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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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stummes Gebet. Es bestand aus zwei Worten:
Haltung bewahren!
Er wiederholte sie, als der Portugiese ihm erklärte: »Also, wenn das Moral und Anstand sind, die Sie predigen, na dann …«
    Dann was?,
wollte von Hirschfeldt fragen, biss sich jedoch auf die Zunge. Er würde sich nicht auf ein Gespräch mit Dossantos einlassen, nicht heute, nicht hier und bestimmt nicht vor den Augen der Reporter, die wie speichelleckende Hyänen am Rockzipfel des Portugiesen hingen. Er konnte sich die Schlagzeile schon vorstellen:
Künftiger Innensenator plaudert mit Berliner Paten.
Nein, falsch, gegen den »Paten« würde Dossantos eine einstweilige Verfügung erwirken. Richtig musste es heißen, und bitte schön in der korrekten Reihenfolge:
Berliner Wohltäter im Gespräch mit künftigem Innensenator.
    Genau das schien Dossantos im Sinn zu haben.
Er wird doch nicht etwa …?
Er reichte von Hirschfeldt die Hand. »Es freut mich, dass wir uns endlich kennenlernen.«
    Die Kamera der Fernsehreporter lief. Auch wenn es nur ein kleiner Lokalsender war: Ein Filmschnipsel, der zeigte, wie er sich ausgerechnet dem »großen Wohltäter« gegenüber unschicklich verhielt, würde schnell seinen Weg zu den großen TV-Anstalten finden. Notgedrungen schlug von Hirschfeldt ein.
    »Wie gefällt Ihnen die Einrichtung?«
    »Gut«, antwortete von Hirschfeldt.
    »Sie ist schön geworden, finden Sie nicht auch?«
    »Ja.«
    »Nur leider eine Schande, dass der Senat so wenig dazu beigetragen hat.«
    »Das wird sich ändern.«
    »Ja, das glaube ich Ihnen gerne. Ich habe viel über Sie gehört.«
    »Das gebe ich gerne zurück.«
    Der Portugiese trug Überheblichkeit zur Schau. »Ich hoffe doch, nur Positives.«
    Von Hirschfeldt entzog ihm seine Finger. Es gab keinen Grund, diese Posse – und nichts anderes war das Aufeinandertreffen – unnötig in die Länge zu ziehen. Seine Hand fühlte sich schon jetzt an, als habe er sie in Säure getaucht.
    Von Hirschfeldt hatte tatsächlich eine Menge über Dossantos in Erfahrung bringen können, aber etwas Positives war nicht darunter gewesen.
    Sein persönlicher Referent, Bernd Schmücker, hatte in den vergangenen Monaten ein ganzes Dossier über den Portugiesen zusammengestellt. Es umfasste vermutlich nur einen Bruchteil dessen, was die Polizei an Informationen besaß. Es genügte allerdings, um Abscheu in von Hirschfeldt zu erzeugen. Dossantos’ Welt war schmutzig, ohne einen Funken von Anstand. Sie hatte nichts mit der Welt zu tun, in der der Politiker lebte und für die er kämpfte, eine Welt, in der Werte wie Sicherheit, Gerechtigkeit und Vertrauen sowie Liebe und Familie noch etwas galten.
    Seine eigenen Kinder kamen ihm in den Sinn: Frieder jr., Patrick, Friederike. Bei dem Gedanken, dass seine Tochter, sein Sonnenschein, jemals unter den Einfluss des Portugiesen geraten könnte, wurde von Hirschfeldt übel.
    »Auf Wiedersehen«, sagte er und strebte zur Tür.
    »Wo wollen Sie hin?«, erkundigte sich Dossantos. »Ich dachte, wir plaudern noch ein wenig und lernen uns kennen.«
    Von Hirschfeldt blieb stehen, drehte sich noch einmal um.
    »Frieder, lass uns gehen«, zischte jetzt auch Karl-Edmund.
    Von Hirschfeldt machte einige Schritte in den Raum zurück, hin zum Portugiesen.
    »Wir gehen«, wiederholte Karl-Edmund.
    Von Hirschfeldt roch das teure Parfüm, das Dossantos umgab. Er hörte das Klimpern der Goldketten. Schurken wie er waren für den moralischen Verfall Berlins verantwortlich. Männern wie ihm wollte von Hirschfeldt das Handwerk legen, das war sein Versprechen an die Wähler. Fast unhörbar sagte er: »Wir lernen uns noch früh genug kennen.«
    »Aber warum denn nicht heute?«
    Stimmen hallten plötzlich durch den Flur. Noch mehr Leute betraten den Raum. Auch Praktikant Götting kam in das Zimmer, als von Hirschfeldt bereits auf dem Weg nach draußen war. Er schnappte sich den Jungen, aber dieser rief: »Herr von Hirschfeldt, der da, ist das nicht dieser …«
    »Sei still«, zischte von Hirschfeldt und schleifte den Praktikanten hinter sich her. Götting rülpste. Er hatte ein oder zwei Gläser Sekt zu viel getrunken. Herrgott, so konnte es mit ihm nicht weitergehen. Von Hirschfeldt nahm sich vor, ein ernstes Wort mit seinem Referenten zu reden. Doch zuvor musste er raus aus diesem Zimmer.
    Ein Handy klingelte. Der Portugiese holte sein Telefon aus der Tasche. Es war ein Communicator, der neueste seiner Art. Was er wohl gekostet hatte? Fast mehr als der ganze Goldschmuck, der an Dossantos

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