Gifthauch
wie die Feuerwehrleute das Feuer in William Harringtons Haus mit Wasser löschten. Zwei Feuerwehrwagen waren gekommen; ihre Blaulichter blitzten noch immer. Schläuche ringelten sich, Brandgeruch drang ihr in die Nase. Das Haus war jedenfalls nicht zu retten. Die heftige Explosion hatte genügend Hitze produziert, um das gesamte Obergeschoss innerhalb weniger Sekunden in Flammen zu setzen. Als die Feuerwehr eingetroffen war, hatte das ganze Haus gebrannt, und wenig später war das Dach eingestürzt.
Die Birminghamer Polizei war nicht erfreut, dass Derek und sie eigenmächtig eine ungenehmigte Durchsuchung begonnen hatten, die dazu führte, dass eine Brandbombe zündete. Der Polizeichef, Chief Walter D'Agosta, hatte Jill auf die Seite genommen, um sich ihre Geschichte anzuhören und ihr eindeutig klarzumachen, wie tief sie im Schlamassel steckte. Er war ein untersetzter Mann mit schütterem Haar und trug einen marineblauen dreiteiligen Anzug, ein faltiges weißes Hemd und eine blaue Patchwork-Krawatte. Sein Haar hatte er von der Seite über seinen bloßen Schädel gekämmt, sodass es bei ungünstigem Wind Gefahr lief, sich wie ein Deckel abzuheben. Er kaute Kaugummi und benahm sich, als hätte er Jill am liebsten gebissen. Wahrscheinlich hielt er sich für Furcht einflößend, doch Jill war nicht mal verunsichert.
»Ich sollte Sie einsperren, Sie und dieses Arschloch Stillwater. Als ich zu ihm ans Auto gegangen bin, um mit ihm zu reden, hat er mir die Tür vor der Nase zugeknallt und gesagt, er sei beschäftigt. Das passt mir nicht, Church. Sie hatten keinen Durchsuchungsbeschluss. Der Bezirksstaatsanwalt wird ein Freudentänzchen veranstalten. Und der Einzige, der im Haus war, als die Bombe hochging, will nicht mit mir reden. Sie sollten lieber dort rübergehen und dafür sorgen, dass Ihr Partner eine Aussage macht.«
»Sicher«, stimmte sie zu, um ihn zu beruhigen, denn mittlerweile wusste sie, dass Stillwater aber auch gar nichts darum gab, was der Birminghamer Polizeichef wollte. »Ich rede mit ihm.«
»Und Sie … Sie sollten es wirklich besser wissen. Ist Ihnen übrigens klar, was die Medien über Stillwater sagen? Dass Ihre eigenen Leute andeuten, dass er dieser Kerl ist, die Schlange?«
»Glauben Sie denn alles, was die Medien sagen, Chief D'Agosta?«
»Natürlich nicht. Ich bin ja kein Trottel. Aber wenn er mit euch zusammenarbeitet, dann solltet ihr euch mal auf eine Geschichte einigen.«
»Das hätte ich nicht besser sagen können.«
»Ich sollte ihn einsperren.«
»Das Bureau möchte ihn sprechen, Chief D'Agosta. Und ich bin das Bureau. Betrachten Sie ihn als in meinem Gewahrsam.«
D'Agosta zermalmte sein Kaugummi und starrte sie ungläubig an. »Wo zum Henker ist der Hausbesitzer?«
»Das wissen wir nicht.«
»Ist er die Schlange?«
»Denkbar.«
D'Agosta setzte sein Gummikauen fort, dann fluchte er und stapfte davon. Mitten im Gehen fuhr er herum und zeigte mit seinem dicken Finger auf Jill. »Ich will so Leute wie Sie in Birmingham nicht mehr haben, ist das klar? Es reicht. Sobald Sie den Fuß in meinen Zuständigkeitsbereich setzen, wenn Sie nur durch meinen Zuständigkeitsbereich fahren, dann verständigen Sie mich! Ich lasse Sie von einem meiner Beamten begleiten. Haben Sie mich verstanden?«
»Ja«, antwortete Jill. Du Pfeife, dachte sie.
Endlich kam Matt Gray an den Apparat. Er klang atemlos und wütend. »Church, wo zum Teufel sind Sie?«
Sie gab ihm eine Zusammenfassung der Ereignisse.
Gray schwieg einen Augenblick lang. »Waren Sie bei ihm, als es geschah?«, wollte er schließlich wissen.
»Nein.«
»Warum nicht, zum Teufel?«
»In dem Büro waren eine Stahlflasche, die vermutlich Sarin enthielt, und ein Haufen Disketten und CD-Rs. Ich brachte das alles gerade aus dem Haus. Wegen des Vorfalls in Harringtons Büro gingen wir davon aus, dass in dem Haus möglicherweise ebenfalls Sprengfallen vorhanden waren. Wir wollten für alle Fälle das Beweismaterial aus dem Haus schaffen.«
»Sagen Sie mir eines, Church: Besteht irgendeine Möglichkeit, dass Stillwater mit dem Kerl unter einer Decke steckt, mit der Schlange? Dass Harrington vielleicht die Schlange ist, aber Stillwater uns Sand in die Augen streut?«
»Nein, Sir. Das glaube ich nicht. Agent Stillwater ist ein aufrechter Mensch.«
»Kommen Sie mir nicht mit so einem Blödsinn, Church. Gegen ihn wird nicht ohne Grund ermittelt.«
»Er konzentriert sich völlig darauf, den nächsten Anschlag abzuwehren, Matt. Er will
Weitere Kostenlose Bücher