Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gift und Geld

Gift und Geld

Titel: Gift und Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
ist das, was
man unter >ehrlich bis zur Grobheit< versteht«, bemerkte ich.
    Sie lächelte voller Wärme.
»Warum sollte ich nicht ehrlich sein? Ich habe nichts zu verbergen.«
    Ich ließ meine Augen ein paar
Sekunden lang auf der schwarzen Shantungseide verweilen. »Und es wäre auch ein
reines Verbrechen, wenn Sie es verbergen würden«, sagte ich anerkennend. »Hatte
er irgendwelche Sorgen — irgend etwas Bestimmtes, das
ihn beschäftigte?«
    Sie zuckte sorglos die
Schultern. »Ich weiß es nicht. Wir sprachen nie viel miteinander. Auf Anhieb
würde ich sagen, durchschnittlich zehn Worte pro Tag — einen Tag hin oder her.«
    »Danke, Mrs. Miller«, sagte ich. »Ich wollte, ich könnte behaupten, Sie seien uns eine große
Hilfe gewesen.«
    Ich nahm meinen Hut, ging aus
dem Zimmer und den Korridor entlang zum Ausgang. Unterwegs kam ich am Butler
vorbei, der einen anderen Burschen im Schlepptau hatte — ein großes, athletisch
aussehendes Individuum mit der Sorte von gutgeschnittenem Gesicht, das man in
Hollywood für Collegeboy-Rollen verwendet. Er nickte und lächelte mir zu, als
er vorüberging, und ich vermutete scharfsinnig, daß dies Kirkland sein mußte, den Chivers angemeldet hatte. Ich fragte
mich lässig, wie athletisch die Totenwache nun wohl ausfallen würde.
    Es war noch früh am Nachmittag,
und obwohl ich mich nicht gleichermaßen taufrisch fühlte, hatte ich noch bei
weitem genügend Zeit, um einen zweiten Besuch auf Cone Hill zu machen. Ich fuhr den Healey sechs Häuserblocks weiter und suchte dann,
bis ich die Nummer des Hauses gefunden hatte, dessen Adresse Berkeley mir
gegeben hatte. Ich parkte den Healey in der Zufahrt, unmittelbar hinter einem
blutroten Thunderbird.
    Die Türglocken bimmelten in
einem seltsamen Rhythmus, und einen Augenblick lang überlegte ich, ob Dave
Brubeck vom Cool Jazz inzwischen vielleicht zu noch kühlerem Türgeläute
übergegangen sei. Dann öffnete sich die Tür, und ich vergaß das Glockengeläute
und allen übrigen Quatsch — denn ich stand von Angesicht zu Angesicht mit dem
aufregendsten weiblichen Wesen, das ich je in meinem Leben gesehen hatte. Wenn
das der neueste Schrei in Butlers war, so verdiente der Bursche, der auf diese
Idee gekommen war, den Nobelpreis für seinen Beitrag zum Nutzen der leidenden
Menschheit. Vor mir stand eine Silberblonde und betrachtete mich mit geduldiger
Ausdruckslosigkeit. Sie trug eine schwarze Seidenbluse mit tiefem V-Ausschnitt
und dazu lange hellblaue Hosen. Eine doppelte Reihe schimmernder Perlen hing
von ihrem Hals und schwang sachte über den Zwillingsspitzen ihrer kleinen, aber
schöngeformten Brust hin und her. Die dazupassenden Ohrringe luden dazu ein, sie daran festzuhalten, falls sie weglaufen wollte.
    Ihre hellen blauen Augen
starrten mich aus einem elfenhaften Gesicht an, bemerkten, was ich bemerkte,
und nahmen es gelassen als die normale Reaktion jedes männlichen Wesens auf
ihren Anblick seit ihrem vierzehnten Lebensjahr zur Kenntnis.
    »Sind Sie fertig?« fragte sie
scharf. »Oder soll ich Ihnen einen Stuhl holen?«
    »Ich möchte jemanden namens Quirk sprechen«, sagte ich. »Zumindest war das so, bevor
Sie die Tür geöffnet haben — jetzt scheint es mir nicht mehr so wichtig.«
    Sie zupfte lässig mit einem
Finger an der Perlenkette, die wieder hin und her zu schwingen begann, und
holte dann geistesabwesend tief Luft, so daß die Perlen zweimal hüpften und
dann stillstanden. Ich starrte sie noch immer mit offenem Mund an.
    »Wenn Sie Johnnie sprechen
wollen«, sagte sie langsam, »dann müssen Sie dafür sicher einen Grund haben!?«
    »Klar«, sagte ich. »Ich bin
Polizeibeamter. Lieutenant Wheeler vom Büro des Sheriffs.«
    »Na schön —« Sie gähnte
taktlos. »Ich werde ihn fragen.«
    Sie ging vor mir her den
Korridor entlang, wobei ihre Zehensandalen ein schwaches klickendes Geräusch
von sich gaben, das sozusagen den Rhythmus zu den straffen Bewegungen ihres
Hinterteils unter der enganliegenden hellblauen Seide bildete. Schließlich
verschwand sie, während ich in Nachdenken versunken zurückblieb und überlegte,
auf welche Weise ich meinerseits in das Spielautomatengeschäft einsteigen
könnte.
    Etwa eine Minute später war sie
mit ihren sanft schwingenden und hypnotisierend schimmernden Perlen zurück.
    »Sie haben Glück«, teilte sie
mir mit. »Johnnie hat volle fünf Minuten Zeit, um sich mit Ihnen zu unterhalten—«
    »Ist das authentisch?« fragte
ich demütig.
    »-und bittet

Weitere Kostenlose Bücher