Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gier

Gier

Titel: Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
Vom Netzwerk:
Stiernmarck stürzte in sein ungefähr zehn Meter entfernt liegendes Arbeitszimmer.
    Jetzt, dachte Sara und gestattete sich ein schiefes Lächeln, genau in diesem Moment dürfte er entdecken, dass kein Schlüssel in der Tür steckt.
    Kerstin machte eine Handbewegung, und Sara setzte sich ebenfalls in Bewegung.
    Als sie das Arbeitszimmer erreichte, hörte sie, wie sich die Polizisten des mobilen Einsatzkommandos bereits im Garten näherten. Sie riss die Tür auf und erblickte Stiernmarck, der sich hinter dem massiven Schreibtisch aus Eichenholz nach etwas bückte. Sara Svenhagen lief um den Tisch herum und warf sich im selben Moment auf ihn, als er den Schreibtisch zu bewegen begann.
    Sie sah ihm in die Augen, während sie miteinander rangen. In seinem Blick lag nackte Angst. Todesangst. Er schlug wild um sich und setzte dabei seine Zähne und Fingernägel ein, als kämpfe er mit dem Todesengel persönlich. Während Sara versuchte, ihn die wenigen Sekunden am Boden zu halten, die das Einsatzkommando benötigte, um den richtigen Weg zu finden, spürte sie, dass nicht sie es war, gegen die er aufbegehrte. Seine Kräfte waren nicht gegen die Kriminalinspektorin Sara Svenhagen gerichtet, sondern gegen etwas anderes, gegen eine unendlich stärkere Übermacht.
    Es tat weh, er schlug wie blind um sich, zerkratzte ihr Gesicht, versuchte sie zu beißen, und Sara war den Beamten des Einsatzkommandos unendlich dankbar, als die sie im selben Moment von ihm wegrissen, als Stiernmarck eine laserscharfe Zahnreihe unmittelbar auf ihr Handgelenk richtete. Der darauffolgende Schlag der Einsatzkräfte gegen seine blendend weißen Zähne war zwar unnötig hart, aber in diesem Augenblick war Sara bereit, die Gewalt zu akzeptieren. Sie kam auf die Knie und tastete ihr Gesicht ab. Als sie sich die Hand besah, war sie blutig. Und genau in dem Moment erblickte sie etwas, was sie auf keinen Fall sehen wollte.
    Während zwei Einsatzkräfte den bewusstlosen Carl-Henric Stiernmarck mit einer blutenden Wunde im Gesicht vom Boden hochzogen, sah Sara Svenhagen nämlich eine Gestalt in der Türöffnung. Blass, mit langem, schwarz gefärbtem Haar und weit aufgerissenen Augen.
    Â»Johannes«, sagte sie und streckte hilflos die Hand nach ihm aus.
    Der Blick von Johannes Stiernmarck wanderte von seinem blutenden Vater zu der blutenden Sara Svenhagen. Dann verzerrte sich sein Gesicht, und er stürzte davon. Sara rappelte sich auf und lief einige Schritte hinter ihm her, aber er war bereits aus dem Haus gerannt. Also ging sie in sein Zimmer, das dem Arbeitszimmer direkt gegenüberlag, und sah durchs Fenster den Jungen die Straße hinunterrennen.
    Sie stützte ihre Hände auf seinen unaufgeräumten Schreibtisch und schloss die Augen. Dann spürte sie, wie ihr ein Blutstropfen am Nasenrücken entlang hinunterlief und fing ihn auf, bevor er auf die Tastatur von Johannes’ Computer fallen konnte. Sie betrachtete ihre Handfläche, über die sich ein vollkommen symmetrischer Blutstern ausgebreitet hatte. Dann verließ sie das Zimmer.
    Im Flur traf sie Kerstin. Sie sah Sara erschrocken an und streckte eine Hand nach ihrem Gesicht aus.
    Sara spürte, wie sie unweigerlich zurückwich. »Er hat den Schreibtisch bewegt«, sagte sie und wies ins Arbeitszimmer, in dem Stiernmarck, zwischen zwei muskulösen uniformierten Polizisten hängend, allmählich wieder das Bewusstsein erlangte. Sein Blick irrte bedenklich umher.
    Kerstins Hand war in einer unbeholfenen Bewegung vor Saras Gesicht erstarrt. Sara meinte, eine Spur von Gewissensbissen in Kerstins Blick zu erkennen, doch dann senkte die ihre Hand wieder und rief in Richtung Arbeitszimmer: »Unter dem Schreibtisch. Auf dem Fußboden oder auf der Unterseite des Schreibtischs. Sucht nach einem kleinen elektronischen Gerät. Und beschlagnahmt den Computer.« Dann wandte sie sich wieder Sara zu und sagte: »Du musst später unbedingt zum Arzt. Geh und wasch dich erst mal.«
    Â»Er kann schließlich bromierte Flammschutzmittel unter den Fingernägeln gehabt haben«, witzelte Sara tapfer.
    Kerstin lächelte schief und ging ins Arbeitszimmer.
    Sara ließ ihren Blick über den Flur schweifen, und aus irgendeinem Grund blieb er durch die geöffnete Tür an Johannes’ Computer hängen, dessen Bildschirm mit der Webcam darüber zur Türöffnung hin ausgerichtet war. Dann

Weitere Kostenlose Bücher