall weiter. »In der präziseren Sprache der Statistik ausgedrückt: Die Chance, dass Sie von jetzt an zwölf Monate überleben, liegt bei ungefähr fünfzig Prozent; achtzehn Monate, dreißig Prozent; zwei Jahre, weniger als fünf Prozent. Das Ende kommt meistens ziemlich schnell, mit geringer oder überhaupt keiner Vorwarnzeit. Im Normalfall zeigen sich bis zu dem Zeitpunkt weder Beeinträchtigungen noch Symptome, und die Erkrankung verlangt auch keinerlei körperliche oder dietätische Einschränkungen. Mit anderen Worten: Sie werden noch ungefähr ein Jahr lang ein ganz normales Leben führen – und dann werden Sie sehr, sehr schnell sterben. Die Krankheit ist unheilbar, wobei in Ihrem Fall, wie gesagt, keinerlei Behandlungsmöglichkeiten bestehen. Es ist nur eine dieser schrecklichen Endgültigkeiten.«
Es war ungeheuerlich. Gideon starrte Glinn an und fühlte, dass ihn eine fast unbeherrschbare Wut überkam. Er sprang auf. »Was ist das hier, eine Erpressung? Wenn ihr Mistkerle meint,
Weitere Kostenlose Bücher