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GIERIGE BESTIE

GIERIGE BESTIE

Titel: GIERIGE BESTIE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Müller
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bewertet wird, gern gesehen, gefördert und als Beispiel dargestellt. Menschen, die eigene Prinzipien haben, sind in der Regel stark. Sie stellen etwas dar und man kann ihnen alles andere nachsagen, aber sicher nicht Opportunismus. Prinzipientreue Menschen beharren nicht da rauf, dass andere ihre Verhaltensweisen ändern sollen. Sie haben ihre eigenen Regeln und sind auch in der Lage, sich an zupassen.
    „Ich habe es so gelernt, ich habe dieses Wissen. Ich möchte es auch weiterhin so einsetzen. Sagen Sie es mir, wie Sie es haben möchten. Aber ich habe meine bestimmten Prinzipien.“
    Unter widrigen Umständen, Stress-Situationen oder eben dem Zusammentreffen mehrerer negativer äußerer Faktoren kann aus der Prinzipientreue aber die Intoleranz werden. Die eigenen Prinzipien werden zum Dogma erklärt und nicht nur der Prinzipientreue selbst hat die Regeln einzuhalten, sondern alle anderen auch. Unglücklicherweise ist dieser Wandel in der Regel nicht vorhersehbar und trifft mit dem Umstand zusammen, dass starke Persönlichkeiten mit Prinzipientreue gefördert werden, sodass sie plötzlich nicht mehr nur für sich alleine, sondern irgendwann einmal für viele andere verantwortlich sind. Damit ist der Weg frei, dass die eigenen Prinzipien den anderen zunächst mitgegeben und empfohlen, später dann zum besseren Verständnis nieder geschrieben und irgendwann einmal zur Regel oder zum Gesetz erklärt werden. Das Biegen, Dehnen, Umgehen oder gar schlichtweg Negieren derartiger Regeln wird scharf geahndet. Aus der wahrlich angenehmen Prinzipientreue wurde die Intoleranz. In der Regel verstärkt intolerantes Verhalten aber jene Umstände, die ja die Ursache vom Abkehren der Prinzipientreue waren, nämlich das Fehlen eines Gruppengefühles, der Einsamkeit und die mangelnde Einsicht in das Verhalten anderer. Damit nicht genug. Die widrigen Umstände bleiben, verstärken sich, werden größer und aus dem intoleranten Menschen kann ein Querulant werden. Dieser bezieht äußere Umstände auf sich selbst, er sieht sich als Mittelpunkt und wird in zunehmendem Maße unfähig, zwischen Recht und Unrecht zu unterscheiden. Sein Wort ist Gesetz. Seine Vorgabe die Maßzahl aller Dinge. Der Querulant beherrscht den Ablauf.
    Als ich, was ich zum besseren Verständnis in der Regel tue, das Beispiel vom Kopierer brachte, war das letzte Eis gebrochen und ich wusste, dass ich in meinen Gesprächen mit Ello Dox von Seiten der Institution und deren Vertretern sämtliche Unterstützungen bekommen würde. Es war dieses einfache Beispiel, was manchen von ihnen vor Augen führte, dass niemand dagegen gefeit ist, sich selbst oder Teile seiner Persönlichkeit zu verändern.
    Wenn ein prinzipientreuer Mensch beim gemeinschaftlichen Kopierer feststellt, dass das Papier ausgegangen ist, wird er es nachfüllen und dem nächsten, der vorbeigeht, klar zu verstehen geben, dass es sinnvoll wäre, selbst dafür Sorge zu tragen, einen Mangel zu beseitigen. Der intolerante Mensch, der beim Kopieren davon überrascht wird, dass das rote Lämpchen aufleuchtet, wird wahrscheinlich – und hier übertrieb ich ein wenig – eine Betriebsversammlung einberufen, zwei große Plakate schreiben, dass das Nichtnachfüllen des Papiers im Kopiergerät zukünftig Folgen haben wird. Er wird krampfhaft versuchen herauszufinden, wer der Übeltäter war und den Themenschwerpunkt „Kopierpapier“ zweimal auf die Agenda setzen. Jener Mitarbeiter, der sich bereits zum Querulant entwickelt hat, wird das Fehlen entsprechenden Papiers als persönliche Beleidigung empfinden. Er würde es sogar auf sich beziehen und der Meinung sein, und davon würde er sich auch unter keinen Umständen abbringen lassen, man habe das Papier nur deshalb ausgehen lassen, um ihn zu ärgern.
    Ich schloss meine ersten Ausführungen innerhalb der Institution mit der Bemerkung, dass die Weiterentwicklung eines Menschen selbstverständlich, ja geradezu das Natürlichste auf der Welt ist. Jeder von uns entwickelt sich weiter. Auch Verhaltensweisen können eine Veränderung erfahren. Freilich auch in anderen Lebensbereichen und nicht nur am Arbeitsplatz. So kann aus der gern gesehenen und viel zitierten Sparsamkeit unter negativen Umständen auch der Geiz werden. Ich selbst hatte es noch als junger Funkstreifenbeamter miterlebt, dass wir in extrem kalten Wintern in ungeheizten Wohnungen ältere Menschen aufgefunden haben, die, plötzlich verstorben, ihre ärmlichen Habseligkeiten zurückließen. Bei der

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