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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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Einrichtung ist eine gute Sache, gerade nach den Ereignissen dieser Woche. Das sollte ruhig gefeiert werden.«
    Ehrenstein fiel es nicht leicht, sich zu beherrschen, das war ihm anzusehen. Nur die Anwesenheit der Reporter hinderte ihn daran, Dossantos einfach stehen zu lassen. »Aber zum Feiern sind Sie doch bestimmt nicht gekommen, oder?«, erwiderte er nur.
    »Aber natürlich. Zum Feiern und zum Plaudern. Alte Freunde treffen …«
    »Freunde?«
    »… und neue Menschen kennenlernen. Sie zum Beispiel, Herr Ehrenstein. Schließlich werden Sie demnächst, so Ihre Partei die Wahl gewinnt, den Posten des …«
    Ehrenstein unterbrach ihn mit einem Grummeln. »Ich hab mich schon die ganze Zeit gefragt, wann Sie mich endlich darauf ansprechen.«
    »… und dann werden wir das eine oder andere Mal miteinander zu tun haben.«
    »Herr Dossantos, ich unterbreche Sie ungern erneut, aber ich sag’s Ihnen lieber von Anfang an: Für solche Dinge sollten Sie in Zukunft den üblichen Weg wählen.«
    »Ich sagte ja schon: Mit Politik habe ich nicht viel am Hut.«
    »Das sollten Sie aber, Herr Dossantos. Es wird bald ein neuer Wind wehen. Auch wenn Sie sich nicht für Politik interessieren, ich denke, Sie kennen die Worte unseres Fraktionschefs.« Jetzt tätschelte Ehrenstein ihm seinerseits die Schulter. »Tut mir wirklich leid, Sie enttäuschen zu müssen.«
    Anton Wiesler, der Geschäftsführer der Sozialeinrichtung, gesellte sich zu ihnen. »Darf ich Sie beide durch das Gebäude führen?«
    »Später«, blockte Ehrenstein ab und stapfte davon.
    »Dann eben nur wir zwei«, sagte Wiesler zu Dossantos. »Schließlich sollen Sie sehen, dass wir Ihr Geld auch wirklich sinnvoll angelegt haben.«
    Dem Rundgang schlossen sich das Kamerateam eines Lokalsenders sowie zwei, drei Boulevardjournalisten an, die einen Großteil ihrer interessantesten Informationen aus Dossantos’ Amüsierbetrieben bezogen.
    Wiesler präsentierte voller Stolz jeden Winkel der Einrichtung. Sie war in keinem Neubau, sondern in einem alten Gebäude aus dem Westberlin der 60er Jahre untergebracht, das aufwendig renoviert und im Innern mit bunten Farben auf jugendlich getrimmt worden war. Er und sein Team hatten sich viel Mühe gegeben, was Dossantos lobend erwähnte. »Allerdings bleibt zu hoffen, dass Ihre Mühen nicht bei der Ausgestaltung des Gebäudes enden.«
    »Wo denken Sie hin! Unsere eigentliche Arbeit beginnt erst noch. Wenn erst mal die Kinder und Jugendlichen …«
    »Weil Sie schon von ihnen sprechen«, unterbrach ihn Dossantos, und seine Hand wies den Flur entlang. Die Wände waren in warmen Gelbtönen gestrichen, alle paar Meter gingen blau lackierte Türen ab. »Wo sind sie eigentlich? Wohin ich auch schaue, ich sehe nur Politiker, die sich wichtigmachen. Ich meine, die brauchen zwar auch manchmal ein bisschen Nachhilfe in Sachen Integration, aber …«
    Die Reporter lachten. Wiesler gab ein Zähneknirschen von sich. »Anweisung von oben: Wegen der Prominenz gilt erhöhte Sicherheitsstufe. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir …«
    Lautes Schimpfen hallte plötzlich über den Gang. In einem angrenzenden Zimmer fluchte eine Stimme: »Arschloch!«
    Jäh wurde die Tür aufgerissen, und ein junger Mann mit struppiger Lockenmähne stürmte heraus. Er trug schmutzige Jeans und T-Shirt und passte so gar nicht zu der feierlichen Zeremonie.
    Dossantos konnte nicht rechtzeitig in Deckung gehen. Auch Bruno und Robert kamen zu spät. Der Flüchtige prallte gegen die Schulter des Portugiesen, der einen Schmerzenslaut ausstieß. Der junge Mann rannte, ohne anzuhalten, an ihm vorbei und suchte im Politikergewimmel am Eingang das Weite.
    »Was denkt er sich bloß dabei?«, war eine verzweifelt klingende Stimme aus dem Zimmer zu vernehmen.
    Eine andere antwortete, aber so leise und beherrscht, dass Dossantos nichts verstehen konnte.
    Sein Anzug war zerknittert. Das Moleskin war extrem anfällig für unsanfte Berührungen. Während er den Stoff wieder glatt strich, machte er einen Schritt vorwärts. Er spähte in den Raum, als er jemanden sagen hörte: »Wir können froh sein, dass niemand was davon mitbekommen hat.«
    Mit einem Mal hatte Dossantos den teuren Stoff vergessen. »Na, da wäre ich mir aber nicht so sicher …«

15
    Berger schob Akten und Ordner hin und her und sah dabei wie jemand aus, der nach seiner verlegten Brille suchte, die auf seiner Stirn klemmte. Kalkbrenners neuer Kollege war bestimmt ein guter Polizist, sonst hätte er es nie

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