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Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
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hatten, dann zog er die Tür in den Rahmen. Er verschränkte die Arme und musterte die beiden Jungs. Sie saßen noch immer an ihren Tischen und kauten gelangweilt Kaugummi. Ihre Hände waren in den Taschen der Baggy-Jeans vergraben. Beide hatten kahl rasierte Schädel. Lukaz’ Gesicht war knochig und bleich, Asims dunkler Teint wirkte dagegen fast hübsch.
    Brodbeck ließ einige Zeit verstreichen. Vom Schulflur her erklangen Schritte. Kurz darauf war das verhaltene Rauschen einer Toilettenspülung zu hören: die Putzfrauen, die wie jeden Tag die Klos reinigten. Sie waren spät dran heute, aber da sie die Klassenräume aussparten, würden sie auch bald wieder verschwunden sein. Seit der Senat vor drei Jahren den neuen Bildungshaushalt verabschiedet hatte, war nur noch Geld für die Reinigung der Schulräume zweimal wöchentlich vorhanden. Dementsprechend sahen die Zimmer auch aus.
    »Ich weiß, für wen ihr arbeitet«, brach Brodbeck schließlich das Schweigen.
    Lukaz spielte mit seinem Handy. Asim grinste überheblich. »Gar nix wissen Sie!«
    »Ich möchte, dass ihr mit ihm redet.«
    »Mann!«, schrie Lukaz und fegte sein Telefon beiseite. »Was wollen Sie von uns?«
    »Dass ihr dem Portugiesen ausrichtet, dass ich …«
    »Gar nix machen wir«, fiel ihm Asim ins Wort. »Fick dich!«
    »Genau, Scheißlehrer, fick dich!«, wiederholte Lukaz.
    Hoffnungslos. Hier kam er nicht weiter. Sosehr sich Brodbeck auch innerlich dagegen sträubte, er würde selbst zu ihm gehen müssen.
    »Na gut. Verschwindet!«
    Die beiden Jungs sprangen auf, als hätten sie nur auf das Signal gewartet. Sie griffen nach ihren Rucksäcken und schlurften zur Tür. Einer der beiden sagte noch einmal »Wichser!«, dann fiel die Tür mit einem Krachen ins Schloss. Kurz darauf klingelte es.
    Vor Brodbeck lag ein Handy auf dem Tisch. Lukaz hatte es vergessen. Der Lehrer widerstand dem Impuls, es zu nehmen, auf den Boden zu werfen und es wie sein Leben zu einem Haufen Müll zu verarbeiten, den er nur noch zusammenzukehren und in den Abfall zu werfen brauchte.
    Erschöpft und resigniert kehrte er hinter sein Pult zurück und packte die Hefter in seine Tasche, als die Tür zum Klassenzimmer aufging. »Dein Handy liegt …«, sagte Brodbeck noch. Dann schaute er auf und verstummte.
    Die anderen Schüler und auch die Lehrer hatten das Gebäude längst verlassen. Nur das Quietschen ihrer Sneakers auf dem Linoleumboden begleitete Asim und Lukaz durch den langen, leeren Gang. »Warum sollten wir mit Samuel reden?«, fragte Lukaz verärgert.
    »Ist mir doch egal«, entgegnete Asim.
    »Dem würde ich am liebsten …«
    »Gar nichts wirst du!«
    »Mein Bruder hat seinem Lehrer mal in die Fresse geschlagen, weil der ihn blöd angemacht hat. Seine Nase war gebrochen, aber er hat meinen Bruder anschließend in Ruhe gelassen.«
    »Willst du dem Brodbeck jetzt die Fresse polieren, oder was?«
    »Warum denn nicht?«
    »Spinn nicht rum!«
    »Und wenn der jetzt zu den Bullen geht?«
    »Warum sollte er? Der hat doch gar nichts gegen uns in der Hand.«
    »Scheiße, Mann! Ich könnte diesem Wichser …«
    Asim ließ seinen Kumpel weiterfluchen und rief sich den kurzen Wortwechsel mit dem Lehrer noch einmal in Erinnerung. Er war sich sicher, dass Brodbeck keinerlei Beweise für seine Unterstellung hatte. Aber er hatte gesagt:
Ich weiß, für wen ihr arbeitet … der Portugiese.
Dass der kleine, verschissene Hauptschullehrer überhaupt darüber Bescheid wusste,
das
machte Asim Sorgen. Er blieb stehen. »Ich muss telefonieren.«
    Reflexartig griffen beide gleichzeitig in die Hosentaschen. »Scheiße, Mann!«, fluchte Lukaz. »Ich hab mein Handy da drin liegen lassen.«
    »Dann hol es eben.«
    Während Lukaz zurück zum Klassenzimmer schlurfte, klappte Asim sein Mobiltelefon auf. Er tippte eine Nummer ein und lauschte dem Freizeichen. Kurz darauf meldete sich eine Stimme, deren Worte er nicht verstand, weil es in dieser Sekunde knallte. Die Tür zum Klassenzimmer am Ende des Flurs flog auf. Lukaz stürzte heraus, die Augen weit aufgerissen, seine Jacke mit roten Spritzern übersät.
    Asims Nackenhaare stellten sich auf. Hastig klappte er sein Handy zu. »Was hast du gemacht?«
    Lukaz rang um Atem. »Lass uns abhauen!«
    Plötzlich hallten durch den Gang mit seinen hohen Wänden Schritte, die sich ihnen näherten. Horst, der Hausmeister, bog um die Ecke. »Hey, ihr beiden!«

Berliner Kurier, Freitag, 28. September 2004
    Killerschüler in Berlin
»Klar, dass der mal

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