Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)
wollen auch erfolgreich sein«, ließ Vlad wissen.
Miroslav sagte: »Deshalb sehen wir es natürlich nicht gerne, wenn man uns in die Quere kommt.«
»Wie du vielleicht weißt, haben wir einige Clubs am Messedamm. Ihr plant dort ein großes Projekt. Das bereitet uns Magenschmerzen«, erklärte Vlad.
Und Miroslav fügte hinzu: »Wir könnten uns allerdings vorstellen, dass wir unsere Kräfte bündeln.«
»Überhaupt«, meinte Vlad, »sind wir immer auf der Suche nach langfristigen, erfolgreichen Partnerschaften. Alle Seiten profitieren davon, oder nicht?«
»Ihr glaubt, ich suche Partner?«
»Du solltest wissen, dass wir uns eine lukrative Beteiligung einiges kosten lassen.«
»Danke, aber daran bin ich nicht interessiert.«
»Du solltest darüber nachdenken.«
Verärgerung wallte in Dossantos auf. »Ich habe viele Jahrzehnte hart für meinen Erfolg gearbeitet. Man respektiert mich. Hört ihr?
Respekt!
Man kommt nicht einfach vorbei und bedroht mich.«
Vlad zuckte ungerührt mit den Schultern.
»Ich glaube, es ist besser, wenn ihr jetzt geht, Vlad.«
»Vladimir, bitte.« Die beiden Brüder erhoben sich, und ihre Bodyguards brachten sich hinter ihnen wieder in Stellung. »Ich sagte doch: Nur Freunde dürfen mich Vlad nennen.« Sie machten kehrt. Bevor sie ganz vom Tisch wegtraten, drehte Vladimir sich noch einmal um. »Trotzdem danke für die Einladung.«
Die sie musternden Blicke der Gäste folgten ihnen, als sie das Lokal verließen. Dann ging das Leben im
Hermano
weiter, als sei nichts geschehen.
Der Kellner servierte den Bacalhau auf gedünsteten Kartoffeln. Er roch traumhaft, doch Dossantos fegte die Serviette unsanft beiseite. Das Besteck schlug klirrend aneinander und fiel zu Boden. Er stand auf und stapfte ebenfalls zum Ausgang.
»Was ist mit dem Essen?«, rief Boccachi hinter ihm her.
»Mir ist der Appetit vergangen.«
44
Block nahm kein Taxi für die Heimfahrt vom
Hermano
. Jeder Taxifahrer würde sich an den humpelnden, erbärmlich nach Fett stinkenden Mann erinnern, so viel war klar. Er wählte die S-Bahn und achtete sorgsam darauf, dass er ein Abteil fand, das nicht übermäßig mit Reisenden gefüllt war. Zwischendurch wechselte er zudem die Linie und die Richtung.
Die letzten Meter vom Bahnhof Zoo bis zu seiner Wohnung legte er mit Bedacht zurück. Fast schlenderte er, sofern man die Bewegung, die sein lahmer Fuß zuließ, so bezeichnen konnte. Dabei brach ihm wieder der Schweiß unter seinem Anzug aus, nicht vor Anstrengung, sondern aus Angst davor, entlarvt zu werden. Er wollte heim, in das Apartment, in seine eigenen sicheren vier Wände. Der Drang, sich zu übergeben, wurde plötzlich beinahe übermächtig.
Auf dem Ku’damm gab er vor, nur einer der flanierenden Touristen zu sein. Er rempelte niemanden an, ging den Leuten lieber aus dem Weg. Er musste unbemerkt bleiben, unsichtbar, was ihm nicht schwerfiel. Er war es ein Leben lang gewohnt.
Das prunkvolle Gründerzeitgebäude in der Fasanenstraße, einer Seitenstraße vom Ku’damm, kam in Sicht. Block beschleunigte seine Schritte. Obwohl das Gehen ihn erschöpfte, stieg er das Treppenhaus hoch. Er wollte nicht, dass ihm einer der anderen Mieter im Fahrstuhl begegnete.
So zügig es sein krankes Bein erlaubte, erklomm er die Stufen zu seinem Apartment. Schneller! Er trieb sich zu noch mehr Eile an, als könnte er auf diese Weise auch den Zweifeln entkommen, die sich an ihn krallten. Was hatte er bloß getan?
Beunruhigende Bilder flimmerten vor seinem geistigen Auge. Schwer atmend erreichte er die sechste Etage und spähte vorsichtig in den Flur. Rasch huschte er zur Tür. Das Schloss war nicht verriegelt. Obwohl seine Lunge nach Luft gierte, verweigerte er ihr neuen Sauerstoff. War man ihm auf die Schliche gekommen?
Undenkbar.
Bei allem, was er unternommen hatte, war er äußerst vorsichtig gewesen. Achtsamkeit war seine zweite Natur: nichts dem Zufall überlassen, alle Spuren verwischen. Trotzdem war er anscheinend nachlässig gewesen: Er hatte nicht abgeschlossen.
Er atmete tief ein und stieß die Tür auf. Die schweren Brokatvorhänge hingen vor den Fenstern. Der untere Teil seines Apartments lag deshalb im Dunkeln. Oben auf der Empore, wo sich sein Schlafzimmer befand, brannte eine dunkelrote Neonröhre. Alles war so, wie er es am Morgen, als er sich auf den Weg in die Kanzlei gemacht hatte, zurückgelassen hatte. Er entdeckte nicht die Spur einer Veränderung, geschweige denn eines Eindringlings.
Erleichtert betrat er
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