Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gier, Kerstin

Gier, Kerstin

Titel: Gier, Kerstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smaragdgruen (Liebe geht durch alle Zeiten Bd 3)
Vom Netzwerk:
und Leslie war so
aufgeregt, das Hauptquartier betreten zu dürfen, dass sie kaum stillstehen
konnte. Obwohl sie nichts von den Räumlichkeiten zu Gesicht bekam, die ich ihr
beschrieben hatte, und nur einen unspektakulären Korridor entlang zum Fundus
geführt wurde, war sie hellauf begeistert.
    »Merkst du
was?«, flüsterte sie mir zu. »Es riecht nach Rätseln und Geheimnissen. Oh
Gott, ich liebe es!«
    In dem
Kostümfundus dann stand sie kurz vorm Hyperventilieren. Unter anderen Umständen
wäre es mir ganz bestimmt genauso gegangen. Bisher hatte ich ja schon Madame
Rossinis Atelier für den Garten Eden gehalten, aber das hier übertraf es noch
um ein Vielfaches.
    Aber
erstens war ich, was die Kleider anging, mittlerweile ein wenig abgebrüht und
zweitens waren mein Kopf und mein Herz mit ganz anderen Dingen beschäftigt.
    »Natürlich
habe nicht ich all diese Kostüme hier geschneidert, es ist eine Sammlung der
Wächter, die bereits vor zweihundert Jahren angelegt und im Laufe der Zeit
immer wieder erweitert wurde.« Madame Rossini hob ein leicht vergilbtes
Spitzenkleid von einer Stange und Leslie und ich seufzten verzückt. »Viele der
historischen Originale sind zwar zum Teil wunderhübsch anzusehen, aber nicht
mehr brauchbar für die aktuellen Zeitreisen.« Sie hängte das Kleid vorsichtig zurück.
»Und auch die Kostüme, die man für die vorletzte Generation angefertigt hat,
entsprechen nicht länger den erforderlichen Standards.«
    »Das
heißt, all diese herrlichen Kleider rotten hier langsam vor sich hin?« Leslie
streichelte das Spitzenkleid voller Mitleid.
    Madame
Rossini zuckte mit den rundlichen Schultern. »Es ist wertvolles
Anschauungsmaterial, auch für mich. Aber du hast recht, es ist schade, dass man
es so selten nutzt. Umso schöner, dass ihr heute Abend hier seid. Ihr werdet
auf diesem Ball die Allerschönsten sein, mes petites!«
    »Es ist
kein Ball, Madame Rossini, es ist nur eine ziemlich langweilige Party«, sagte
Leslie.
    »Eine
Party ist immer nur so langweilig wie ihre Gäste«, erwiderte Madame Rossini
energisch.
    »Genau,
das ist auch mein Motto«, sagte Raphael und blickte Leslie von der Seite an.
»Wie wäre es, wenn wir als Robin Hood und Lady Marian gehen würden? Die sind
doch total grün.« Er setzte sich einen kleinen Damenhut mit einer wippenden
Feder auf den Kopf. »Dann sieht jeder gleich, dass wir zusammengehören.«
    »Hm«,
machte Leslie.
    Madame
Rossini schritt fröhlich singend die Kleiderstangen ab. »Oh, das macht Spaß!
Das macht Freude! Vier junge Menschen - was kann
es Schöneres geben?«
    »Also, ich
wüsste da so einiges«, flüsterte Gideon mit dem Mund dicht an meinem Ohr. »Hör
mal, ihr müsst sie ein bisschen ablenken, damit ich die Klamotten für unseren
Ausflug ins Jahr 1912 klauen kann.« Laut sagte er: »Ich ziehe dieses grüne Ding
von gestern an, Madame Rossini, wenn ich darf.«
    Madame Rossini
drehte sich schwungvoll zu uns um. »Das grüne Ding von gestern?« Sie zog eine
Augenbraue in die Höhe.
    »Er ...
nun, er meint den meergrünen Rock mit der Smaragdschließe«, sagte ich schnell.
    »Ja und
den ganzen dazu passenden Kram.« Gideon lächelte verbindlich. »Grüner geht's
ja wohl nicht.«
    »Kram! Perlen vor
die Säue!« Madame Rossini warf ihre Hände in die Luft, aber sie schmunzelte
dabei. »Spätes 18. Jahrhundert also für den kleinen Rebell. Dann müssen wir das
Schwanen'älschen dazu passend ankleiden. Aber ich fürchte, ich habe kein grünes
Ballkleid aus dieser Epoche...«
    »Die
Epoche ist egal, Madame Rossini. Die Banausen auf der Party kennen
sich damit sowieso nicht aus.«
    »Hauptsache,
es sieht alt aus und ist lang und bauschig«, fügte Leslie hinzu.
    »Wenn das
so ist«, sagte Madame Rossini widerstrebend. Leslie und ich folgten ihr einmal
quer durch den Raum, eifrig wie kleine Hündchen, die man mit einem Knochen
lockt. Gideon verschwand zwischen den Kleiderstangen, während Raphael
weiterhin Damenhüte anprobierte.
    »Es gibt
da einen Traum aus schillerndem grünem Seidentaft und Tüll, Wien, 1865«, sagte
Madame Rossini und blinzelte uns an. Mit ihren winzigen Äuglein und dem
fehlenden Hals hatte sie immer etwas von einer Schildkröte. »Farblich passt es ganz
hervorragend zu dem meergrünen Stoff des kleinen Rebellen, allerdings ist diese
Kombination stilistisch gesehen natürlich eine absolute Katastrophe. Als würde
Casanova zusammen mit Kaiserin Sisi auf einen Ball gehen, wenn ihr versteht,
was ich meine

Weitere Kostenlose Bücher