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Gier

Gier

Titel: Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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war fast leer. Zwei Männer, der eine ungefähr vierzig, der andere etwas älter, saßen in der Nähe der mittleren Türen. Drei Frauen mittleren Alters fuhren vom Einkaufen nach Hause. Wyatt hörte zu, wie sie Friseursalons in Myer und David Jones verglichen. Zwei junge vietnamesische Männer, gut gelaunt und agil, saßen am anderen Ende des Waggons. Wyatt gegenüber stand eine übergewichtige junge Mutter, sie trug Stretchjeans und Mokassins. Sie war nahe dran, die Beherrschung zu verlieren und keifte dem quengelnden Gör im Kinderwagen Koseworte zu. Auf dem Fenster befand sich ein Graffiti, die Schrift herausfordernd und spöttisch.
    Burnley Station stieg er aus und stand vor dem Fahrplan, beobachtete die anderen beim Aussteigen, blickte sich nach Verfolgern um. Er sah die junge Mutter, die sich eine Zigarette anzündete und den Kinderwagen schaukelte. Sie schloß sich einer Gruppe von Leuten am Ausgangstor an, Leuten, die ihre Eltern, Geschwister, Nachbarn sein mochten und die allmählich in leeren, kontrastlosen Straßen verschwanden. Grundloser Stolz und Streitsüchtigkeit war ihre Reaktion auf bittere Armut, dachte Wyatt. Er war in so einem Vorort aufgewachsen. Jeder hatte das Wort Solidarität im Munde geführt, aber Taten hatte er nie gesehen.
    Andere Züge kamen an und fuhren ab. Er verließ den Bahnhof und lief zur Cowper Road, einer engen Straße mit maroden Arbeiterhäuschen und dreckigen Werkstätten. Autos fuhren über Schlaglöcher in der Straße, ließen ölige Pfützen hochspritzen.
    Nummer Neunundzwanzig war ein rostiger Schuppen, etwa dreißig Meter lang. Auf einem Schild über der Tür las er ›Burnley Metall-Verarbeitung‹, auf einem kleineren Schild das Wort ›Büro‹, und ein Pfeil wies auf ein Häuschen aus der Jahrhundertwende, das sich eine Wand mit dem Schuppen teilte.
    Abgesehen von dem spärlichen Rasen und einem angeketteten Alsatian auf der Veranda, gab es kein Lebenszeichen. Die Vorhänge waren aus kitschiger Spitze. Stahlstreben sicherten die Fenster. Wyatt stieg die Stufen zur Tür hoch – den Alsatian aufmerksam im Auge behaltend. Der Hund öffnete und schloß ein Auge, gähnte jaulend und klopfte dabei mit dem Schwanz. Wyatt drückte die Klingel.
    Eine Stimme krächzte durch die Gegensprechanlage: »Ja?«
    »Flood?«
    »Ja.«
    »Ich habe gestern abend angerufen«, sagte Wyatt.
    Er hörte schlurfende Schritte hinter der Tür und ahnte ein Auge hinter dem Spion. Zwei Schlösser wurden geöffnet. Die Tür schwang zurück. Flood, ein kleiner, schäbiger, mit Overall bekleideter Mann sagte nichts, drehte sich um und schlurfte zurück ins Haus. Die Luft war heiß und abgestanden und roch nach Toast und Pfeifenrauch. Wyatt folgte Flood durch ein winziges Wohnzimmer, wo in einem altertümlichen Heizgerät Gasflammen flackerten, in eine Küche auf der Rückseite des Hauses. Der Abwaschtisch aus Keramik war angeschlagen und gelblich verfärbt. Risse im Linoleum waren mit flachgeklopften Obstdosendeckeln zugenagelt worden. Eine scheue Katze beobachtete Wyatt von einem hölzernen Küchenschrank aus.
    »Ich habe mich umgehört«, sagte Flood. »Man sagt, du bist okay.«
    Wyatt antwortete nicht.
    Flood zuckte mit den Achseln. Er hatte ein zerfurchtes Gesicht. Barthaar sproß in Büscheln auf seinen Wangen, als würde er sich ohne Spiegel rasieren und ein dünner, brauner Streifen bedeckte seine Lippen. »Setz dich«, sagte er und zog sich einen Stuhl heran. Es gab noch einen Stuhl, doch Wyatt blieb stehen.
    »Wonach suchst du?«
    »Drei Handfeuerwaffen.«
    »Die Preise liegen bei zweihundertfünfzig Kröten. Hast du soviel?«
    »Ja.«
    »Ich kaufe sie danach zurück – für die Hälfte.«
    Wyatt nickte.
    »Nächste Tür«, sagte Flood.
    Er führte Wyatt hinter das Haus in den Garten, dann durch eine Tür in einen langen Schuppen. Drinnen war es dunkel, die Luft schwer vom Ölgeruch der zerlegten Maschinen und schweren Drehbänke. Kupferwannen, Schrott und Metallspäne waren auf dem Boden verteilt. Schwaches, winterliches Licht durchdrang kaum die schmutzigen Dachfenster. Alles war von Schmiere und Staub bedeckt. Flood bahnte sich seinen Weg durch den Schuppen. Es war ein ungewöhnlicher Ort für so kleine, präzise Instrumente wie Schußwaffen. Wyatt begann bereits, an Flood zu zweifeln, als der die Ecke eines schmutzigen, ölgetränkten Teppichs hochzog, unter dem eine kleine Falltür zum Vorschein kam. Sie kletterten hinunter in eine langgezogene, enge Kammer.
    Wyatt begriff. »Nett«,

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