Gideon Crew 02 - Countdown - Jede Sekunde zählt
glaube nicht. Es geht mir wirklich bestens.«
Millard schüttelte wieder den Kopf. »Nein. Nein, Sie wirken erschöpft. Ich weiß Ihren Teamgeist ja zu schätzen, aber ich kann nicht zulassen, dass Sie sich weiter derart überarbeiten.« Er hielt inne, als bereite er sich auf den Todesstoß vor. »Sie müssen Urlaub nehmen.«
»Sie haben mir bereits gesagt, dass ich ein paar Tage freinehmen soll.«
»Es gehr hier nicht – wie soll ich sagen? – um eine kurze Pause. Ich möchte, dass Sie sich eine ernstzunehmende Auszeit nehmen, Agent Fordyce.«
Das war’s, der Satz, mit dem er schon gerechnet hatte. »Auszeit? Wieso?«
»Damit Sie die Batterien wieder aufladen können. Die Dinge wieder in einem objektiven Licht sehen können.«
»Von was für einem Zeitraum sprechen wir genau?«
Millard zuckte mit den Achseln. »Das ist im Moment etwas schwer zu sagen.«
»Auszeit« nannte Millard das also. Tatsächlich handelte es sich um eine unbefristete Freistellung. Fordyce war da sicher. Wenn er etwas unternehmen wollte, dann musste er das jetzt tun – sofort. Sie hatten nur noch einen Tag.
»Novak hat Dreck am Stecken.«
Das war eine derart aus dem Zusammenhang gerissene Bemerkung, dass Millard stutzte. »Novak?«
»Novak. Der Sicherheitschef für das Tech-Areal dreiunddreißig. Er hat Dreck am Stecken. Laden Sie ihn vor, drehen Sie ihn durch die Mangel, tun Sie, was nötig ist.«
Langes Schweigen. »Vielleicht sollten Sie mir das lieber erklären.«
»Novak pflegt einen Lebensstil, der seine finanziellen Mittel bei weitem übersteigt. Luxuskarossen, ein großes Haus, Perserteppiche, alles bei hundertzehntausend im Jahr. Seine Frau ist nicht berufstätig, und es gibt auch keine Erbschaft.«
Millard sah ihn von der Seite an. »Und warum ist das wichtig?«
»Weil es nur einen Menschen gibt, der diese E-Mails in Crews E-Mail-Account einschmuggeln konnte, und das ist Novak.«
»Und woher wissen Sie das alles?«
Fordyce atmete durch. Er musste es sagen. »Ich habe ihn vernommen.«
Millard starrte ihn an. »Das ist mir bekannt.«
»Wieso?«
»Novak hat sich beschwert. Sie sind ohne Befugnis nach Mitternacht bei ihm zu Hause hereingeplatzt, ohne sich an die Vernehmungsvorschriften zu halten. Was hatten Sie denn erwartet?«
»Mir blieb keine andere Wahl. Uns läuft die Zeit davon. Fest steht: Der Mann hat die Ermittler angelogen, hat ausgesagt, dass es nicht möglich sei, diese E-Mails unterzuschieben. Dabei hat er vergessen zu erwähnen, dass er der Einzige ist, der das getan haben konnte.«
Millard schaute ihn lange und fest an, die Lippen zusammengepresst. »Wollen Sie damit sagen, dass Novak Crew die Sache angehängt hat? Wegen Geld?«
»Ich sage nur, dass der Mann Dreck am Stecken hat. Laden Sie ihn vor, drehen Sie ihn durch –«
Millards Lippen wurden geradezu unsichtbar. »Mr. Fordyce, Sie tanzen aus der Reihe. Ihr Verhalten ist inakzeptabel, und Ihre Forderungen sind unanständig und, offen gesagt, empörend.«
Fordyce hielt es nicht mehr aus. »Unanständig? Millard, morgen ist N-Day. Morgen! Und Sie wollen, dass ich –«
Vom Haupteingang her war ein lauter Tumult zu hören. Ein Mann rief irgendetwas, die schrille Stimme hallte in dem Lagerhaus wider und hob sich über das Durcheinander von Stimmen, die umherschwirrten. Offenbar war der Mann gerade eben hereingebracht worden, und während er seine Empörung herausschrie, hörte Fordyce unzusammenhängende Anschuldigungen hinsichtlich Polizeibrutalität und Regierungsverschwörungen. Eindeutig ein Verrückter.
Und dann hörte Fordyce Gideons Namen, der sich unter die Satzfetzen mischte.
»Was soll das?« Millard sah ihn wieder scharf an. »Sie gehen nirgends hin. Ich komme gleich zu Ihnen zurück.«
Fordyce ging hinter Millard nach vorn, wo der Mann eine große Gruppe Agenten bestürmte. Voll Entsetzen sah Fordyce, dass es sich um Willis Lockhart handelte, den Sektenführer. Er war anscheinend nicht hereingebracht worden, sondern aus eigenem Antrieb gekommen. Doch welch eine Veränderung: Er war fuchsteufelswild, die Gesichtszüge verhärmt, Spucke auf den Lippen. Den Schimpfkanonaden entnahm Fordyce, dass Gideon Crew in der vorigen Nacht auf der Ranch aufgetaucht war, Lockhart mit vorgehaltener Waffe entführt und zu einem Grab geführt hatte, das er im Wald ausgehoben hatte, ihn misshandelt, gefoltert und damit gedroht hatte, ihn umzubringen, und währenddessen Antworten auf Fragen über Atombomben und Terrorismus und Gott weiß was
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