Giftiges Wasser
Alysias Verschwinden aufgeschoben.
Die junge Indianerin stand auf und schenkte Kaffee ein.
Justus hatte das deutliche Gefühl, dass sie das Wichtigste noch für sich behielt. Aber er unterbrach sie nicht.
Marcel studierte in Phoenix und führte nebenbei Touristengruppen durch den Oak Creek, in die San Francisco Berge, manchmal auch ins Hopi-Reservat oder den Colorado hinauf bis zum Grand Canyon. Schon vor drei Tagen sollte er wieder zurück sein. »Er meldet sich sonst immer, wenn er länger bleibt«, sagte das Mädchen traurig. Sie sah die Jungs hilfesuchend an. »Ihr sucht doch den Erpresser.« Sie stockte. »Ich glaube«, flüsterte Sinagua, »es ist Marcel.«
Auf der richtigen Spur
Bob verzog ungläubig sein Gesicht. »Nicht jeder junge Mann, der drei Tage nichts von sich hören lässt …«
Justus legte ihm die Hand auf den Unterarm und schenkte ihm einen seiner typischen »Halt den Mund«-Blicke. »Hast du irgendeinen Anhaltspunkt für deinen Verdacht?«, fragte er behutsam. Das Mädchen tat ihm leid, unabhängig davon, ob Marcel nun der Erpresser war oder womöglich einen Unfall im Grand Canyon gehabt hatte.
Sinagua zog verlegen das T-Shirt glatt. Stumm und mit großen Augen sah sie ihre Gäste an.
»Besitzt Marcel eine Schreibmaschine?«, fragte Bob unvermittelt.
Sie schüttelte den Kopf.
»Kennst du einen roten Lorry?« Bob ließ nicht locker, aber er hatte keinen Erfolg.
Das Mädchen begann wieder zu weinen.
Justus fühlte sich unwohl in seiner Haut. Dann schon besser die aufmüpfige Ruth als so ein scheues Reh wie Sinagua. »Aber du musst doch einen Grund haben für deinen Verdacht«, wagte er einen neuen Versuch.
»Seit Alysia weg ist, setzen ihre Brüder alle Hebel in Bewegung, um sie zu rehabilitieren«, sagte Sinagua und fingerte nach einem Taschentuch. »Sie wollen unbedingt beweisen, dass die Tribune sie zu Unrecht gefeuert hat. Aber kein Mensch glaubt ihnen.«
»Glaubst du ihnen?«
Sinagua sah sie mit großen Augen an. »Darüber habe ich noch nicht nachgedacht.«
»Wieso hat sie ihren Job überhaupt verloren?«, versuchte es Bob mit einem anderen Thema.
»Sie war einer ganz großen Gemeinheit auf der Spur. Irgendwas mit Wasserrechten. Marcel und René wissen genauer Bescheid.«
»Wo ist René?«
»Drüben, glaube ich.« Sie deutete zum Telefon. »Soll ich anrufen?«
Justus nickte. Die Indianerin erhob sich wortlos, wählte eine Nummer und wartete. Nichts geschah.
»Seit gestern knackt es immer so in der Leitung«, sagte das Mädchen geistesabwesend und legte wieder auf.
»René ist der Motorradfahrer von gestern Abend«, nahm Bob den Faden wieder auf.
Zuerst reagierte Sinagua gar nicht, dann nickte sie zögernd.
»Schade, dass du ihn gewarnt hast. Sonst wären wir schon weiter.« Justus sah auf die Uhr. Bis zum Treffen mit Peter blieben nur noch zehn Minuten. Sie schärften dem Mädchen ein, niemandem von ihrem Verdacht zu erzählen. Vor allem sollte sie keine Reporter hereinlassen, falls die Presse im Zuge ihrer Recherchen zum Erpressungsfall auf den Namen Hancock stoßen sollte. Und wenn sich Marcel blicken ließ, sollte Sinagua ihn unbedingt zum Bleiben überreden.
Ein Wasserwagen, der den staubigen Asphalt besprengte, fuhr so dicht an Peter vorüber, dass seine Beine ein paar erfrischende Spritzer abbekamen. Die Straße wurde langsam etwas belebter. An René Hancocks Haus klingelte Peter noch einmal, ohne große Hoffnung. Es rührte sich niemand.
Der Zweite Detektiv beschloss, sich die Umgebung etwas genauer anzusehen. Natürlich ohne die Haustür aus den Augen zu verlieren. Fast zur gleichen Zeit wie Bob zwei Straßen weiter dachte auch er an den roten Lorry, den sie im Walton-Gelände gesehen hatten. »Das würde doch passen, wenn der hier parkte«, murmelte Peter. Aber weit und breit war nichts dergleichen zu sehen, kein Lorry und auch keine Harley Davidson.
Peter überquerte die M-Street und ging auf der anderen Straßenseite unter einigen alten Ahornbäumen wieder zurück, bis auf Höhe der Eingangstür. Er hätte zu gerne gewusst, ob die Alarmanlage abgeschaltet war. Dann wäre er gleich noch einmal über die Brüstung geturnt. Aber so war ihm die Sache zu riskant.
Er starrte auf die Haustür. Sie öffnete sich, und heraus kam die freundliche Nachbarin. Offenbar war sie Frühaufsteherin. Er wollte ihr nicht unbedingt über den Weg laufen und drückte sich an einen der Baumstämme.
Vielleicht stand René hinter einer Gardine und beobachtete ihn. Und
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