Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gier, Kerstin

Gier, Kerstin

Titel: Gier, Kerstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smaragdgruen (Liebe geht durch alle Zeiten Bd 3)
Vom Netzwerk:
gedroht«, sagte Dr. Harrison.
»Das war übrigens endlich mal eine Teeparty, auf der ich mich nicht gelangweilt
habe.«
    »Aber so
war es doch gar nicht. Ich habe lediglich gesagt, dass ich nicht für das
garantieren könne, was meine rechte Hand als Nächstes tue, wenn er weiterhin
derartig unqualifizierte Äußerungen von sich gebe.«
    »Wenn er
weiterhin derartigen Schwachsinn von sich geben würde, war der genaue
Wortlaut«, korrigierte Dr. Harrison sie. »Ich weiß das so genau, weil es mich
ungeheuer beeindruckt hat.«
    Lady
Tilney lachte und reichte dem Arzt ihren Arm. »Ich bringe Sie zur Tür, Dr.
Harrison.«
    Paul
versuchte, die Augen zu öffnen und sich aufzurichten, um dem Arzt zu danken. Es
gelang ihm weder das eine noch das andere. »Mfsch...nke«, nuschelte er mit
letzter Kraft.
    »Was zur
Hölle war in dem Zeug drin, das Sie ihm gegeben haben?«, rief Lucy Dr. Harrison
hinterher.
    Er drehte
sich in der Tür um. »Nur ein paar Tropfen Morphiumtinktur. Ganz harmlos!«
    Lucys
empörten Aufschrei hörte Paul nicht mehr.
     
    Aus den Annalen der Wächter 30. März 1916 Parole des Tages: »Potius sero
quam numquam.« (Livius)
     
    Da
London unseren Geheimdienstquellen zufolge in den nächsten Tagen wieder
Luftangriffe deutscher Marinegeschwader zu erwarten hat, haben wir beschlossen,
ab sofort nach Sicherheitsprotokoll Stufe eins zu verfahren. Der Chronograf
wird auf unbestimmte Zeit im Dokumentenraum platziert und Lady Tilney, mein
Bruder Jonathan und ich werden gemeinsam von dort elapsieren, um die dafür
täglich aufzuwendende Zeit auf drei Stunden zu beschränken. Reisen ins 19.
Jahrhundert dürften in diesem Raum keine Probleme bereiten; zu nächtlicher Zeit
hat sich dort selten jemand aufgehalten und in den Annalen ist nie die Rede von
einem Besuch aus der Zukunft, weshalb davon auszugehen ist, dass unsere
Anwesenheit niemals bemerkt wurde. Wie zu erwarten war, sträubte sich Lady
Tilney dagegen, von ihren üblichen Gewohnheiten abzuweichen, und konnte nach
eigenen Aussagen »keinerlei Logik in unserer Argumentation finden«, aber zu
guter Letzt musste sie sich der Entscheidung unseres Großmeisters beugen.
Kriegszeiten erfordern nun einmal besondere Maßnahmen.
    Das
Elapsieren heute Nachmittag ins Jahr 1851 verlief dann überraschend friedlich,
vielleicht, weil meine fürsorgliche Gattin uns ihren unvergleichlichen
Teekuchen mitgegeben hatte und wir Themen wie das Wahlrecht für Frauen in
Erinnerung an hitzige Debatten bei anderen Gelegenheiten mieden. Lady Tilney
bedauerte zwar, dass wir nicht zur Weltausstellung in den Hyde Park gehen
konnten, aber da wir ihr Bedauern diesbezüglich durchaus teilten, artete das
Gespräch nicht in Streit aus. Mit dem Vorschlag allerdings, uns die Zeit ab
morgen mit Pokern zu vertreiben, zeigte sie sich dann doch wieder von ihrer
exzentrischen Seite.
     
    Das
Wetter heute: leichter Nieselregen bei frühlingshaften 16 Grad Celsius.
     
    Bericht:
Timothy de Villiers, Innerer Kreis
     
    1
     
    Die Spitze des Schwertes war genau auf mein Herz gerichtet und
die Augen meines Mörders waren wie schwarze Löcher, die alles zu verschlingen
drohten, das ihnen zu nahe kam. Ich wusste, dass ich nicht entkommen konnte.
Schwerfällig stolperte ich ein paar Schritte rückwärts.
    Der Mann
folgte mir. »Ich werde vom Antlitz der Erde tilgen, was nicht von Gott gewollt
ist! Dein Blut wird die Erde tränken!«
    Mir lagen
mindestens zwei schlagfertige Erwiderungen auf diese pathetisch geröchelten
Worte auf der Zunge (Erde tränken - HALLO? Der Boden hier war gefliest!), aber
vor lauter Panik brachte ich nichts davon über die Lippen. Der Mann sah sowieso
nicht so aus, als würde er meinen Humor in dieser Situation zu schätzen
wissen. Oder als wüsste er Humor überhaupt zu schätzen.
    Ich
taumelte noch einen Schritt zurück und stieß mit dem Rücken gegen eine Wand.
Mein Gegner lachte laut auf. Na gut, vielleicht hatte er doch Humor, nur einen
etwas anderen als ich.
    »Jetzt
stirbst du, Dämon!«, rief er und versenkte das Schwert ohne weitere Umschweife
in meiner Brust.
    Mit einem
Schrei fuhr ich hoch. Ich war nass geschwitzt und mein Herz schmerzte, als wäre
es tatsächlich von einer Klinge durchbohrt worden. Was für ein mieser Traum.
Allerdings - wunderte mich das wirklich?
    Die
Erlebnisse des gestrigen Tages (und der Tage davor) schrien nicht gerade
danach, sich gemütlich unter der Decke zusammenzukuscheln und den Schlaf der
Gerechten zu schlafen. Es war vielmehr so, dass

Weitere Kostenlose Bücher