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Gift

Gift

Titel: Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gordon
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seines roten Ledersessels liegen.
    »Ist er diese Woche nach der Arbeit im Restaurant jeden Abend
nach Hause gekommen?«
    »Was soll das denn für eine Frage sein, Licenciado ? Natürlich ist er nach Hause gekommen. Er ist ein
verheirateter Mann mit Pflichten. Und wissen Sie, er ist dann immer
sehr müde. Stellen Sie sich doch vor, Tag und Nacht arbeiten.«
    »Okay, señora . Können
Sie ihm bitte sagen, er soll mich morgen anrufen? Und übrigens, falls
sich die Polizei bei Ihnen meldet, sagen Sie ihnen nichts, außer dass
Sie einen Anwalt haben, und geben Sie ihnen meine Nummer.«
    Janak diktierte ihr seine Telefonnummer und legte auf. Dann
nahm er seine Krawatte ab, rieb sich die Hände und blickte aus dem
Fenster auf die Reflexion des Neonschriftzugs der Filiale der Bank of
America in der verlassenen winterlichen Straße unter ihm. Er wusste,
dass er sich Ärger einhandeln würde; er wusste nur noch nicht, wie
viel, und deshalb musste er sich schon auf alle nur erdenklichen
Schwierigkeiten gefasst machen, bevor es überhaupt richtig losging.
    Sein Kopf dröhnte vor Müdigkeit, als er mit einem Bleistift
immer wieder den Namen Hagopian auf seinen Notizblock kritzelte.
Gleichzeitig begann er, die Narbe an seiner Wange zu reiben und zu
überlegen, wo Vanessa das Aspirin aufbewahrt haben könnte. Schließlich
rief er den Reporter an.
    Samuel war in seiner kleinen Wohnung eingeschlafen, nachdem er
die aufgewärmten Reste des chinesischen Essens vom Vortag gegessen
hatte. Das Klingeln des Telefons riss ihn aus einem schlechten Traum,
und Janaks Stimme holte ihn vollends in die Realität zurück. Der Anwalt
schilderte ihm kurz, was er über den Verbleib der Mexikaner in
Erfahrung gebracht hatte.
    »Droht deinen Mandanten auch dann eine Anklage, wenn sich ihre
Darstellung des Sachverhalts bewahrheitet?«, fragte Samuel.
    »Das hängt von der Beweislage ab«, sagte Janak. »Kennst du den
genauen Todeszeitpunkt von Hagopian?«
    »Noch nicht. Aber ich werde versuchen, ihn schnellstmöglich
herauszukriegen.«
    »Der Grund meines Anrufs ist Hagopian. Weißt du irgendetwas
über den Kerl? Es muss einen Grund für seine Ermordung gegeben haben.
War er vielleicht in irgendwelche krummen Geschäfte verwickelt?«
    »Das habe ich mich auch schon gefragt«, sagte Samuel. »Ich
werde in den nächsten Tagen einiges über ihn recherchieren müssen. Aber
hast du überhaupt Zeit, die Sache weiterzuverfolgen, wenn ich etwas
über ihn herausfinde?«
    »Auf jeden Fall, Samuel«, sagte der Anwalt. »Das hat für mich
absoluten Vorrang.«
    Das an der Bucht von San Francisco gelegene
Contra Costa County ist eine außergewöhnliche Mischung aus sanft
gewellten Hügeln und idyllischen Küstenstreifen und erstreckt sich von
Richmond im Westen bis über die Carquinez Straits hinaus nach Osten.
Die Bedeutung der direkt an den Straits gelegenen Bezirkshauptstadt
Martínez ist seit dem neunzehnten Jahrhundert deutlich zurückgegangen.
Damals legten in ihrem Hafen über Nacht die Zweimaster an, die die Bay
bis nach Sacramento hinaufsegelten, und die größeren Schiffe, deren
Tiefgang sie an der Weiterfahrt hinderte, ließen in den Trockendocks
Ausbesserungsarbeiten vornehmen. Die Häuser der Stadt, die mit Ausnahme
des Gerichtsgebäudes größtenteils aus dieser Epoche stammten, waren
mittlerweile mehr oder weniger stark heruntergekommen.
    Heutzutage trafen die Seeleute von den großen Hochseeschiffen
abends auf die Arbeiter aus den Ölraffinerien und Zuckerfabriken
entlang der Küste und bildeten ein trinkfreudiges, rauflustiges Volk,
das sich aufführte wie Banditen in alten Western. Die Stadt schrie
geradezu nach einer starken Hand, die für Ordnung sorgte, und
entsprechend fuhren die zuständigen Behörden einen harten Kurs, wenn es
galt, das Gesetz durchzusetzen. Das hatte nicht selten zur Folge, dass
ein Gesetzesbrecher, der erwischt wurde, für die zwei oder drei
mitbezahlte, die ungestraft davonkamen. Für Deadeye die ideale
Wirkungsstätte.
    Earl J. Graves war zwar in South Dakota geboren, betrachtete
sich aber als Kalifornier, weil seine Eltern in den dreißiger Jahren,
als er zehn war, nach Kalifornien gekommen waren. Das war auf dem
Höhepunkt der Wirtschaftskrise gewesen, und entsprechend schlecht waren
die Zeiten. Sie ließen sich im Central Valley in der Nähe von
Bakersfield nieder, wo Earl zur Schule ging. Anschließend besuchte er
das Fresno State College und machte einen Abschluss in Pädagogik. Aber
Unterrichten lag ihm nicht;

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