Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gier

Gier

Titel: Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
Vom Netzwerk:
Kerstin Holm und fuhr vom Parkplatz.
    Â»Wie leicht es doch geworden ist zu lügen«, sagte Sara Svenhagen.
    Dann saßen sie die gesamte Strecke durch die westlichen Stadtteile Stockholms bis in den Süden schweigend im Auto, und ohne ein einziges Wort gewechselt zu haben, kamen sie schließlich in Hästhagen, Nacka, an. Während der Fahrt durch die Stadt hatte die Wetterlage erneut gewechselt. Vielleicht war es aber auch nur so, dass in Vällingby ein Unwetter wütete, während in Hästhagen strahlender Sonnenschein herrschte. Das Leben war einfach ungerecht.
    Kerstin Holm lenkte den Wagen ungefähr hundert Meter vor der Stiernmarck’schen Villa an den Straßenrand. Sie blieben eine Weile sitzen und sahen durch die Windschutzscheibe.
    Â»Jetzt steht einiges auf dem Spiel«, sagte Sara Svenhagen und bereute es sofort. Es klang wie eine banale Floskel.
    Aber Kerstin nickte lediglich. Nach einer kurzen Weile antwortete sie: »Ich möchte, dass du da drinnen förmlich in den Startlöchern stehst.«
    Â»In den Startlöchern?«
    Â»Blöde Sportlerredensart«, erwiderte Kerstin Holm. »Bereit, startklar, auf Zack, hellwach.«
    Â»Einsatzbereit?«
    Â»Das auch. Ich habe nämlich das dumpfe Gefühl, dass unser Carl-Henric im Augenblick eine tickende Zeitbombe ist. Sei also auf Überraschungen gefasst.«
    Dann nahm sie das Handy zur Hand, wählte eine Nummer und fragte: »Team vor Ort? Prima. Wie viel Zeit ab dem Notruf? Eine halbe Minute klingt gut. Ich denke, dass es eine Viertelstunde, zwanzig Minuten dauert, bis es aktuell wird. In Ordnung.«
    Kerstin Holm klickte das Gespräch weg, steckte das Handy in die Manteltasche und sagte: »Jetzt brauchen wir nur noch auf Paula Radcliffe zu warten.«
    Sara Svenhagen machte sich nicht die Mühe, die Anspielung zu verstehen. Stattdessen versuchte sie, die Lage zu sondieren. Denn es stand mehr als nur einiges auf dem Spiel. Alles stand und fiel damit, wie Kerstin Holm und Sara Svenhagen in den kommenden fünfzehn bis zwanzig Minuten ihre Karten ausspielen würden.
    Und dann kam sie. Herausgehüpft. Ein blonder Wirbelsturm in Tights. Wictoria Stiernmarck. Das war der Startschuss.
    Während Frau Stiernmarck Fahrt aufnahm und in die Straße hinunterjoggte, stiegen die beiden Polizistinnen aus dem Wagen und näherten sich der Villa. Sie brauchten noch nicht einmal zu klingeln. Die Tür stand halb offen. Wie in einem gastfreundlichen Heim, in dem man weiß Gott nichts zu verbergen hat oder befürchten muss.
    Carl-Henric Stiernmarck saß auf dem Sofa im Wohnzimmer. Das Sonnenlicht umstrahlte ihn freundlich. Sie betrachteten ihn einen Moment, ohne dass er ihre Anwesenheit bemerkte. Ein gefallener Patriarch. Der gut gebaute Mann mit dem vom Segeln gebräunten Gesicht legte die großen Hände vors Gesicht und begrub es in ihnen. Begrub sein Leben in ihnen. Es war das Bild einer Ära, die gerade unterging.
    Dann erblickte er sie, stand instinktiv auf und feuerte, wohl in erster Linie aus reiner Gewohnheit, sein strahlendes Cocktaillächeln ab. Doch er schien selbst sofort einzusehen, wie fehl am Platz es war. Es verschwand, und Stiernmarck blieb einen Augenblick lang unschlüssig stehen, bevor er die Hände ausstreckte und sie herzlich willkommen hieß. »Auch wenn ich nicht ganz verstehe, aus welchem Grund die Damen erneut hier auftauchen«, sagte er mit seiner wohlmodulierten Baritonstimme.
    Â»Wir wollen lediglich ein paar Dinge überprüfen«, erklärte Kerstin Holm und lächelte einnehmend. »Aber zuerst würde ich darum bitten, die Toilette benutzen zu dürfen, wenn das möglich wäre.«
    Â»Selbstverständlich«, sagte Stiernmarck galant und wies ihr gewissenhaft den Weg.
    Als Kerstin Holm verschwunden war, nahmen Sara Svenhagen und Carl-Henric Stiernmarck in den Endymion -Möbeln Platz.
    Â»Ein paar Dinge überprüfen?«, fragte Stiernmarck.
    Sara, die auf Kerstins plötzlichen Toilettenbesuch nicht vorbereitet gewesen war, sah sich gezwungen, bis in die tief verborgenen wohlerzogensten Winkel ihrer Seele hinabzutauchen, aus denen sie dann hervorkramte: »Ich muss wirklich sagen, dass dieses Wohnzimmer eines der stilvollsten ist, die ich je gesehen habe.«
    Stiernmarck blühte förmlich auf. Es schien, als hätten bisher nicht viele Personen ernsthaft in Augenschein genommen, was er eigentlich aufgebaut

Weitere Kostenlose Bücher