Gideon Crew 02 - Countdown - Jede Sekunde zählt
als er sich der Ranch näherte, sah er, dass alles ruhig wirkte. Die Gebäude lagen verstreut um eine große Wiese in der Mitte des Geländes, durch das ein sanft dahinplätschernder Bach floss, dazu Gruppen von Bäumen, die diverse Nebengebäude, Scheunen und Pferche verdeckten.
Er bog weit vor der Ranch von der Straße ab, holte seine Dienstwaffe hervor und stieg aus. Fahrzeuge waren keine zu sehen, keine Anzeichen von Leben. Im Schutz der Bäume näherte er sich leise dem Haus, wobei er alle paar Minuten stehen blieb, um zu lauschen. Nichts.
Dann, als er etwa hundert Meter entfernt war, hörte er, wie eine Tür zuschlug und Alida mit langen Schritten aus dem Haus kam. Mit wehendem, langem blondem Haar ging sie über den Hof.
Fordyce trat ins Sonnenlicht, Waffe und Dienstausweis gezückt. »Miss Blaine? Bundespolizei. Nicht bewegen.«
Aber sie warf ihm einen kurzen Blick zu, fiel in Laufschritt und rannte geradewegs in Richtung des dichten Waldes auf der anderen Seite der Wiese.
»Halt!«, rief er. »FBI!«
Daraufhin lief sie nur schneller. Fordyce nahm die Verfolgung auf, spurtete in hohem Tempo. Er war schnell, in ausgezeichneter Verfassung, aber sie flog förmlich. Wenn sie den Wald erreichte, könnte sie ihm auf dem vertrauten Gelände entwischen.
»Halt!« Er verdoppelte seine Geschwindigkeit, sprintete wie ein Verrückter und begann, die Lücke zu schließen. Sie kamen in den Wald hinein, aber er holte weiter auf, und nach einigen hundert Metern war er nahe genug dran, dass er sich von hinten auf sie werfen konnte.
Sie schlugen auf einem Bett aus Kiefernnadeln auf, aber sie wälzte sich und kämpfte wie eine Berglöwin, schrie und schlug, und es erforderte sein ganzes Können und einige in der Schulzeit erlernte Ringergriffe, um sie unten zu halten und unter sich festzunageln.
»Herrgott noch mal, was ist eigentlich Ihr Problem?«, schrie er sie an. »Sie haben verdammtes Glück, dass ich nicht auf Sie geschossen habe.«
»Dafür fehlt Ihnen der Mumm«, gab sie mit hochrotem Gesicht zurück, wütend und immer noch wehrhaft.
»Würden Sie sich bitte beruhigen und mir zuhören?« Er spürte, dass ihm Blut das Gesicht herunterlief, dort, wo sie ihn gekratzt hatte. Gott, sie war wirklich wild. »Schauen Sie, ich weiß, dass man Gideon die Sache angehängt hat.«
Die Gegenwehr erlahmte. Sie sah ihn an.
»Ganz genau. Sie haben richtig gehört. Ich weiß es.«
»Quatsch. Sie sind derjenige, der versucht hat, ihn festzunehmen.« Aber sie sagte das mit etwas weniger Überzeugung.
»Ob Quatsch oder nicht, ich habe meine Waffe auf Sie gerichtet, und deshalb werden Sie mir verdammt noch mal zuhören. Haben wir uns verstanden?«
Sie war ganz ruhig.
»Gut. Also.« Fordyce erklärte ihr kurz seine Überlegungen. Dabei ließ er jedoch Novaks Namen aus dem Spiel und ging auch nicht in die Details – das Letzte, was er brauchte, waren noch mehr Aktionen auf eigene Faust seitens Gideon. Oder seitens Alida.
»Sie sehen also«, sagte er, »ich weiß, dass Sie beide unschuldig sind. Aber niemand will mir glauben, dass die Ermittlungen völlig falsch laufen. Und es liegt an uns, diese Spur auf eigene Faust weiterzuverfolgen.«
»Lassen Sie mich los«, sagte sie. »Ich kann nicht klar denken, wenn Sie auf mir liegen.«
Vorsichtig ließ er sie los. Sie stand auf und schlug sich die Kiefernnadeln und den Staub von der Kleidung. »Gehen wir rein.«
»Ist Gideon im Haus?«
»Nein. Er ist nicht auf der Ranch.«
Er ging hinter ihr her ins Haus, in ein großes rustikales Wohnzimmer mit Navajo-Teppichen an den Wänden, einem Bärenfell auf dem Fußboden und einem Elchgeweih über dem Sims eines großen Steinkamins.
»Möchten Sie etwas?«, fragte sie. »Kaffee?«
»Kaffee. Und ein Pflaster.«
»Kommt gleich.«
Der Kaffee schmeckte köstlich, und während sie nach einem Pflaster kramte, sah er sie verstohlen an. Sie war eine tolle Frau. Wie Gideon. Beeindruckend.
»Was wollen Sie?«, fragte sie und warf ihm eine Pflasterschachtel zu.
»Ich muss Gideon finden. Wir haben diesen Auftrag gemeinsam angenommen, und ich habe vor, ihn zu Ende zu bringen – mit ihm als Partner.«
Sie dachte darüber nach, aber nur einen Moment lang. »In Ordnung, ich bin dabei.«
»Nein, das sind Sie nicht. Sie machen sich ja keine Vorstellung, wie gefährlich das hier werden kann. Wir sind Profis, Sie nicht. Sie würden eine echte Behinderung und eine Gefahr für uns beide darstellen – und für sich selbst.«
Langes
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