Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
es wieder was mit diesem Portugiesen zu tun hat? Nein, dazu haben sie nichts gesagt.«
Von Hirschfeldt erhob sich von seinem Stuhl. »Ich werde mich kurz …«
»Gar nichts wirst du«, unterbrach ihn Heiland.
Sprachlos plumpste von Hirschfeldt auf den Sitz zurück.
»Ich denke, die Pleite mit Dossantos gestern war fürs Erste genug. Lächerlich war das, auf ganzer Linie.« Verdrossen rieb sich Heiland das Kinn. »Erst deine Geheimniskrämerei, dann deine Verlautbarung der Presse gegenüber:
Dem Gesetz wird jetzt Genüge getan.
Hättest du nicht wenigstens erst mal die Verhandlung abwarten können?« Heiland nahm eine Zeitung zur Hand. »Ich zitiere:
Ein leeres Versprechen!
Na prächtig, genau die richtige Schlagzeile zum Auftakt unserer Regierungsarbeit.«
Vor den Augen aller düpiert, verkniff sich von Hirschfeldt eine Antwort. Die Kollegen am Tisch gossen sich geschäftig Kaffee ein und tranken wichtig aus ihren Tassen. Andere knabberten begeistert an den belegten Brötchen, und noch andere blätterten interessiert in den Papieren auf dem Tisch, als gäbe es sensationell Neues zu lesen. Es waren nur Protokolle, auf deren Grundlage die Gespräche heute fortgesetzt werden sollten, aber allen Anwesenden war die Situation einfach zu peinlich.
Doch Heiland hatte ja recht! Lächerlich hatte er sich gemacht, daran gab es keinen Zweifel. Ein Wunder, dass sich die Kanzlerin noch nicht bei ihm gemeldet und ihm erneut den Kopf gewaschen hatte. Andererseits: Warum sollte sie das tun? Wenn sie keine Verwendung mehr für ihn hatte, würde sie ihn fortan einfach ignorieren.
»Wir müssen uns jetzt beeilen, Frieder«, sagte Heiland, inzwischen wieder etwas ruhiger. »Heute bleibt nicht viel Zeit. Ich hoffe, ihr habt nicht vergessen, dass wir am frühen Nachmittag zur zentralen staatlichen Feierstunde geladen sind, die der Bundesratspräsident zum Tag der Deutschen Einheit in Potsdam ausrichtet?«
Allgemeines zustimmendes Murmeln hob an. Zweieinhalb zähe Stunden später waren alle Senatorenposten verteilt; die CDU musste zugunsten ihres Koalitionspartners Abstriche machen und auf drei Senatorenposten verzichten: Wirtschaft, Gesundheit und Kultur. Heiland bedachte von Hirschfeldt abermals mit einem zornigen Blick. Die
liberalen Fritzen
hatten sich nicht überzeugen lassen.
Von Hirschfeldt räumte sein Amt als Fraktionsvorsitzender. Wie geplant wurde Karl-Edmund als Nachfolger bestimmt. Als dieser noch einmal offiziell gefragt wurde, ob er damit einverstanden sei, reagierte er nicht.
»Karl-Edmund?«, fragte Heiland.
Der Angesprochene schreckte auf. »Ja, bitte?«
»Hörst du uns etwa nicht zu?«
»Doch, doch, ich war nur in Gedanken.«
»Also, bist du damit einverstanden?«
»Womit?«
»Also hast du doch nicht zugehört!«
»Entschuldige, ja.«
»Du übernimmst die Nachfolge von Frieder als Fraktionsvorsitzender.«
Karl-Edmund nickte, schien aber geistig schon wieder ganz woanders zu sein.
Zufrieden rieb sich Heiland die Hände. »Also sind wir uns in diesen Punkten einig. Ich schlage vor, wir machen eine Pause, bevor wir die ersten sachbezogenen Bedingungen unseres Koalitionsvertrages skizzieren.«
Die Runde löste sich auf. Im Flur traf von Hirschfeldt auf Hönig, der sich erneut den Bauch hielt. »Ich glaube, ich habe mir gestern den Magen verdorben.«
»Also nicht nur schlecht geschlafen?«
Karl-Edmund verzog leidend das Gesicht. »Bleibt wohl nicht aus, wenn man Magenschmerzen hat, oder?«
»Warum bist du denn so aggressiv?«
»Du wirkst aber auch nicht gerade entspannt.«
»Ist das nach dem, was gerade passiert ist, ein Wunder?«
»Was?«
»Was ist denn los mit dir? Hast du das nicht mitbekommen? Antons Rüffel?«
»Ach so, das, ja.«
»Ein elendiger Schurke!«, ereiferte sich von Hirschfeldt.
»Wer? Anton?«
»Mein Gott, dieser Dossantos!«
»In der Zeitung stand, dass es einen Kronzeugen gibt, der gegen ihn aussagen wird. Stimmt das?«
»Ja, das stimmt.«
»Und es kommt zur Verhandlung?«
»Natürlich wird es das.« Von Hirschfeldt hielt Ausschau nach Dr. Lothar Lahnstein, dem designierten Justizsenator. Mit ihm würde er auch noch einmal über alles sprechen müssen. »Daran gibt es keinen Zweifel.«
»Hast du nicht Angst, dass Dossantos …«
»Was?«
»Man hört so einiges über den Portugiesen. Ist der Zeuge denn wenigstens in Sicherheit?«
»Selbstverständlich. Warum fragst du?«
»Nur so.«
»Nur so?«
»Na ja.« Karl-Edmund druckste herum. »Ich mach mir Sorgen. Du hast
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