Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gideon Crew 01 - Mission - Spiel auf Zeit

Gideon Crew 01 - Mission - Spiel auf Zeit

Titel: Gideon Crew 01 - Mission - Spiel auf Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
Vom Netzwerk:
Luftumwälzungsanlage zischte; der Geruch in dem Raum war so stark, dass Gideon das Gefühl hatte, davon umhüllt zu werden.
    Zehn Minuten. Er sollte jetzt besser in die Gänge kommen. Er zog die Röntgenbilder hervor und überprüfte nochmals die Lage des Drahts. Er befand sich an der Innenseite des linken Oberschenkels, wo Wu mühelos an ihn herangekommen wäre. Aus demselben Grund würde der Draht nicht tief im Bein stecken. Mit etwas Glück würde die Narbe oder das kleine Einstichloch, wo der Draht implantiert worden war, noch erkennbar sein – vorausgesetzt, der Zustand der Haut hatte sich in den letzten fünf Tagen nicht allzu sehr verschlechtert. Gideon holte tief Luft, dann streckte er den Arm aus und ergriff den Reißverschluss. Er fühlte sich wie ein kleiner kalter Wurm zwischen Daumen und Zeigefinger an. Gideon zögerte, holte nochmals Luft. Und dann zog er den Reißverschluss herunter, und zum Vorschein kamen das Gesicht, die nackte haarlose Brust, der Y-Schnitt, der nach der Obduktion krude wieder zusammengenäht worden war. Der Leichnam war schlecht gesäubert worden: Schlieren und Brocken von verkrustetem Blut, verschiedene Fäden. Zahlreiche Schnitt- und Risswunden waren zu sehen, die sorgfältiger zusammengenäht worden waren, offensichtlich im Mount Sinai und zu der Zeit, als Wu noch am Leben war.
    Der Geruch raubte ihm fast den Atem.
    Mit der linken Hand zog er das Teppichmesser aus der Tasche, wischte es trocken und schob die Klinge heraus. Jetzt galt’s. Mit einem letzten Ruck zog er den Reißverschluss bis ganz nach unten – und war schockiert und sprachlos.
    »Die Beine!«, rief er. »Was zum Teufel
ist mit den Beinen passiert?
«

55
    Einige Querstraßen nördlich vom Port Authority Bus Terminal und ganz nahe am Hudson River stand ein mächtiges, fast fensterloses zehnstöckiges Gebäude aus braunem Kalkstein, das einen kompletten Häuserblock einnahm. Einst hatte es die Spinnerei und Zentrale der
New Amsterdam Blanket and Woolen Goods Corporation
beherbergt. Später, als das Unternehmen pleiteging, kaufte eine Investmentfirma das Gebäude und baute es zu einem Selbstlagerzentrum um. Als dieses in Konkurs ging und wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden war, wandelte die Stadt die Selbstlagerboxen mit nur geringen Modifikationen in »vorübergehende« Unterkünfte für Obdachlose um. Offiziell bekannt als die
Abram S. Hewitt Transitional Housing Facility
, inoffiziell als die »Ameisenfarm«, bot das riesige Haus am Kliff Unterkünfte für Tausende Desillusionierte und Entrechtete.
    Nodding Cranes Unterkunft lag im sechsten Stock der Ameisenfarm. Sie eignete sich ideal für seine Zwecke. Bekleidet mit seinem schmuddeligen Mantel und speckigem Hut, mit tief gesenktem Kopf, war er von den anderen Bewohnern fast nicht zu unterscheiden, der verbeulte Gitarrenkasten das Einzige, das ihn aus diesem schäbigen, elenden Milieu ein wenig heraushob.
    Um viertel vor drei Uhr morgens ging er durch den schmalen Flur im sechsten Stock, an einer Lagerbox nach der anderen vorbei, jede verschlossen mit einem Rolltor mit einer mit Schablone gemalten Nummer darauf, während ihm sein Gitarrenkasten leicht gegen die Beine schlug. Aus den Räumen hinter den Metalltüren drangen Hustengeräusche, Schnarchlaute und andere weniger leicht bestimmbare Geräusche. Als er endlich an seiner Box ankam, öffnete er das Vorhängeschloss mit einem Schlüssel, schob das Rolltor hoch, trat geduckt hindurch, ließ die Tür wieder herunter und legte einen Sicherheitsriegel vor. Er griff nach oben, zog an der Kordel, um die nackte Glühbirne einzuschalten, dann blickte er sich um. Das schmale Fenster ging zu einem dunklen Luftschacht hinaus.
    Er wusste, dass in den winzigen Raum nicht eingebrochen worden war. Er hatte das zur Verfügung gestellte Vorhängeschloss durch ein viel besseres ersetzt, das er gekauft hatte, mit fünf Stiftreihen und einem Edelstahlbügel, und es war nicht angerührt worden. Dennoch, alles zu inspizieren war für ihn so natürlich wie Atmen. Es stand kaum etwas in dem Raum: ein Futon, frisch gemacht; ein abgewetzter Lederkoffer; eine Reispapiermatte; ein Kasten mit Literflaschen Mineralwasser; einige Rollen Papiertücher. In einer Ecke standen ein tragbarer CD -Player und ein Stapel vielbenutzter Blues-CDs; in einer anderen eine kleine Reihe Taschenbücher. Nodding Crane las am liebsten Hemingway, Twain und die Kampfkunst-Literatur der Tang-Dynastie:
Fengshen Yanyi; Gesetzlose der Marsch
.
    In dem

Weitere Kostenlose Bücher