Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
Dossantos tauchte aus dem Schatten auf der Rückbank auf. »Steigen Sie ein!«
»Warum sollte ich?«
»Weil ich etwas von Ihnen wissen möchte.«
»Dann fragen Sie doch Dr. Salm. Meines Wissens kennen Sie sich persönlich.«
Der Portugiese lachte. »Ihr Chef kann mir dabei leider nicht helfen. Allerdings …« Er wurde wieder ernst. »Dr. Salm wird sicherlich nicht erfreut sein, wenn er erfährt, dass einer seiner wichtigsten Ermittler mit Mördern unter einer Decke steckt.«
Kalkbrenner stutzte. »Was soll das heißen?«
Dossantos klopfte mit der flachen Hand auf den Ledersitz. »Jetzt steigen Sie endlich ein.«
Kalkbrenner schaute zu Blocks Wohnung zurück. Ein Leichenwagen hielt vor dem Haus. Im Passat hatte Bernie bereits eine Vorderpfote gegen das Fenster gelegt, als wollte er seinem Herrchen zum Abschied winken. Kalkbrenner gab sich einen Ruck und nahm beklommen neben Dossantos Platz. Bruno schlug die Tür zu, sprang hinters Steuer und fuhr los.
Die Scheiben im Fond waren verdunkelt. Allmählich gewöhnten sich Kalkbrenners Augen an das Zwielicht. Der Portugiese lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. Sein Gesicht war noch immer braun gebrannt, aber der Stress der letzten Tage hatte tiefe Falten hinterlassen. Da konnten selbst Botox-Spritzen und Skalpelle nicht mehr viel ausrichten. »Kennen Sie eigentlich den Film
Spiel mir das Lied vom Tod
?«
»Sie haben also Block auf dem Gewissen!«
Dossantos grinste nonchalant.
»Und Sie haben auch Frau Brodbeck umgebracht.«
»Blocks Geliebte«, sagte der Portugiese. »Oder war es Ihre?«
Kalkbrenner reagierte nicht auf die Häme.
»Männer sind so leicht zu steuern«, klagte Dossantos. »Diese niederen Instinkte!«
»Sie verdienen damit immerhin Ihr Geld.«
Der Wagen glitt über den Ku’damm. Die Schaufenster der Geschäfte waren grell erleuchtet, doch es waren kaum Passanten unterwegs. »Wussten Sie, dass mein Anwalt David Block auch einer dieser notgeilen Perversen war? Natürlich, Sie haben ihn ja in seiner Wohnung gefunden.« Er lachte keckernd. »Block war nicht nur ein bemitleidenswerter Zwerg mit einem lahmen Bein, er war auch einer, der auf ausgefallene Spielchen stand. Ihm gefiel es, wenn man ihn erniedrigte, demütigte, auspeitschte. Solche Sachen eben. Bis er eines Tages in einem meiner Clubs auf Caro stieß. Oder Judith. Oder wie auch immer sie sich da gerade nannte. Caro kannte mich. Und sie kannte ihn. Wusste, was er für mich tat. Also hat sie ihm die große Liebe vorgegaukelt. Ihm all das gegeben, was er sich sein ganzes Leben lang an kranken Fantasien zurechtgeträumt hatte. In Wahrheit war sie nur auf mein Vermögen scharf.«
Kalkbrenner begriff nicht. »Ihr Vermögen?«
»Am Ende war Block, dem ich über viele Jahre wie meinem Sohn vertraut habe, ihr so sehr verfallen, dass er mich um 30 Millionen Euro betrogen hat. Verstehen Sie das?« Er hob in einer dramatischen Geste die Hände. »30 Millionen!« Er atmete durch und sagte noch einmal: »Ja, 30 Millionen!« Als wäre der Betrag nicht auch ohne die Wiederholung eindrucksvoll genug. »Nur Block hatte das Zeug dazu. Er, der mit Zahlen spielen konnte wie kein anderer, der Mittel und Wege wusste, mein Geld zu …« Er zügelte sich selbst. »Dann wollte Block sich mit dieser Schlampe absetzen. Die beiden wollten einfach verschwinden. Von einem Tag auf den anderen. Mit meinem Geld.«
Kalkbrenner begann zu verstehen: »Matthias Brodbeck kam hinter das Geheimnis seiner Frau.«
»Noch viel schlimmer: Er hat Block erpresst.«
»Und Block hat ihn kurzerhand beseitigt.«
»Und alle Zeugen gleich noch dazu.« Dossantos spuckte die Worte regelrecht aus. »Die Schüler, die ihn auf frischer Tat ertappt haben. Die beiden kannten meinen Sohn und auch dessen Anwalt, der wiederum auch mein Anwalt war. Und jetzt ein Mörder. Doch bevor Samuel mir alles mitteilen konnte, brachte Block auch ihn um. Da sehen Sie, wie weit es die Frau mit dem armen Mann getrieben hat. Sie hat ihn zum eiskalten, mehrfachen Mörder gemacht. Widerlich!«
»Widerlich? Ich glaube nicht, dass Sie sich mit mir über Moral unterhalten sollten.«
In Dossantos’ Augen blitzte es gefährlich auf. »Ich verdiene mein Geld rechtschaffen.«
»Ihnen geht es also ums Geld?«
Der Portugiese legte den Finger an den Mund und gab ein versonnenes Summen von sich. »Ja, und genau darüber sollten wir reden.«
»Dann reden Sie! Was wollen Sie von mir?«
»Von Ihnen? Eigentlich nicht sehr viel. Eher möchte ich
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