Gift per E-Mail
abgeschickt, bevor er dem Entführer die Tür geöffnet hat. Und wenn er das Dokument gleich nach dem Absenden gelöscht hat, weiß der Entführer nicht einmal etwas davon.«
»Sonst säßen wir nämlich ziemlich in der Patsche!« Peter schluckte. Seine Stimme wurde dünn: »Dann bekämen auch wir unerwünschten Besuch!«
Justus, dem Peters Ängstlichkeit manchmal auf die Nerven ging, stöhnte auf. »Nun dreh mal die Panik runter! Es ist doch nichts passiert! Tom hat die Mail gelöscht!«
»Bestimmt hat er das getan«, unterstützte ihn Bob. »Und er hat die Qualle ausfindig gemacht! Tom ist einfach klasse! Hätte ich nie gedacht!«
»Aber leider hat er die Adresse in ein Rätsel verpackt«, lamentierte Peter.
»In ein verdammt gutes sogar«, musste selbst Justus zugeben.
Doch Bob war voller Tatendrang. »Machen wir uns doch an die Lösung!«
Justus ging den Text langsam durch und versuchte einen Einstieg zu finden. »Eine lange Nase, wofür könnte das stehen? Für sein Aussehen? Ist es ein Rüsseltier? Andererseits heißt es: kein Elefant.«
»Oder es kann gut riechen«, warf Bob ein. »Steht doch auch in Zeile zwei: ›Nichts bleibt ihm verborgen, jeder Mief ist ihm bekannt‹. Aber warum Mief und nicht Geruch?«
»Mief ist ein bisschen umgangssprachlicher«, merkte Peter an, der sich wieder abgeregt hatte. »Vielleicht liegt das Tom mehr.«
»Oder das Tier lebt vorwiegend im Müll. Eine Ratte zum Beispiel. Ratten haben einen guten Geruchssinn. Und es gibt sie in jedem Land.« Bob wurde nervös. War er der Lösung nahe?
»Wenn wir das Stichwort ›Ratte‹ in die Internet-Suchmaschine eingeben, werden wir Hunderte von Hinweisen finden«, sagte Justus. »Das alleine hilft uns nicht weiter.«
»Wir sollen über den Tellerrand blicken, schreibt Tom!« Bob gab nicht auf. »Hm. Die Ratten in Onkel Titus’ Gebrauchtwarenlager. Rattenfallen. Die von Tante Mathilda. Oder … Ratten … Rattennest.«
Justus machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ach Quatsch! Wir verlieren zu viel Zeit. Schauen wir uns erst einmal die zwei Dateien an, die Tom bei der Qualle kopiert hat.«
Er drängte Peter vom Computerhocker, um selbst Hand anzulegen.
Zuerst wählte er die Datei, die ›Gold eins‹ hieß.
Ein Foto wurde sichtbar. Es schien ein Schnappschuss zu sein. Das Bild war etwas unscharf. Vielleicht lag das an dem starken Teleobjektiv, das verwendet worden war. Ein Mann war erkennbar, Justus schätzte ihn so um die fünfzig Jahre. Er kletterte gerade über eine Art Holzzaun und trug einen kleinen, glänzenden Koffer in der einen Hand. Bekleidet war er mit einer dunklen Jacke, Jeans und Sportschuhen. Im Hintergrund des Fotos waren unscharfe, dunkle Striche zu erkennen, die von oben quer durch das Bild liefen.
Die drei ??? sahen sich fragend an: Sie kannten weder den Mann noch konnten sie die Szenerie zuordnen.
»Ob das der Täter ist?«, überlegte Bob.
»Wir werden es schon noch herausfinden«, kündigte Justus an. Er hatte auch schon eine Idee, wie. Doch zunächst wollte er wissen, was sich in der zweiten Datei verbarg, die Tom kopiert hatte. Sie hieß ›Gold zwei‹. Erwartungsvoll setzte er den Doppelklick.
Doch die drei Jungen reagierten enttäuscht: Dunkle Linien wurden sichtbar, eine Struktur, die den Adern eines Blattes ähnelte. Die Linien verzweigten und verästelten sich mehrfach.
»Eine Qualle?«, fragte Peter.
Justus drehte das Bild um 90 Grad, so dass die Ursprungslinie oben stand. »Merkwürdige Qualle«, sagte er. Er zupfte an seiner Unterlippe. »Vielleicht eine Schaltzeichnung? Irgendetwas Elektronisches?«
»Ein Stammbaum«, fiel Bob ein. »Nur ohne Namen!«
»Nicht schlecht«, sagte Justus und deutete auf den Bildschirm: »Aber was soll der Punkt am Ende der einen Linie?«
Jetzt fiel er auch Bob auf. »Vielleicht bezeichnet er eine bestimmte Person im Stammbaum? Zum Beispiel den Mann auf dem Foto?«
»Eine Verbindung gibt es bestimmt, nur, worin besteht sie?« Justus klickte wieder das Bild von dem Mann an. Sie sahen sich das Foto noch einmal genau an.
»Durch Anstarren kommen wir nicht weiter«, stellte Justus nach einer Weile ernüchtert fest. »Kollegen, wir haben nicht nur ein Rätsel, sondern gleich drei. Und nicht die leichtesten.«
»Auf alle Fälle sollten wir Inspektor Cotta anrufen und ihm erzählen, dass Tom möglicherweise entführt worden ist«, schlug Peter vor. Er hatte Angst, dass ihnen die Situation langsam entglitt.
Erstaunlicherweise nickte Justus. »Einverstanden.
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