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Gideon Crew 02 - Countdown - Jede Sekunde zählt

Titel: Gideon Crew 02 - Countdown - Jede Sekunde zählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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wenig protzigen Herrenschmuck und einen großen Koffer.
    Er bezahlte mit einem Teil von Alidas Bargeld, fuhr den Block hinunter zu einem Kostümverleih und kaufte Hautkleber, Grundierung, Schminke, Blei- und Buntstifte, Stylinggel, Nasen- und Narbenwachs, eine Glatzenperücke, ein paar Haarteile, einen falschen Bart, eine Bauch-Prothese und ein paar Wangenteile. Er hatte keine Ahnung, ob er irgendetwas davon verwenden könnte, ebenso wenig, was er brauchen würde, also kaufte er alles.
    Dann fuhr er weiter nach Süden auf der Cerrilos zum Stadtrand, wo er ein anonymes Hotel fand, das so aussah, als vermiete es Zimmer auch stundenweise. Mit Hilfe eines schnellen, etwas dick aufgetragenen Make-ups verwandelte er sich in einen kleinen Zuhälter, was ganz gut zu dem schwarzen Jeep Unlimited passte, den er fuhr. Der Motel-Angestellte zuckte mit keiner Wimper, als Gideon in bar für eine Stunde bezahlte und behauptete, er habe seinen Ausweis verloren, dem Mann zwanzig Dollar Trinkgeld gab und ihm auftrug, er solle Ausschau halten nach einer »eleganten jungen Dame«, die natürlich nie eintreffen würde.
    Er lud alle Theater-Utensilien in den Koffer, dazu Blaines Computer, ging zum angemieteten Zimmer, breitete die Kleidungsstücke auf dem Bett aus und begann, sie zu verschiedenen Verkleidungen zusammenzustellen und zu kombinieren. Ähnliche Verwandlungen hatte er schon viele Male durchlaufen.
    Während seiner Zeit als Kunstdieb hatte er in der Regel kleine Privatmuseen und Kulturvereine ausgeraubt, und das bei Tage, wenn sie zwar offen, aber fast menschenleer waren. Nach den ersten paar Einbrüchen machte er das immer verkleidet, und im Laufe der Jahre wurde er immer besser darin. Eine gute Verkleidung bedeutete weitaus mehr als nur eine äußere Erscheinung; es ging darum, einen neuen Charakter anzunehmen, anders zu gehen, auf eine neue Weise zu sprechen, ja sogar anders zu denken. Es war die reinste, raffinierteste Form des Method Acting.
    Doch die tatsächliche neue Persona zu kreieren, das war nie leicht. Sie musste subtil sein, glaubhaft, nicht übertrieben, aber trotzdem ein paar auffällige Details aufweisen, an die sich ein Durchschnittsmensch erinnern würde und die entscheidend waren, um die Ermittler in die Irre zu führen. Ein völlig unscheinbarer Charakter wäre Zeitverschwendung, ein zu exzentrischer Charakter hingegen könnte zu sehr auffallen. Die Vorgehensweise erforderte Zeit, Nachdenken und Phantasie.
    Während er die Kleidung sortierte, erst ein Hemd auslegte, dann ein anderes, sie mit verschiedenen Hosen und Schuhen kombinierte, begann sich in Gideons Kopf ein Charakter abzuzeichnen – ein Mann Mitte vierzig, aus dem Leim gehend, kürzlich geschieden, die Kinder aus dem Haus, arbeitslos, der sich auf einer Autoreise durchs Land wiederfinden und erneuern wollte. Eine melancholische Art von Odyssee auf dem Highway. Er müsste sich als Autor entwerfen – nein, besser: als angehender Autor. Er würde sich Notizen über seine Reise machen, bereit, seine Beobachtungen über Amerika mit jedem zu teilen, dem er zufällig begegnete. Gleich am ersten Tag sei ihm das Portemonnaie gestohlen worden, deswegen habe er keinen Ausweis, was aber irgendwie cool sei, eine Art von Freiheit, eine willkommene Befreiung von den Fesseln der Gesellschaft.
    Jetzt, da er den Charakter entworfen hatte, stellte er rasch das Outfit zusammen: Loafers, schwarze Jeans, L.-L.-Bean-Oxford-Nadelstreifenhemd, Bill-Blass-Sportsakko, Glatzenperücke mit einem recht langen Haarkranz, ein wenig verlebte Gesichtszüge, die den Trinker verrieten, Ray-Ban-Brille, einen Pendleton-»Indy«-Hut mit breiter Krempe. Eine kleine, aber deutlich zu erinnernde diamantenförmige Narbe auf der rechten Wange und ein moderater Bauch vervollständigten das Bild.
    Eine neue Persona zu kreieren und eine passende Verkleidung dazu zu finden, das fühlte sich gut an. Und so konnte er – wenigstens ein paar Minuten lang – Alida vergessen.
    Als er fertig war, widmete er sich dem Computer und startete ihn. Er war, wie Gideon vermutet hatte, passwortgeschützt, und seine wenigen lahmen Versuche, das Passwort zu erraten, scheiterten. Und selbst wenn er das Passwort knackte, es würde ohne Zweifel weitere Sicherheitsebenen geben. Blaines Plan befand sich möglicherweise auf dem Computer, aber dazu musste Gideon erst mal Zugang erhalten.
    Aber er hatte jetzt keine Zeit, sich damit zu befassen. Er legte den Laptop in den Koffer zu den anderen Sachen, verließ

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