Gier
gelaufen?«
»Teils, teils«, antwortete Kowalewski. »Die Krakauer Polizei war zwar sehr zufrieden, stellte aber gleichzeitig meine Befugnisse infrage. Ich sollte mich ja eigentlich inkognito umsehen. Stattdessen bin ich jetzt so eine Art tollkühner Held. Ich muss hier weg, und zwar direkt nach New York. Sofort. Kannst du das mit dem Chef abklären? Nach Aussage der Polizisten geht in ungefähr einer Stunde ein Flug. Sie wollen mich loswerden und nehmen sich deswegen der Sache selbst an. Das passt mir ausgezeichnet. Und uns wahrscheinlich auch.«
»New York?«, fragte Beyer. »Wovon zum Teufel redest du da?«
»Radoslaw TrzciÅski ist es aus bisher noch ungeklärten Gründen gelungen, eine Amerikanerin, die in Polen zu Besuch war, zu besteigen und ihr von der âºoperativen Einheit, Europolâ¹ zu erzählen. Sie behauptete, in Williamsburg, Brooklyn zu wohnen. Ich habe einen Namen, den du ebenfalls checken kannst. Hannah Rowlins. Maximale Info. Ich muss jetzt zum Flughafen, wenn ich den Flug noch erreichen will. Sag mir, wenn du das Okay hast. So schnell wie möglich.«
Dann hatte er die Verbindung beendet. Jutta Beyer kam sich regelrecht verlassen vor. Aber nur für einen kurzen Augenblick. Dann rief sie den Chef an.
»Hjelm«, antwortete der mürrisch.
»Beyer hier. Kannst du gerade reden?«
»Wenn mir die Lippen nicht zu Eis erstarren.«
»Schaust du dir gerade Zhang Sang an?«
»Du besitzt eine schnelle Auffassungsgabe. Aber in London nennen sie ihn John Doe, die anonyme Leiche.«
»Kowalewski möchte, dass du ihm jetzt auf der Stelle einen Flug von Krakau nach New York bewilligst.«
»Ich habe nicht vor, mit den herkömmlichen Kommentaren um mich zu werfen und politische Bestürzung zu signalisieren. Rede nur weiter.«
»Es geht um die Mara-Spur. Sie scheint vollkommen unbehelligt den Schritt über den Atlantik gemacht zu haben. Zu einer Hannah Rowlins, Williamsburg.«
»Und was glaubst du selbst?«
»Fragst du mich?«
»Rede nur weiter.«
»Entschuldige. Ich glaube, dass es Marek gelingen wird, sie ausfindig zu machen. Lass ihn fliegen.«
»Okay«, meinte Hjelm. »Sag ihm, dass die Sache klargeht. Aber du klingst, als hättest du noch mehr auf dem Herzen ...?«
»Du hast ebenfalls eine schnelle Auffassungsgabe«, entgegnete Jutta Beyer spontan und bereute es sofort.
»Sprich.«
»Könntest du eventuell einen Chief Superintendent Anthony L. Robbins ausfindig machen? Er sitzt heute Abend im Gebäude von Scotland Yard. Nachtschicht.«
»Was bedeutet ausfindig machen?«
»Ich weià nicht so genau«, antwortete Beyer. »Er ist ein ... alter Bekannter. Ich hatte bis vor Kurzem Kontakt zu ihm, per E-Mail, und er hat ziemlich merkwürdig reagiert, als ich ihm Fragen zu dem Begleitfahrzeug stellte, das Zhang Sang überfahren hat.«
»Was bedeutet ziemlich merkwürdig reagiert?«
»Wir haben ein paar Mails ausgetauscht. Und als er sich zuletzt meldete, war sein Ton völlig verändert. Ziemlich kurz angebunden.«
»Irgendein Vorgesetzter hat ihm wohl auf die Finger geklopft, oder?«
»Das war auch mein erster Gedanke.«
»Aber ...?«
»Nein, also, ich weià nicht, mir kam es vor, als hätte jemand anders weitergeschrieben ...«
»Hm«, meinte Hjelm. »Ich melde mich wieder.«
»Danke«, sagte Jutta Beyer, lehnte sich zurück, lächelte schwach im bläulichen Licht und dachte: Ich bin eine Frau mit einer schnellen Auffassungsgabe.
Du bist eine Frau mit einer schnellen Auffassungsgabe, dachte Paul Hjelm und begegnete erneut Doktor Hazel Mallorys klarem braunen Blick.
»Kein Chinese?«, fragte er.
Die weià gekleidete Frau schaute hinunter auf die eiskalte deformierte Leiche und schüttelte den Kopf.
»Ich kann auch völlig falsch liegen«, antwortete sie.
»Aber Ihre Ãberlegungen beruhen ja auf irgendwelchen Grundlagen«, wandte Paul Hjelm ein.
»Ich sehe viele Leichen, und London ist eine recht multikulturelle Stadt. Sicher kann er Chinese sein. Selbstverständlich kann er es sein. Wahrscheinlich ist er sogar Chinese. Also chinesischer Bürger.«
»Aber?«
»Seine Haut ist etwas zu dunkel. Die Gesichtszüge etwas, tja, untypisch für einen Chinesen. Das Haar ist etwas dicker.«
»Und was könnte er sonst sein? Mongole?«
»Die Mongolei ist
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