Gier
bereits angefangen?«, fragte Bergmanis weiter. »Ich dachte, dass der operative Versuch noch Zukunftsmusik wäre.«
»Sollen wir das als Drohung auffassen?«, fragte Balodis.
»Nein«, antwortete Bergmanis, während sich seine Miene aufhellte, »aber das wäre eine gute Idee. Ich werde mit meinem Anwalt über die Sache reden. Vielen Dank. Falls Sie mich vorläufig festnehmen sollten, werde ich die Medien darüber unterrichten, wer mich festgenommen hat. Ãbrigens, wann bekomme ich einen Anwalt?«
»Wenn Gott hustet«, antwortete Laima Balodis, woraufhin sie verblüfft angestarrt wurde. Sie zuckte mit den Achseln und erklärte: »Alte litauische Redensart.«
»Also, an meinen Computer kommt keiner heran«, sagte Bergmanis. »Er ist durch ein Passwort absolut geschützt. Ich kann Ihnen auch nicht erklären, warum er in direktem Kontakt mit der italienischen Mafia stand. Ich weià nicht einmal, ob ich das glauben soll.«
»Glauben Sie mir«, sagte Balodis. »Und auch die Medien werden übrigens Besseres zu tun haben, als darüber nachzudenken, wer den Mafiaspion im Regierungsviertel festgenommen hat. Denn der Spion an sich wird die bedeutend interessantere Neuigkeit sein ...«
Chavez hatte die ganze Zeit über schweigend dagesessen und Kristaps Bergmanis beobachtet. Jetzt räusperte er sich und fragte: »Ãbernimmt die Polizei die Bewachung des Ministeriums?«
Bergmanis musterte ihn aufmerksam und antwortete: »Nein, das macht ein Sicherheitsunternehmen.«
»Wir haben nämlich gestern Abend mehrere Polizeiwagen vor dem Umweltministerium gesehen ...«
»Bei uns hat es am Freitagnachmittag, nachdem die meisten bereits gegangen waren, einen Einbruch gegeben. Vielleicht ermittelt die Polizei weiterhin vor Ort. Oder bewacht das Gebäude zusätzlich.«
»Einen Einbruch?«
»Einen kleinen unbedeutenden Einbruch im Keller, nichts Besonderes. Sah nach einem Fixer aus, ziemlich unprofessionell. Aber es ist klar, dass die Polizei den Vorfall sehr genau untersucht. Einen Einbruch in einem Ministerium nimmt man nicht auf die leichte Schulter.«
Chavez spürte, dass sein eigener Gesichtsausdruck nun mindestens ebenso nachdenklich war wie der des Staatssekretärs. Er fragte: »Aber die Computerzentrale liegt nicht im Keller?«
»Richtig«, antwortete Kristaps Bergmanis, und auf seiner Stirn bildete sich noch eine Falte. »Im Gegenteil, sie befindet sich im Dachgeschoss.«
»Und wie heiÃt das Sicherheitsunternehmen?«, fragte Chavez.
»Das weià ich nicht mehr«, antwortete Bergmanis, »aber ...«
»Aber?«
»Aber ich glaube, ich habe irgendwo eine Visitenkarte. Allerdings sind mir ja vor dem Eintritt in dieses kafkaeske Schloss meine persönlichen Habseligkeiten abgenommen worden.«
Chavez machte eine dezente Geste in Richtung des Spiegels.
Bergmanis nahm den Faden wieder auf. »Denken Sie diesbezüglich an etwas Bestimmtes?«
»Ja, warum man einen vorgetäuschten Einbruch an einer anderen Stelle im Gebäude inszenieren sollte.«
»Darf ich das so deuten, dass Sie mir glauben?«
»Nicht notwendigerweise«, antwortete Balodis. »In unseren Augen sind immer noch Sie derjenige, der in direktem Kontakt zur Mafia gestanden hat und den Weg für eine vermutlich folgenschwere Verklappung von Giftmüll entlang der lettischen Küste bereitet hat. Die ganz sicher auch die litauische mit in Mitleidenschaft ziehen wird.«
»Ich weiÃ, wie die Anklage lauten wird«, brummte Bergmanis. »Es wird Jahre dauern, etwas dagegen ...«
Die Tür wurde geöffnet und ein auffällig düster dreinblickender Bendiks Vanags kam herein, knallte ein ziemlich dickes Portemonnaie auf den Tisch und verlieà den Raum wieder. Im selben Augenblick rief Laima Balodis aus: »Navarro!«
Chavez, der immer ein leichtes Unbehagen wegen seines mittelmäÃigen Spanisch verspürte, wenn Felipe Navarros Name fiel, zuckte zusammen. Balodis ergriff seinen Arm und zerrte ihn hinter Vanags aus dem Vernehmungsraum. Sie lieà den verdutzten Bergmanis allein zurück, knallte die Tür zu und sagte aufgeregt zu Chavez: »Felipe Navarro hat das doch berichtet!«
»Er sagt so viel«, meinte Chavez missmutig.
»Am Freitagnachmittag haben sich doch sowohl Riga als auch Potenza plötzlich zu erkennen gegeben«, erklärte Balodis.
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