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Gier

Gier

Titel: Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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south gate. Spread!« Dort muss ich hin.
    Ich lege jetzt mein Schicksal in Deine Hände, meine Schwester im Geiste. Aber ich kann nicht die gesamte Last auf Dich abwälzen. Ich muss versuchen, diesem europäischen FBI, von dem Kyle gesprochen hat, der operativen Einheit von Europol, eine Nachricht zukommen zu lassen. Ich verändere den Winkel der Jalousie noch ein wenig. Die letzten Sonnenstrahlen scheinen herein. Die Sonne wird jeden Moment hinter den Hausdächern verschwinden. Ich justiere die Jalousie mit der Stange, um die allerletzten spärlichen Strahlen einzufangen. Und dann fällt mir ein, dass ich sie benutzen muss. Die Jalousienstange.
    Doch genug davon, Liebste. Die Zeit wird langsam knapp. Du hast alles erfahren, was Du wissen musst. Bis auf eines. Nämlich wo er sich befindet. Wo Minotaurus sich genau in diesem Augenblick aufhält. Jetzt sage ich es. Dir, Phädra, und hoffentlich auch Dir, unbekannter europäischer Polizist, der meine sorgfältig abgewogenen Worte liest.
    Wir müssen den Gang der Welt ändern.
    Stell Dir vor, ich wäre wirklich Feuer und Flamme dafür.
    Minotaurus sitzt in Berlin, ganz einfach. Es hat eine Weile gedauert, bis ich es begriffen habe. Ich bin alle seine ehemaligen europäischen Geschäftskontakte durchgegangen, und da habe ich es begriffen. Es gibt eine Bankfiliale in Berlin-Mitte, in der Nähe der Hackeschen Höfe. In dieser Filiale der Kanalbank in der Oranienburger Straße wird Minotaurus seinen großen Transfer abwickeln. Um was es sich dabei auch immer handeln mag. So weit bin ich nicht vorgedrungen. Aber es fällt mir ziemlich schwer, zu glauben, dass es etwas Gutes ist.
    Ich werde Barack Obama mitteilen, dass er dabei ist, enorme Beträge an eine betrügerische Bank zu vergeben, ein korruptes Finanzinstitut, dem ich mein ganzes Leben gewidmet habe. Ich werde ihn darüber informieren, dass es Minotaurus und möglicherweise auch B gelungen ist, Nine-Eleven zu entkommen, als hätten sie im Voraus gewusst, was passieren würde. Ich werde sagen, dass der Makrofondsexperte Minotaurus sich tot stellt, aber in Berlin durchaus aktiv tätig ist. Ich werde ihm von den krummen Geschäften Antebellums mit dem chinesischen Geld berichten, und ich werde ihn über die internen Ermittler von Asterion Security unterrichten, die mich verfolgen. All das wird Barack Obama erfahren. Es wird Auswirkungen auf den gesamten London Summit haben. Und auf die Welt, wie wir sie kennen.
    Und Du, meine Liebe, die weiß, um welche Konten es sich handelt – Du, die es als Einzige auf der Welt weiß – was Du mit diesen Informationen machst, die ich Dir anvertraut habe, ist allein Deine Sache. Nur für den Fall, dass ich Obama nicht erreichen sollte, brauche ich Dich. Denn dann bin ich aller Wahrscheinlichkeit nach tot.
    Und was die Toten angeht, man steht nicht in ihrer Schuld.
    Oder tut man es doch?
    Entweder liest Du von mir in der Zeitung, entweder stehe ich morgen mit Barack Obamas Arm um meine Schulter gelegt lächelnd auf einer Treppe in London, entweder siehst Du mich in Kürze als Heldin – oder Du hörst nichts. Wenn Du nichts hören solltest, liebste Phädra, dann bin ich tot. So einfach ist das.
    Was immer Du tust, denk daran, dass sie gefährlich sind.
    Sie sind sehr gefährlich.
    Ich kann nicht gerade behaupten, dass ich mich im Moment wohlfühle. Aber ich muss los.
    Auf die eine oder andere Weise werden wir wieder Kontakt zueinander aufnehmen, Liebes, das ist das Einzige in dieser aus den Fugen geratenen Welt, was ich ganz sicher weiß. Ich denke mit viel Liebe an all das zurück, was wir gemeinsam unternommen haben, und daran, wie unzertrennlich wir einmal waren. Ich erinnere mich noch an unseren verrückten Ausflug nach Kalifornien. Diese Erinnerung ist in meinem Gedächtnis mit einem goldenen Glanz versehen. Überhaupt diese letzten Jahre auf dem College ...
    Ich werfe erneut einen Blick auf das Foto, das Bild von der Getty Villa, kurz bevor die Aufseher uns abgeführt haben. Das Foto, das Du mir geschickt hast, nachdem wir uns aus den Augen verloren hatten. Von dem merkwürdigen Sarkophag und dem Kreis, den Du um die auffallend gesichtslose Ariadne im Gewimmel der mythologischen Figuren gezogen hast. Sobald ich mein Handy in die Themse geworfen habe, wird das Foto das Einzige sein, was ich in der Kälte des Londoner Apriltages bei mir tragen werde. Ich muss etwas

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