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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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Chrysler vorfuhr, erstarben die Gespräche.
    Im Wagen rückte sich Dossantos die Krawatte zurecht und strich den Anzug glatt. Es war ein dunkelblauer Einreiher aus Moleskin. Das weiche Maulwurfsfell war heutzutage rar, doch der Portugiese investierte gerne in sein Auftreten. Ein Anzug aus dem Material schmeichelte seinen Körperrundungen, was bei repräsentativen Terminen wie diesem von Vorteil war. »Sitzt alles korrekt?«
    »Perfekt«, bestätigte Claudio.
    Bruno sprang auf die Straße, um sie routiniert nach allen Richtungen zu sichern. Robert, ein ebenso glatzköpfiger Hüne, gesellte sich zu ihm. Gemeinsam öffneten sie die hinteren Wagentüren.
    Dossantos genoss das Blitzlichtgewitter der Fotografen, das losbrach. »Bitte hierher schauen!«
    »Einmal lächeln!«
    »Und jetzt in meine Kamera!«
    »Herr Dossantos«, klang eine unverkennbare sonore Stimme durch das Gebrüll der Reporter. Sie gehörte Klaus Wolkers, dem noch amtierenden Regierenden Bürgermeister von Berlin.
    Der SPD-Politiker schob sich an Bruno und Robert vorbei, reichte Dossantos mit großer Geste die Hand und strahlte mit blitzenden Zähnen in die Kameras. So laut, dass es auch der unaufmerksamste Journalist nicht überhören konnte, sagte er: »Ich möchte Ihnen danken und Ihnen versichern, dass soziales Engagement immer die Unterstützung meiner Fraktion finden wird.«
    Gemeinsam lächelten sie in die Objektive, und Dossantos malte sich derweil die Bildunterschriften aus, die die Zeitungen morgen zu dem Foto drucken würden.
    Als die Reporter das Interesse verloren hatten und das Lächeln des Bürgermeisters erloschen war, sagte er leise: »Hast du gestern Fernsehen geschaut?«
    »Billige Polemik«, winkte Dossantos ab.
    »Er lehnt sich ziemlich weit aus dem Fenster.«
    »Dann soll er aufpassen, dass er nicht rausfällt.«
    Wolkers blieb ernst. »Machst du dir wirklich keine Sorgen?«
    Dossantos sah ihn an. »Du etwa?«
    Wolkers schwieg, grüßte mit der Andeutung einer Verbeugung eine vorbeigehende Frau, die Dossantos bekannt vorkam. Als sie außer Hörweite war, fuhr Wolkers fort: »Sollte ich mir denn Sorgen machen?«
    »Nein.«
    »Wegen dieser Sache …«, er flüsterte nur noch, »ich möchte nicht unbedingt, dass ich … also, du weißt schon … Ich kann davon ausgehen, dass alles geklärt ist?«
    »Das kannst du.«
    Damit ließ Dossantos den Bürgermeister stehen und schritt auf dem Teppich weiter dem Eingang entgegen. Dort erwartete ihn Anton Wiesler, der Geschäftsführer der Berliner Sozialhilfe e.V., die als Träger der Integrationsstätte für Migrantenkinder fungierte. Der Stress dieses Tages war ihm ins Gesicht geschrieben, seine Kleidung klebte ihm am schweißnassen Körper. Trotzdem zeigte er aufrichtiges Entzücken. Er schüttelte ihnen die Hände, sogar die gewaltigen Pranken von Bruno und Robert. »Wie ich gesehen habe, hat Sie unser Bürgermeister schon begrüßt?«
    »Er war der Erste.«
    Wiesler spie abfällig aus. »Im Senat war er der Erste, der unsere Anträge auf Zuschüsse abgeschmettert hat. Und nun schauen Sie selbst: Jetzt kann er sich nicht oft genug vor die Kameras drängeln.«
    »Was wohl auch für andere Damen und Herren gilt.«
    »Es wäre schön, wenn die Abgeordneten immer für soziale Projekte unserer Stadt zu gewinnen wären. Und nicht nur nach solch schrecklichen Ereignissen wie das am vergangenen Dienstag.«
    »Oder vor Wahlen wie morgen.«
    Neben dem Bürgermeister war noch der amtierende Innensenator von der PDS anwesend, außerdem gaben sich der Kultursenator, die Bildungssenatorin, der Fraktionschef der SPD sowie einige Senatsabgeordnete und Staatssekretäre die Ehre. Dossantos kannte die Mehrzahl von ihnen, viele sogar persönlich, auch wenn einige die Beziehung nicht unbedingt an die große Glocke hängen mochten.
    Ein Stück weiter buhlte der Spitzenkandidat der CDU, Anton Heiland, genauso wie der Fraktionschef Dr. Frieder von Hirschfeldt, der Fraktionsvize Karl-Edmund Hönig, etliche Parteimitglieder, Referenten und sonstige Mitläufer um die Aufmerksamkeit der Presse. Auch in ihren Reihen besaß Dossantos Kontakte, aber von ihnen hätte keiner die Verbindung öffentlich (vermutlich aber auch nicht einmal gegenüber Freunden und Familie) zugegeben.
    Der Regierende Bürgermeister Klaus Wolkers erklomm das Podium und setzte zu seiner Eröffnungsrede an. In dieser Sekunde kreuzte Dossantos’ Blick den von Frieder von Hirschfeldt. Der Politiker nickte ihm zu, ein hintergründiges Lächeln

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