Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
herausgefunden habt. Und bitte, kümmerst du dich auch darum, dass wir von der zuständigen Telefongesellschaft eine Anrufliste der Brodbecks erhalten? Und vergiss die Verbindungsnachweise von Brodbecks Handy nicht.«
Das alles waren routinemäßige Überprüfungen, von denen sich Kalkbrenner wenig Aufschluss erhoffte. Wer wie Brodbeck etwas verheimlichte und dazu offenbar auch allen Grund hatte, wie die jüngsten Informationen zeigten, der würde ganz sicher nicht den Fehler begehen, seine krummen Geschäfte über den heimischen Telefonanschluss zu tätigen.
Am anderen Ende rief eine Stimme etwas im Hintergrund. »Warte«, sagte Rita. »Sebastian will dich auch noch einmal sprechen.« Sie drückte eine Taste. Musik rieselte aus dem Hörer.
Vor ihm entstieg Sascha der Limousine und ging quer über die Straße auf ein gelb verputztes Gebäude zu. Dort betrat er einen Club im Erdgeschoss. Schaukästen links und rechts der Stahltüren priesen in großen Buchstaben
Heiße Striptease-Girls
an. Die Fotos zeigten barbusige Tänzerinnen in Netzstrümpfen und High Heels.
Candy Girls
stand auf dem kunstvoll verzierten Schild über der Eingangstür.
Bergers Stimme bellte aus dem Handy: »Paul, wie lange brauchst du, um aufs Revier zu kommen?«
»Eine halbe Stunde. Oder auch etwas länger.«
Akten wurden durchgeblättert. »Ich hab was Wichtiges.«
»Was denn?«
»Warte«, sagte Berger und hüstelte. »Es ist …« Papier knisterte und raschelte.
Kalkbrenner hatte arge Bedenken, dass die Info so wichtig war, wenn sein Kollege sie schon wieder vergessen hatte. Er lenkte seinen Blick zurück zu den
Candy Girls.
Plötzlich fiel ein Schatten über seinen Blick, und im gleichen Moment wurde die Tür aufgerissen. Jemand entwand ihm das Handy, das mit einem Scheppern auf dem Asphalt landete. Er wollte die SIG Sauer aus dem Schulterhalfter ziehen, doch zu spät. Vier muskulöse Hände packten ihn am Kragen, an der Schulter und an beiden Armen und zerrten ihn brutal auf die Straße. Eine Hand griff dabei unter seine Jacke und nahm die Waffe an sich.
Er wollte sich wehren, doch es blieb bei dem Versuch. Eine Faust krachte gegen seine Schläfe. Drei grimmige Visagen, kahl rasiert, bleich und drauf und dran, ihn zu Kleinholz zu verarbeiten, verschwammen vor seinen Augen. Wie durch Nebel konnte Kalkbrenner gerade noch eine Stimme verstehen: »Ich dachte, ich hätte mich beim letzten Mal deutlich ausgedrückt!«
63
Die Abdrücke der Metallfesseln zeichneten sich dunkelrot auf Blocks Handgelenken ab. Auch die Striemen der Peitsche bildeten ein kunstvolles Muster auf seiner Haut. Versonnen streichelte er die Spuren der Lust. Manchmal wünschte er sich, sie würden seinen Körper länger zeichnen, denn sie waren der leibhaftige Beweis dafür, dass sich vieles in seinem Leben geändert hatte. Doch in wenigen Stunden würden die Stigmata auf ihm verschwunden sein, genauso wie das Sperma, das auf seinem Bauch trocknete. Dann würde er wieder warten müssen – bis zum nächsten Mal.
Aber bald wird das ewige Warten ein Ende haben.
Er streckte die Hand aus und fand im Zwielicht seines Schlafzimmers ihre zarten, weichen Finger.
Zu seiner Überraschung schreckte sie vor der Berührung zurück. Sie setzte sich neben ihm auf, noch immer in ihrem Lederkostüm. Auch die Stiefel hatte sie nicht ausgezogen. Der Anblick gefiel ihm. Mehr als ihre ernste Miene. Jäh erinnerte er sich. »Du wolltest mit mir reden?«
Sie nickte.
»Wegen deines Mannes, richtig?«
»Es gibt ein Problem.«
»Ich weiß.«
Verwundert sah sie ihn an. Er griff nach dem Controller des großen Flachbildfernsehers, der an der Wand dem Bett gegenüberstand. Er schaltete das Gerät an und zappte von Kanal zu Kanal, bis er einen Lokalsender fand. Ein schmalbrüstiger Reporter stand vor einem Gebäude, das unschwer als das
Café Hermano
zu erkennen war. Er berichtete von einem möglichen Attentat im Rotlichtmilieu.
»Das war kein Attentat, oder?«, flüsterte sie betroffen.
»Was immer es auch war …« Block drückte die Aus-Taste. Das Fernsehbild erlosch. »… es verschafft uns wieder Zeit.«
»Also bleibt es bei unserem Plan: Wir fliegen am Samstag nach der Beerdigung. Dann fällt es am allerwenigsten auf.«
»Aber das Risiko steigt mit jedem Tag, vielleicht sollten wir lieber nicht bis zum Wochenende warten. Ich könnte mir nie verzeihen, wenn dir etwas geschehen würde.«
»Das wird es nicht.«
Erwartungsvoll sah er sie an.
»Ich habe alles vorbereitet. Nur
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