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Giftpilz

Giftpilz

Titel: Giftpilz
Autoren: Stefan Alexander; Ummenhofer Rieckhoff
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Keine Gefahr? Das nach einem Todesfall zu
sagen war sehr optimistisch. Was sprach denn dagegen, dass es Hubertus nicht
genau so erwischte – nur mit etwas Verzögerung?
    »Ich möchte Sie bitten, den … bedauerlichen Vorfall vorläufig für
sich zu behalten«, sagte Krieg. »Aus Respekt gegenüber dem Toten und zur
subjektiven Sicherheit der übrigen Patienten.«
    »Hängt der … Vorfall denn mit der schwächlichen Allgemeinkonstitution
des Patienten zusammen?«, fragte Hummel und freute sich, dass ihm ein ebenfalls
einigermaßen gedrechselter Satz gelungen war. Gerne hätte er noch den Namen des
Toten eingebaut, aber er kannte ihn nun mal nur als »Narben-Dietrich« – und das
hätte die Eleganz des Satzes doch merklich gemindert.
    »Mein Assistent wollte keine voreiligen Schlüsse ziehen«, klärte
Krieg ihn auf, bat um etwas Geduld und sagte, er wolle sich nicht an
Spekulationen beteiligen, da er selbst den Toten nicht habe untersuchen können.
Aber freilich sei eine »Korrelation« prinzipiell möglich.
    Professor Krieg machte seine Sache gut, fand Hubertus. Auch sein
Arbeitszimmer passte ins Bild. Es war geräumig und in klassisch
großbürgerlichem Stil eingerichtet. Die Wand zierten Urkunden und Diplome von
diversen internationalen Universitäten, dazu Regale voller Fachbücher. Private
Gegenstände hingegen waren Mangelware. Hummel entdeckte einen Bilderrahmen auf
dem Schreibtisch, den er allerdings nur von hinten sah, und musste sich
zwingen, ihn nicht umzudrehen. Er war sicher, dass ihm eine schöne,
herrschaftlich wirkende Frau in einem Faltenrock sowie zwei aristokratisch
aussehende, wie aus dem Ei gepellte Kinder von einem Foto entgegenschauen
würden. Professor Krieg selbst war eine durchaus in sich stimmige Erscheinung,
fand Hummel. Nur hätte ihm statt der Brille ein Monokel noch besser gestanden.
Eben einer vom alten Schlag, dachte Hubertus – und erschrak darüber, wie sehr
ihm das gefiel. Immerhin ging man bei einer solchen Art von Arzt noch davon
aus, dass er mit seinen Diagnosen auch wirklich richtig lag.
    Hilbert hingegen machte auf Hummel eher den Eindruck eines
konturlosen Speichelleckers. Oder eines Schoßhündchens, dem ein Fingerschnippen
des Chefs reichte, um einen Knochen oder eine Patientenakte zu apportieren.
    Auf jeden Fall befanden der Chefarzt und sein Schoßhündchen, dass es
Hummel deutlich besser gehe. Er dürfe aber für den Rest des Vormittags den
Behandlungen fernbleiben. Um vierzehn Uhr wolle ihn allerdings die Diätassistentin
sehen.
    Eines wollte der Chefarzt schließlich noch wissen: »Was haben Sie
gestern zu Mittag gegessen?«
    Hummel musste scharf nachdenken. »Den Auflauf mit Quark und
Knöpfle«, fiel ihm dann ein.
    »Auch eine Suppe?«, hakte Professor Krieg nach.
    »Ja, diese Gemüsebrühe. Wieso fragen Sie? Stimmte etwas nicht mit
dem Essen?« Hummel wurde neugierig.
    »Nur reine Routine«, beschwichtigte der Chefarzt und bedeutete ihm
mit einer Handbewegung, dass die Audienz beendet sei. Hubertus war froh, dass
der Chefarzt sich nicht nach der weiteren Nahrungsaufnahme des Vortages
erkundigt hatte. Die Fressorgie hätte er ihm gegenüber wohl verschwiegen.

11. EIN VERFOLGTER KOMMISSAR
    Kriminalhauptkommissar Claas Thomsen und Redakteur Klaus
Riesle hatten nun gleich mehrere Dinge gemeinsam: zum einen die Adresse, zum
anderen eine beinahe schlaflose Nacht. Thomsen hatte die erste Hälfte mit einem
erneuten Großreinemachen verbracht – und da war der von Riesle verursachte
Rotweinfleck nur der Anfang gewesen. Saubermachen, desinfizieren – dabei
reinigte Thomsen gleichzeitig auch seine Seele. Und die hatte es bitter nötig.
Was hinderte ihn eigentlich daran, angesichts des unsympathischsten aller
Nachbarn, der mitten in der Nacht in überbordender Lautstärke den Fernseher
laufen ließ, gleich wieder auszuziehen? Wohl vor allem die Tatsache, dass es
eben mitten in der Nacht war, er in seine leere alte Wohnung nicht mehr
zurückkonnte und er zu Hotels auch kein allzu großes Hygienevertrauen hatte.
Möglicherweise wäre das aber immer noch besser gewesen, als diesem
Unterschichtenfernsehen zuzuhören, das durch die Wand drang.
    Zunächst hatte Thomsen mit seinen feinen Ohren tatsächlich vermutet,
Zeuge eines Verbrechens zu werden. Schon bald war ihm jedoch klar geworden,
dass dieses Stöhnen aus dem Fernseher des Nachbarn kam und einen nicht jugendfreien
Grund hatte.
    Riesle hatte außer der Beschäftigung mit dem Fernsehprogramm
einen Plan geschmiedet, der
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