Gier
zog eine Grimasse. »Also, ich weià nicht so recht, worauf das Ganze hinauslaufen wird, aber ich glaube, dass sich da etwas vor uns auftürmt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Bewohner von fünf Nachbarhäusern in dem kleinen Villenviertel Hästhagen am See von Järla sowie die von weiteren Villen in Nacka mit Kinderpornografie zu tun haben, ist eher gering. Was bleibt uns also?«
»Dass sie lügt«, meinte Sara Svenhagen. »Dass sie gar nicht zusammen mit vier Unglücksschwestern in einer schwarz angemieteten Wohnung in Vällingby wohnt. Und dass sie nicht in irgendwelchen anderen Villen putzt.«
»Oder dass sie nach etwas sucht. Dass sie eine Villa nach der anderen auf der Suche nach Kinderpornografie durchkämmt.«
»Du meinst, sie führt eine Art Kreuzzug?«
»Oder was Buddhisten so tun ...«
»Aber dennoch â worin besteht ihr Verbrechen? Sie putzt de facto in der Villa, sie wird in der Tat eingeschlossen, und die Alarmanlage war aktiviert, bevor Jon und seine Männer sie abgeschaltet haben. Sie hat einen Blick in den Computer geworfen und nach dem Begriff âºKinderpornografieâ¹ gesucht. In Schweden ist das erlaubt, im Grunde genommen hat jeder Polizist, Journalist, Krimischriftsteller und Soziologe es schon einmal getan. Dass sie den Computer von Carl-Henric Stiernmarck durchsucht hat, ist zwar unbefugtes Eindringen in die Privatsphäre, aber die Frage lautet, ob wir sie noch länger festhalten können.«
»Formell gesehen hat sie schon zu lange gesessen«, gab Kerstin Holm zu. »Ich befürchte allerdings, dass sie verschwindet, wenn wir sie gehen lassen. Und dann bekommen wir nie eine Antwort.«
»Wenn wir sie nicht bereits auf eine paradoxe Art bekommen haben. Hier ist es.«
Sara Svenhagen erschauderte, als Kerstin Holm den Film weiterlaufen lieÃ. Für einen kurzen Augenblick wurde sie in eine ferne Vergangenheit zurückkatapultiert. Dann hörte sie sich selbst fragen: »Was haben Sie dabei empfunden, als Sie die Bilder mit Kinderpornografie sahen?«
Polizeiassistentin Lin Gaoping wollte gerade beginnen zu übersetzen, als Wang Yunli ihr die Hand auf den Arm legte. Dann fixierte sie Sara Svenhagen und sagte auf Schwedisch: »Es war das Widerlichste, was ich je gesehen habe. Es war der Teufel persönlich.«
»Dieser Blick.« Sara Svenhagen hielt den Film erneut an. »Dieser Blick glühte förmlich. Ich kenne ihn von mir selbst. Vielleicht habe ich ihn sogar immer noch.«
Kerstin Holm nickte. »In irgendeiner Weise kommt er mir bekannt vor«, sagte sie. »Chinesische Kinder ...?«
»Aber es geht hier trotzdem um etwas ganz anderes.« Sara Svenhagen seufzte. »Wir stehen zwar vor einem äuÃerst bizarren Rätsel, aber wir müssen es hintanstellen. Denn hier geht es um ganz andere Daten in Carl-Henric Stiernmarcks Computer. Wir müssen sie gehen lassen. Und wir müssen Wang Yunli zum Schweigen verpflichten.«
Kerstin Holm lachte auf, aber es klang eher verzweifelt. »Wo wir gerade von Paradoxien sprechen: Unter ihren Habseligkeiten befand sich doch auch ein Handy, oder? Falls sich die Adresse in Vällingby als falsch erweisen sollte.«
»Ja«, sagte Sara Svenhagen. »Gut, wir kümmern uns um die Nummer. Obwohl natürlich das Risiko besteht, dass sie es wegwirft, sobald sie das Polizeigebäude verlässt.«
»Ich dachte nicht unbedingt nur an die Nummer«, murmelte Kerstin Holm und fragte dann: »Sollten wir sie nicht etwas mehr unter Druck setzen?«
»Das kann in gewisser Weise kontraproduktiv sein. Vielleicht treiben wir sie damit über die Grenze, und dann beginnt sie, darüber nachzudenken, wie sie eigentlich entdeckt wurde. Wenn Wang Yunli sich im Zorn an die Presse wendet, steht Jon ziemlich dumm da, oder? Und auÃerdem gibt es noch die eventuelle Verbindung zur Mafia. Dass ich so etwas jemals sagen würde, hätte ich nie gedacht, aber: Es ist gut, dass sie Angst hat.«
»Pfui Teufel«, sagte Kerstin Holm und spürte, wie das Gefühl von Ekel sie erneut mit voller Kraft befiel.
»Sie hat einfach nur vor, abzuhauen und unterzutauchen«, fuhr Svenhagen fort. »Und das ist ganz in unserem Sinne. Dann können wir uns in Ruhe den Mafiakontakten zuwenden, ohne gestört zu werden. Wir werden in der Villa in Hästhagen alles wieder so herrichten, wie es war, damit wir Stiernmarck
Weitere Kostenlose Bücher