Gideon Crew 02 - Countdown - Jede Sekunde zählt
hatte enorm viel Vertrauen in den Hauptmann gesetzt, und er hatte sich nicht getäuscht. Hauptmann Gurulé war der herausragende Mikrobiologe, Vakzinologe und Bioabwehrforscher des USAMRIID, einer der wenigen Menschen mit einer Zutrittsgenehmigung zu den Pockenviren. Ein brillanter Kopf, der an der Penn University sowohl in Medizin als auch Geisteswissenschaften promoviert hatte, mit kompromisslosen politischen Ansichten, kompetent, außerordentlich effizient – der perfekte Verbündete. Ihn anzuwerben war ein sehr langwieriger und mühevoller Prozess gewesen, aber der Hauptmann war für seinen Plan absolut entscheidend.
Das Labor war menschenleer, was sie genau so erwartet hatten. Sicher, jede ihrer Bewegungen wurde auf Video aufgenommen, aber bis sich jemand diese Videos ansah, würde schon die ganze Welt erfahren haben, was sie getan hatten. Die Drohung mit einem nuklearen Terrorangriff hatte ihre Wirkung entfaltet.
In wenigen Minuten hatten sie den rückwärtigen Teil des Labors erreicht, wo die Variola in kryogener Suspensionslösung aufbewahrt wurden, verschlossen in einem Biosafe in einer begehbaren Kammer. Die Tür zu der Kammer war aus Edelstahl und entsprach der eines Bankdepots. Die Kammer wurde, wie Hauptmann Gurulé erläutert hatte, zur Aufbewahrung gefährlicher, exotischer, geheimer sowie genetisch hergestellter Krankheitserreger genutzt.
An der Kammertür tippte Hauptmann Gurulé einen weiteren Code ein, zog seine Karte durchs Lesegerät und drehte eine Zuhaltung. Die Tür öffnete sich mittels elektronisch gesteuerter Angeln, und Blaine und Gurulé betraten die Kammer. Eine Kondensationswolke – es herrschten minus vierzig Grad Celsius hier drinnen – ließ ihre Hauben beschlagen. Blaine spürte schon jetzt, wie ihm die Kälte in die Knochen kroch. Auf einem Ständer neben der Tür hingen dicke Mäntel, aber der Hauptmann bedeutete ihm mit einer Armbewegung weiterzugehen. »Wir sind gleich wieder draußen.«
Mit tiefem Bumm! und dem Klicken von Riegeln schloss sich die Tür automatisch hinter ihnen. Blaine blieb einen Augenblick stehen und wartete, bis das Sichtfenster seiner Haube nicht mehr beschlagen war. Dann schaute er sich um.
Die Kammer war überraschend geräumig, in der Mitte standen mehrere Edelstahltische. Sie gingen an Biotresoren und Schränken vorbei und dann durch eine abgeschlossene Tür in den inneren Käfig der Kammer. Vor der gegenüberliegenden Wand stand, in ein winkliges Eisengestell eingelassen, ein kleiner Biosafe abseits von den anderen, hellgelb angestrichen und mit Biogefahr-Symbolen übersät.
»Bitte bleiben Sie zurück, Sir«, sagte der Hauptmann.
Blaine blieb stehen und wartete.
Der Hauptmann ging zum Safe hinüber, tippte wieder einen Code ein und schob dann einen speziellen Schlüssel in einen Schlitz an der Vorderseite. Als er den Schlüssel drehte, begann eine gelbe Lampe in der Decke der Kammer zu blinken, und ein Alarm ertönte, nicht laut, aber eindringlich.
»Was ist das?«, fragte Blaine beunruhigt.
»Ganz normal«, sagte der Hauptmann. »Der Alarm hält so lange an, wie der Biosafe geöffnet ist. Es gibt niemanden am anderen Ende, der losgeht und nachsehen kommt.«
Auf Regalfächern im Safe sah Blaine kurz die sogenannten »Pucks« – die weißen, kryogen versiegelten Zylinder –, die die tiefgefrorenen, kristallinen Variola enthielten. Er schauderte einen Moment, als er an den tödlichen Cocktail dachte, den jeder Puck enthielt, das ungeheure Ausmaß an Schmerz, Leid und Tod, das in jedem dieser kleinen zylindrischen Behälter eingeschlossen war.
Behutsam zog der Hauptmann einen Puck vom Regal und inspizierte die Ziffer, die auf der Seite eingraviert war. Er nickte bei sich, nahm dann einen weiteren, identischen Puck aus der Tasche seines Schutzanzugs und legte ihn an den leeren Platz auf dem Regal.
Ein Puck, mehr war nicht erforderlich. Die Pucks waren so beschaffen, dass sie das Virus mindestens 72 Stunden in tiefgefrorenem Zustand versiegelt hielten – was ihnen mehr als genug Zeit gab, ihr Ziel zu erreichen.
Der Hauptmann schloss den Safe, arretierte das Schloss, und das Piepen hörte auf. Er ging mit dem Puck zu einem der Edelstahltische. Blaine wusste, was er als Nächstes zu tun hatte, und hielt im Voraus die Luft an. Es würde eine heikle Operation werden.
Nachdem der Hauptmann den Puck auf den Objektträger des Stereozoom-Mikroskops gelegt hatte, untersuchte er mindestens fünf Minuten die Oberfläche des Behältnisses,
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