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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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festgestellt«, erklärte Dr. Wittpfuhl. »Ein Projektil erwischte ihn am Arm. Das war schmerzhaft, aber nicht lebensgefährlich. Eine zweite Kugel traf ihn hier.« Er hob seinen Zeige- und Mittelfinger auf Herzhöhe. »Das dritte Geschoss ging in den Kopf. Ein tödlicher Treffer.«
    Wieder ergriff Berger das Wort. »Zwei weitere Projektile haben wir in der Wand und im Schreibtisch sichergestellt.« Er klappte den Aktendeckel zu. »Drei Treffer und zwei Fehlschüsse.«
    »Die Ballistiker haben anhand der Projektile eine Makarov PM als Tatwaffe identifiziert«, fuhr Rita fort. »Die Makarov war die Standardwaffe der sowjetischen Miliz und anderer Ostblockländer. Nach deren Zusammenbruch landete sie massenhaft und zu Dumpingpreisen dort, wo sie nicht hingehörte: auf dem Schwarzmarkt. Wer weiß, wen man fragen muss, gelangt ohne Probleme in den Besitz einer Makarov.«
    Berger nickte Rita dankend zu. »Wir können davon ausgehen, dass Lukaz und Asim wussten, wen sie in ihrem Viertel zu fragen hatten, um an eine Waffe zu kommen.« Er hielt zwei Bilder hoch: die erkennungsdienstlichen Aufnahmen der beiden Jungs. »Sie sind der Polizei keine Unbekannten mehr. Asim ist 17, in der Türkei geboren. Kurz nach der Geburt zogen seine Eltern nach Berlin. Geschwister hat er keine. Seine Mutter starb bei einem Autounfall, als er drei war. Seitdem lebt er bei seinem Vater in Neukölln. Als die Polizei vergangene Woche dessen Wohnung durchsuchte, fand sie in Asims Zimmer PC-Spiele:
Counter-Strike, Wolfenstein, Doom, Quake, Unreal
und
Half-Life.
Mir sagen diese Namen nichts, aber den Kollegen zufolge sind das sogenannte Killerspiele. Das passt wie die Faust aufs Auge. Als die Ermittlungsbeamten dem Vater die Spiele zeigten, wusste der nichts damit anzufangen.
    Überhaupt war den Vernehmungsbeamten zufolge das Verhältnis zwischen Vater und Sohn nicht das beste. Worte wie
Hund
und
Bastard
fielen bei den Gesprächen. Der Vater ließ kein gutes Wort an seinem Sohn. Asim hat eine uneheliche Tochter zu einem Zeitpunkt bekommen, als sein Vater ihn mit einer türkischen Frau verheiraten wollte. Damit hatte sein Sohn die Familienehre verletzt.
    Ansonsten war Asim jahrelang ein unbeschriebenes Blatt. Was nicht bedeutet, dass er in dieser Zeit nichts ausgefressen hat, er hat sich nur nicht dabei erwischen lassen. Im vergangenen Jahr schließlich ist er mit einem nicht unbedeutenden Paket mit Ecstasy-Pillen aufgegriffen worden. Natürlich war er nur ein kleiner Fisch, der im Auftrag von jemand anderem gedealt hat. Doch sosehr die Staatsanwaltschaft Asim auch zugesetzt hat, der Junge wollte seine Hintermänner nicht preisgeben. Asim kam – weil er zum ersten Mal straffällig geworden ist – mit einer Bewährungsstrafe davon.
    Lukaz ist Rumäne, allerdings in Berlin geboren. Obwohl er zwei Jahre jünger ist als sein Freund, hat er bereits weitaus mehr auf dem Kerbholz. Das liegt in der Familie. Die Polizei geht bei den Vurikovicis beinahe jedes Wochenende ein und aus. Lukaz gehört wohl zu einer Jugendbande. Wie bei seinem älteren Bruder Sascha weist sein Konto Diebstähle und Gewaltdelikte, Schlägereien und einige Messerstechereien auf. Mord steht bisher noch nicht drauf. Aber jetzt hat er sich mit seinem Kumpel eine Waffe vom Schwarzmarkt besorgt«, schloss Berger seine Ausführungen. »Nachdem der Lehrer die beiden zum Nachsitzen verdonnert hatte, tja, scheint sich die Stimmung im Klassenraum aufgeheizt zu haben. Was auch immer geschah, irgendwann hat einer der beiden die Waffe gezückt und den verhassten Lehrer über den Haufen geschossen. Bingo, da haben wir das, was die Presse der Öffentlichkeit als Amoklauf verkauft.«
    »Die Presse«, prustete Dr. Salm missfällig in sein Taschentuch. »Mal wieder typisch, dass die sofort mit solchen Schlagwörtern arbeitet. Aus unseren Reihen gab es zu keiner Zeit eine offizielle Erklärung mit diesem Wortlaut.« Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Allerdings gebe ich zu, eine Schule, ein toter Lehrer, zwei flüchtige Schüler, die nicht mehr aufzufinden sind, obwohl wir seit Tagen ihre Familien observieren: Da drängen sich Vergleiche zu Erfurt oder Emsdetten zwangsläufig auf.«
    »Trotzdem bleibt es Mord, ausgeführt von zwei Schülern.« Zum ersten Mal seit Beginn der Konferenz ergriff Kalkbrenner das Wort. Er machte eine Pause und blickte in die Gesichter der Umsitzenden. Zuletzt sah er Dr. Salm an. »Aber wenn der Fall so eindeutig ist, warum haben Sie mich dann aus dem Urlaub

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